Bernankes Helikopter-Geld

Erschienen am 8. November 2010

„Zur Not werden wir das Geld mit Helikoptern abwerfen“, sagte Ben Bernanke bereits 2002 als Fed-Gouverneur. Damals drohte die US-Wirtschaft als Folge der Terroranschläge des 11. September 2001 und der geplatzten Internetblase in die Rezession zu rutschen. Durch die Politik des billigen Geldes bereitete die Fed damals den Boden für die Hauspreisblase, deren Platzen einige Jahre später die weltweite Finanzkrise auslöste.

Bernanke, inzwischen Notenbankpräsident, macht jetzt genau das, was er damals angekündigt hatte. Der Offenmarktausschuss der US-Notenbank hat am vergangenen Mittwoch beschlossen, dass die Fed bis zum Ende des Q2 2011 lang laufende US-Staatsanleihen für 600 Mrd. USD kaufen wird. Die monatlichen Käufe würden sich damit im Monatsdurchschnitt auf 75 Mrd. USD belaufen. Zudem wurde angekündigt, auch künftig Erträge aus fällig werdenden Wertpapieren zu reinvestieren. Wie die Federal Reserve Bank of New York mitteilte, sollen Einnahmen aus fällig werdenden Hypothekenpapieren von 250 Mrd. bis 300 Mrd. USD in den Kauf von Staatsanleihen reinvestiert werden. Damit würden sich die Käufe der New Yorker Fed auf insgesamt 850 bis 900 Mrd. USD belaufen. Die Fed kündigte an, dafür die Regel aufzuheben, die ihr bisher untersagt hatte, mehr als 35% des umlaufenden Volumens einer Laufzeit zu halten.

Der Kauf von Staatsanleihen bedeutet nichts anderes, als das Drucken von Geld. Die US-Notenbank erhöht mit dieser Entscheidung ihre Wertpapierbestände auf rund 2,6 Billionen USD, das ist mehr als das Dreifache (!!) des Volumens vor Ausbruch der Finanzkrise. Ihr erstes Programm der „quantitativen Lockerung“ über 1,75 Billionen USD hatte sie im Frühjahr beendet.

Die Märkte reagierten auf Bernankes Helikopter-Geld mit einem deutlich steigenden Goldpreis, der am Freitag erstmals in der Geschichte fast die Marke von 1400 USD/Unze und auf Euro-Basis fast 1000 Euro/Unze erreichte. Dies zeigt, dass immer mehr Marktteilnehmer dem Papiergeldsystem misstrauen. Leser der IMMOBILIEN NEWS, die bereits vor Jahren meinem Ratschlag gefolgt sind, Gold zu kaufen, werden dies bestimmt nicht bereuen.

Immer mehr Menschen fürchten sich angesichts der verantwortungslosen Politik der amerikanischen Zentralbank, und inzwischen kommt auch Kritik von der deutschen Politik. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle erklärt in einem Interview mit der WELT AM SONNTAG: „Die expansive Geldpolitik der USA bereitet mir Sorge, weil eine übermäßige Geldvermehrung auch eine indirekte Manipulation des Dollarkurses ist.“ Finanzminister Wolfgang Schäuble fand am Freitag auf einem Symposium von Führungskräften der Wirtschaft sehr deutliche Worte: „Bei allem Respekt, mein Eindruck ist, die Vereinigten Staaten von Amerika sind ratlos.“ Schäuble fügte hinzu: „Jetzt zu sagen, jetzt machen wir noch einmal 600 Milliarden Dollar dazu, wird das Problem nicht lösen.“ Er wies auch darauf hin, dass die USA mit den neuen Maßnahmen gegen die Beschlüsse des G20-Gipfels in Toronto verstoßen und kündigte an, man werde das Thema nächste Woche „mit unseren amerikanischen Freunden kritisch ansprechen“. Brasiliens Finanzminister Guido Mantegna gehört – ebenso wie viele andere Politiker in den Schwellenländern – zu den Kritikern der Fed-Politik: „Geld vom Hubschrauber aus abzuwerfen, bringt nichts Gutes.“

Allerdings muss man hinzufügen, dass die USA mit ihrer „Helikopter-Geldpolitik“ leider nicht alleine stehen. Die EZB hat bislang immerhin 63 Mrd. Euro in den Ankauf von Staatsanleihen und weiteres Geld in den von Pfandbriefen gesteckt. Auch die Bank of England und die japanische Notenbank kaufen massiv Staatsanleihen.

Ich habe an dieser Stelle immer wieder davor gewarnt, dass durch diese Politik der Keim einer neuen und noch viel schärferen Finanzkrise gelegt wird. Es war die Politik des billigen Geldes, die die letzte Finanzkrise verursacht hat. Nun wird genau diese gescheiterte Politik sogar noch in übersteigerter Form fortgeführt.

Da die Zinsen schon nahe Null sind, ist mit dem klassischen Instrument von Zinssenkungen nichts mehr zu bewegen. Also wird immer mehr Geld gedruckt, ohne dass dem freilich mehr Güter gegenüberstehen. Das Vertrauen in das Papiergeld wird damit systematisch zerstört. Die Menschen kaufen deshalb Sachwerte – Gold, Silber, Rohstoffe, Immobilien, Aktien, Wald. Die nächsten Blasen bauen sich bereits auf. Das hemmungslose Drucken von neuem Geld und die ebenso hemmungslose Verschuldung der Staaten führen zu einem explosiven Gemisch, das sich jederzeit entzünden kann.

Kein Wunder, dass in den USA die „Tea Party“-Bewegung, die sich wirtschaftspolitisch an den Lehren der österreichischen Schule der Nationalökonomie orientiert und von einem gesunden Misstrauen in den Staat geprägt ist, immer mehr Zulauf gewinnt.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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