Das dümmste Argument zur AfD: „Es sind ja nur 12 Prozent“

Erschienen am 2. Oktober 2017

Das beliebteste Argument für ein „Weiter so“: 88 Prozent haben nicht die AfD gewählt, daher gebe es keinen Grund, die Einwanderungspolitik zu ändern.

Das ist das dümmste Argument zur Bundestagswahl – man kann es täglich hören, so etwa von Heribert Prantl am Sonntag Abend bei Anne Will.

Dazu zwei Feststellungen und eine Frage:

  1. Feststellung: Die AfD ist keineswegs die einzige Partei, die Merkels Flüchtlingspolitik kritisiert. Ebenso scharfe Kritik kam von CSU und FDP. Wir sprechen somit nicht von „12 Prozent“, sondern von 6,2 % (CSU) + 12,6 % (AfD) + 10,7% FDP, also fast 30 Prozent der Wähler, die Parteien gewählt haben, welche aus ihrer scharfen Kritik an Merkels Politik im Wahlkampf keinen Hehl gemacht haben.
  2. Feststellung: Es ist doch absurd, zu glauben, dass alle Wähler von CDU, SPD und Linker einverstanden wären mit Merkels Politik. Selbst bei den Grünen gibt es einige abweichende Meinungen, wie etwa die des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer. Und Sarah Wagenknecht wusste schon, warum sie immer wieder Merkels Flüchtlingspolitik kritisierte, weil sie nämlich sieht, dass selbst viele Wähler ihrer Partei nicht damit einverstanden sind. Zahlreiche Umfragen haben belegt, dass die Mehrheit der Deutschen das, was Merkel 2015 getan hat, sehr kritisch sieht. Auch wenn Merkel meint, sie habe alles richtig gemacht.

Nachdenken erst, wenn die AfD 51% hat?
Und nun meine Frage: WANN wäre denn der richtige Zeitpunkt, um über eine Politikänderung nachzudenken? Sind 12,7 Prozent für die AfD „zu wenig“, um darüber nachzudenken? Wann ist dann der richtige Zeitpunkt? Wenn die AfD bei 51 Prozent liegt? Oder erst dann, wenn sie bei 100 Prozent liegt?!

Protestparteien haben in demokratischen Systemen eine wichtige Funktion, denn sie signalisieren, dass etwas nicht stimmt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Naturgemäß vertreten sie zunächst nur eine Minderheit, denn es wäre ja auch eigenartig, wenn von heute auf morgen alle Menschen plötzlich Protestparteien wählen. Werden die Signale gehört und wird die Politik korrigiert, dann haben diese Parteien eine sinnvolle Funktion. Werden sie überhört, dann werden sie weiter an Zustimmung gewinnen.

Ich denke, dass auch FDP und CSU das erkannt haben – ganz anders als Merkel und die Grünen, die „weiter so“ machen wollen. Und daher glaube ich, anders als 80 Prozent der Deutschen, dass die Jamaika-Gespräche scheitern werden.

Kürzlich erschienen, überall besprochen und beachtet: www.zitelmann-autobiografie.de

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.