Das neue Kapitalanlagegesetzbuch liegt vor – gravierende Änderungen für Immobilienfonds

Erschienen am 23. Juli 2012

Seit dem 20. Juli um 10 Uhr liegt der Entwurf des BMF für das AIFM-Umsetzungsgesetz (AIFM-UmsG) vor. Ein wesentlicher Bestandteil ist das neue Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), das zahlreiche Neuregelungen für geschlossene Fonds und Spezialfonds enthält.

Ich habe in der kurzen Zeit die 545 Seiten nicht lesen können, aber einige Absätze, die mir sofort aufgefallen sind, möchte ich doch schon erwähnen. Das Gesetz wird vermutlich jetzt im Laufe der Anhörung der Verbände noch modifiziert. Erstmals erläutert wird es von dem zuständigen Ministerialrat im BMF Uwe Wewel bei der Veranstaltung der BERLINER IMMOBILIENRUNDE. Ich habe die Veranstaltung absichtlich für den 3. September angesetzt, da es jetzt verfrüht wäre, über einen Entwurf zu sprechen, der vermutlich im Verlauf der Anhörungen/Beratungen noch verändert wird. Bitte melden Sie sich jetzt für den 3. September an (Programm anfordern unter: info@immobilienrunde.de).

Der Gesetzentwurf enthält einige Neuregelungen, die ich erwartet hatte, darüber hinaus aber auch einige weitere Überraschungen, die für viel zusätzlichen Diskussionsstoff sorgen werden. Überraschend ist, dass mit dem neuen Gesetz der offene Immobilienfonds abgeschafft werden soll. In der Begründung des Gesetzentwurfes heißt es: „Immobilienfonds können zukünftig ausschließlich in der Form eines geschlossenen Fonds aufgelegt werden. […] Die seit der Finanzkrise anhaltend negative Entwicklung in diesem Segment hat die Krisenanfälligkeit dieses Produktes zutage treten lassen. Die Inkonsistenz zwischen kurzfristiger Rückgabemöglichkeit und langfristiger Anlage in illiquide Vermögensgegenstände wird durch Überführung in ein geschlossenes Produkt beseitigt.“

Allerdings gibt es eine Übergangsregelung für bestehende offene Immobilienfonds bzw. solche, die bis zum Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses zu diesem Gesetz aufgelegt werden. Diese Fonds können nicht nur weiterhin bestehen bleiben, sondern dürfen auch weiter vertrieben werden. Die wenigen Anbieter, die übrig geblieben sind, also Union Investment, Deka, Commerz Real und RREEF, werden sich freuen, weil sie künftig ein Monopol für diese Produktgattung haben. Freuen dürften sich auch die börsennotierten Immobilien-AGs, weil damit das Ende ihres wichtigsten Wettbewerbers besiegelt wäre – sofern das Gesetz so beschlossen wird und der BVI nicht, wie in der Vergangenheit, gravierende Korrekturen in der Lobbyarbeit durchsetzt.

Nachfolgend einige Regelungen, die für geschlossene Publikumsfonds künftig gelten sollen:

