Das Prinzip Hoffnung

Erschienen am 23. Februar 2015

„Das Prinzip Hoffnung“ ist das Hauptwerk des marxistischen Philosophen Ernst Bloch. Es erschien 1954 in der DDR. Bloch entfaltet in seinem Buch eine umfangreiche Philosophie der „konkreten Utopie“.

„Das Prinzip Hoffnung“, so könnte man auch die Griechenland-Politik der EU beschreiben. Die „konkrete Utopie“ für Griechenland lautet:

Ein Land, das kein wirtschaftliches Geschäftsmodell hat, das von extremistischen Parteien regiert wird, in dem die Menschen die Banken leerräumen und keine Steuern zahlen, in dem vor allem niemand mehr investiert, hat dennoch eine wirtschaftliche Zukunft im Euroraum.

Der Reihe nach:

  • Die Griechen haben zuerst eine extremistische Regierung gewählt und danach ihre Banken leergeräumt. Jeden Tag heben sie eine Milliarde von den Banken ab oder überweisen das Geld ins Ausland. Würde die EZB die Banken nicht permanent mit Notenbankgeld vollpumpen, dann wäre der Zusammenbruch des Finanzsystems in Griechenland längst offensichtlich.
  • Schon bisher waren die Griechen nicht gerade als disziplinierte Steuerzahler bekannt, doch in den letzten zwei Monaten hat kaum noch jemand Steuern bezahlt – die Lage erscheint zu unsicher.
  • Und wer investiert noch in Griechenland? Können Sie sich irgendeinen griechischen oder gar ausländischen Unternehmer vorstellen, der jetzt in Griechenland investiert? Obwohl er weder weiß, wie lange Griechenland noch im Euroraum bleiben wird und ob die extremistische Regierung nicht morgen auf die Idee kommt, Unternehmen zu verstaatlichen?

Und die EU hofft trotzdem, dass Griechenland seine Probleme jetzt besser lösen wird und schießt neue Milliarden nach. Die Furcht vor den unwägbaren Konsequenzen des „Grexit“ ist zu groß.

Die Probleme Griechenlands sind in Wahrheit noch tiefer gehend – und daher unlösbar. Das Land hat kein wirtschaftliches Geschäftsmodell. Wäre Griechenland eine Firma, dann wäre sie längst insolvent und müsste ihre Geschäftstätigkeit einstellen. Es sei denn, sie wäre ein Teilbetrieb eines großen Konzerns und würde von einer verantwortungslosen Unternehmensleitung dauerhaft quersubventioniert. Genau das geschieht ja seit Jahren. Der Konzern heißt Europäische Union. Hauptzahler der Subventionen sind die Deutschen. Bei denen man sich jedoch nicht für die Zahlungen bedankt, sondern stattdessen Angela Merkel und Wolfgang Schäuble zum Dank für die Hilfen als Nazis beschimpft.

Die Sozialisten in anderen EU-Ländern hegen heimlich (das trifft für die französischen Sozialisten und den linken Flügel der SPD zu) oder offen (das trifft für die Linkspartei zu) Sympathien für die Linksextremen in Griechenland.

Glaubt man im Ernst, die Griechen geben sich dauerhaft damit zufrieden, dass die Troika nunmehr „die Institutionen“ genannt wird?! Wird ihnen ein Etikettenschwindel langen?

Nein, das Land hat sich darauf eingestellt, dass es dauerhaft subventioniert wird. Der große Irrtum lautet: Nur weil Griechenland geographisch in Europa liegt, hat es einen Anspruch auf einen mit anderen europäischen Ländern vergleichbaren Lebensstandard.

Die Wahrheit ist: Diese einfachen Zuordnungen gelten im Zeitalter der Globalisierung nicht mehr. Manche Länder, die geographisch in der früher so bezeichneten „Dritten Welt“ liegen, werden die Europäer im Lebensstandard überholen. Und umgekehrt hat kein Land nur deshalb einen Anspruch auf einen gehobenen Lebensstandard, weil es geographisch in Europa liegt.

Griechenland war, dies vergessen Angela Merkel und die anderen Europäer, die jetzt wieder Geld nach Griechenland pumpen, in der Hälfte seiner Geschichte pleite. Für Griechenland ist das also kein anormaler Zustand. Auch heute ist Griechenland in Wahrheit längst pleite. Anscheinend haben sich aber die EU-Länder dazu entschlossen, das Land dauerhaft zu subventionieren. Oder aber sie klammern sich an Ernst Blochs „konkrete Utopie“, also an das „Prinzip Hoffnung“.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.