Der Staat als Finanzanlagen-Besserwisser?

Erschienen am 12. März 2012

Künftig soll die „Stiftung Warentest“ nach dem Willen der Bundesregierung sukzessive zu einem „Finanz-TÜV“ ausgebaut werden. Als ersten Schritt bekommt die Stiftung nunmehr 1,5 Millionen Euro, um Finanzprodukte künftig noch besser unter die Lupe zu nehmen.

Verbraucherschützer kritisieren, dieser Betrag sei viel zu gering. In der Tat kann man die Frage stellen, wie denn mit 1,5 Mio. Euro zusätzlichem Geld das von der Verbraucherschutzministerin Aigner proklamierte Ziel umgesetzt werden soll, die Vergleichbarkeit von Finanzprodukten zu gewährleisten und die Aussagen der Anbieter über Geldanlagen sowie die Qualität von Finanzprodukten zu prüfen.

Die Maßnahme reiht sich ein in die anderen hilflosen Aktionen der Politik, mit denen sie behauptet, „Konsequenzen aus der Finanzkrise“ gezogen zu haben. Als Paradebeispiel mussten dafür stets die Lehmann-Zertifikate herhalten. Hatte die „Stiftung Warentest“ denn seinerzeit vor diesen Zertifikaten gewarnt? Nein. Warum denn auch? Wer sollte vor 2008 auf die Idee kommen, dass eine der mächtigsten Investmentbanken pleite geht?

So soll nun im Rahmen der „Stiftung Warentest“ ein Finanz-TÜV etabliert werden, um künftig ähnliche Fälle zu verhindern. Die Alternative zu diesem „Tropfen auf den heißen Stein“, nämlich ein mit hohen Mitteln und Kompetenzen ausgestatteter staatlicher Finanz-TÜV, wie er von SPD, Grünen und Linkspartei gefordert wird, wäre jedoch noch sehr viel schlechter. Ein quasi-staatliches Qualitätssiegel für Finanzprodukte wäre aus meiner Sicht die größte Irreführung der Verbraucher.

Der Staat sollte Vorschriften für die Transparenz von Finanzprodukten erlassen, sich ansonsten jedoch aus diesem Thema heraushalten und es den Bürgern und dem Markt überlassen, welche Produkte sich durchsetzen. Denn die staatliche Kompetenz mit Blick auf Finanzanlagen muss bezweifelt werden. Hier einige Belege für diese These:

  • Das unseriöseste Finanzprodukt überhaupt ist die umlagenfinanzierte staatliche Rentenversicherung, die stets viel mehr versprochen hat als sie halten kann. Alle negativen Eigenschaften, die ein Finanzprodukt überhaupt nur haben kann, sind hier vereint: Eine lächerlich niedrige „Rendite“, mangelnde Transparenz, unseriöse Finanzierung und Vorspiegelung von Sicherheit, wo es in Wahrheit keine gibt.
  • Die beiden bevorzugten Lieblingskinder des deutschen Staates im Bereich privater Vorsorge, die mit Fördermitteln und Steuervorteilen in Milliardenhöhe gefördert wurden, waren über viele Jahrzehnte Kapitallebensversicherungen und Bausparverträge – beides nicht gerade Produkte, die sich durch hohe Transparenz, bescheidende Provisionen, attraktive Renditen und vorbildliche Anlegerfreundlichkeit einen Namen gemacht haben.
  • Die – überwiegend zu Recht – kritisierten Steuersparprodukte der 90er Jahre waren ein direkter Ausfluss staatlicher Steuergesetzgebung.
  • Riester-Produkte, die nach strikten staatlichen Vorgaben gestrickt sind, wurden zu Recht immer wieder wegen hoher Kosten, niedriger Rendite und mangelnder Transparenz kritisiert.

Also: Zeichen dafür, dass der Staat besonders klug wäre, wenn es um die Themen Finanzen und Geldanlage geht, sind beim besten Willen nicht zu erkennen.

Natürlich können und sollen auch die Mitarbeiter der „Stiftung Warentest“ ihre Meinung zu Finanzprodukten sagen. Aber in der Vergangenheit kam die fachlich fundierteste Kritik nicht von dieser Seite, sondern von unabhängigen Journalisten und Analysten. Ich erinnere hier nur an Stefan Loipfinger, den viele in der Fondsbranche nicht mochten, dem man jedoch zugestehen muss, dass viele der aktuellen Entwicklungen (z. B. bei offenen Immobilienfonds oder auch bei geschlossenen Fonds mit währungsinkongruenter Finanzierung) seine Kritik im Nachhinein bestätigt haben. Natürlich: Auch Journalisten und Analysten können sich irren und irren sich auch. Aber da jeder das weiß, relativiert sich deren Urteil damit auch.

Die „Stiftung Warentest“ genießt jedoch gerade wegen ihrer staatlichen Finanzierung ein Maß an Vertrauen, das ihrem Urteil in den Augen der staatsgläubigen Deutschen ein ganz anderes Gewicht gibt. Aus dieser Perspektive finde ich: Die 1,5 Millionen Euro seien der Stiftung gegönnt. Anders als die „Rettungspakete“ für die südeuropäischen Schuldenstaaten werden sie uns Steuerzahler nicht arm machen. Man sollte es aber dabei belassen.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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