  • In § 225 Abs. 1 ist geregelt, dass künftig geschlossene Fonds – ähnlich wie offene Investmentfonds – nicht mehr in „alle möglichen“ Assets investieren dürfen, sondern nur noch in ganz bestimmte Vermögensgegenstände, und zwar: Immobilien, Schiffe, Flugzeuge, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien, Beteiligungen an ÖPP-Gesellschaften. Nicht erwähnt sind hier z.B. Waldfonds, Private Equity-Fonds, Containerfonds u.ä.
  • In § 225 Abs. 4 heißt es, „dass die für die Rechnung eines geschlossenen Publikums-AIF gehaltenen Vermögensgegenstände nur insoweit einem Währungsrisiko unterliegen (dürfen), als der Wert der einem solchen Risiko unterliegenden Vermögensgegenstände 30 Prozent des Wertes dieses AIF nicht übersteigt“. Diese Regelung ist – wie viele andere auch – analog den Regelungen im Investmentgesetz für offene Immobilienpublikumsfonds entnommen, bei denen das Währungsrisiko auf maximal 30 Prozent begrenzt ist. Was heißt dies jedoch z. B. für geschlossene US-Immobilienfonds?
  • In § 225 Abs. 5 heißt es, dass ein Vermögensgegenstand nur dann erworben werden darf, wenn er zuvor von einem externen Bewerter bewertet wurde und der vom Fonds zu zahlende Kaufpreis nicht oder nur unwesentlich höher ist als der vom Bewerter ermittelte Wert. Auch diese Regelung wurde den Bestimmungen für offene Immobilienfonds entnommen. In § 233 Abs. 6 heißt es zusätzlich, dass der Name der Person oder der Gesellschaft, die das Bewertungsgutachten erstellt hat, sowie das Ergebnis der Bewertung im Fondsprospekt veröffentlicht werden müssen. Das könnte in der Praxis zu Problemen führen, da Bewerter damit in die Prospekthaftung kommen und deshalb besonders vorsichtig bei ihren Bewertungsansätzen sein werden.
  • Wie erwartet, enthält der Entwurf in § 226 Abs. 1 eine Regelung zur Risikomischung, d. h. der Fonds muss in mehrere Vermögensgegenstände (z.B. Immobilien) investieren, da für Publikumsfonds „der Grundsatz der Risikomischung“ gilt. Die Regelung ist jedoch etwas moderater als erwartet, da es eine Ausnahme gibt: Fonds mit einer Mindestzeichnungssumme ab 50.000 Euro können auch nur in ein einziges Objekt investieren, müssen dann jedoch laut § 226 Abs. 2 im Verkaufsprospekt und in den Anlegerinformations-Blättern „an hervorgehobener Stelle auf das Ausfallrisiko mangels Risikomischung hinweisen“. Diese Hinweise sind kein Problem. Problematisch dürfte jedoch für viele Initiatoren, die üblicherweise Fonds mit einer Mindestzeichnungssumme von 10.000 oder 20.000 Euro auflegen, das Verbot von 1-Objekt-Fonds sein.
  • § 227 Abs. 1 beschränkt die Fremdkapitalaufnahme bei Publikumsfonds auf maximal 30 Prozent. Das ist sicherlich der gravierendste Einschnitt. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote bei geschlossenen Fonds lag laut der Feri-Studie der Beteiligungsmodelle im vergangenen Jahr bei 58,2% und damit 12% unter den nunmehr geforderten 70%. Auch die Regelung zur FK-Quote wurde analog dem Investmentgesetz für offene Immobilien-Publikumsfonds entnommen. Dort hatte der Gesetzgeber nach der Krise der offenen Fonds die bis dahin geltende Obergrenze von 50% für die FK-Aufnahme auf 30% beschränkt, und genau dies wird jetzt auch für geschlossene Fonds angewendet. Meine Frage: Gilt diese FK-Quote nur für den Zeitpunkt des Erwerbs des Vermögensgegenstandes? Was ist, wenn der Vermögensgegenstand später an Wert verliert und damit die FK-Quote überschritten wird?
  • Ebenfalls gravierende Auswirkungen dürfte die Regelung in § 228 Abs. 3 haben, wonach ein Vermögensgegenstand nicht von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder verbundenen Unternehmen erworben werden darf.
  • Auch zu den Ausschüttungen gibt es Neuregelungen – und zwar in § 230. Die Erträge dürften insoweit nicht ausgeschüttet werden, als sie für künftige Instandsetzungen von Vermögensgegenständen erforderlich sind. Dies könnte künftig zu viel Streit und Klagen von Anlegeranwälten führen, da die Frage, was für künftige Instandsetzungen notwendig ist, natürlich unterschiedlich gesehen werden kann. Nicht mehr möglich sind offenbar thesaurierende Fonds, denn weiter heißt es: „Mindestens 50 Prozent der Erträge des geschlossenen Publikums-AIF müssen ausgeschüttet werden, sofern sie nicht für künftige Instandsetzungen nach Satz 1 einzubehalten sind; realisierte Gewinne aus Veräußerungsgeschäften sind keine Erträge im Sinne dieser Nummer.“
  • § 239 Abs. 1 regelt, dass künftig mindestens einmal jährlich eine Bewertung der Vermögensgegenstände und eine Berechnung des Nettoinventarwertes je Anteil erfolgen muss, und zwar durch externe Bewerter (§ 238 Abs.1). Außer der DWS macht das meines Wissens zurzeit niemand. Dies bringt ein Mehr an Transparenz, ist aber nicht unproblematisch für die Initiatoren, zumal für Anleger dann offensichtlich wird, dass nach einem Jahr ihr Fondsanteil weniger Wert ist als es der Zeichnungssumme entspricht, da die Weichkosten durch entsprechende Wertsteigerungen in der Regel nicht bereits nach 12 Monaten aufgeholt sind.

Wie gesagt, das waren nur einige erste Eindrücke. In den nächsten Ausgaben der IMMOBILIEN NEWS werden wir weiteren Fragestellungen nachgehen, z. B. zur Ausgestaltung der Übergangsregelung, zur sogenannten „Verwahrstelle“ u.a.m.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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