Die AIFM nicht unterschätzen

Erschienen am 17. September 2012

Die kaiserlichen Boten im alten Persien, die eine Nachricht vom Sieg in der Tasche hatten, wurden bei der Ankunft im Palast wie Helden gefeiert und belohnt. Mussten sie indes die Botschaft einer militärischen Niederlage überbringen, wurden sie totgeschlagen.
Bis heute ist es so geblieben, dass es Überbringer schlechter Nachrichten nicht einfach haben. Sogar TV-Meteorologen, die von schlechtem Wetter berichten, werden regelmäßig bedroht, wie es in einem Korrespondentenbericht einer renommierten Nachrichtenagentur heißt: „Sie werden von alten Damen mit Regenschirmen angegriffen, von Betrunkenen in der Kneipe angepöbelt, mit Schneebällen und Gummischuhen bombardiert, gar mit dem Tode bedroht und sie müssen sich den Vorwurf anhören, sie würden Gott spielen. ‚Mich hat jemand angerufen und gesagt, wenn es über Weihnachten Schnee gäbe, würde ich Neujahr nicht erleben’, sagte Bob Gregory, der seit neun Jahren bei WTHR-TV in Indianapolis die Wettervorhersage macht… Eine Frau, die erbost darüber war, dass es am Tag der Hochzeit ihrer Tochter Regen gegeben hatte, rief Tom Joos von WKBW-TV in Buffalo (New York) an, um ihm gründlich die Meinung zu sagen. ‚Sie machte mich verantwortlich für das schlechte Wetter und sagte, wenn wir uns je begegneten, würde sie mir wahrscheinlich eins überbraten’, berichtet er.“

Ich erinnere mich an den März 1999, als die Paragraphen 2b und 2 Abs. 3 EStG eingeführt wurden, die den Verlustausgleich begrenzten. Ich war damals noch Journalist und hatte von den Plänen als Erster gehört, weil mir jemand aus dem BMF den Entwurf für den Gesetzestext zugespielt hatte. Ich hatte diesen online gestellt und in der WELT ausführlich darüber berichtet, bevor die Gesetzesänderung verabschiedet wurde. Die Reaktionen in der Immobilien- und Fondsbranche: Trotzig erklärte man mir, es könne gar nicht sein, dass solche Paragraphen eingeführt würden, „denn das würde ja den Tod einer Branche bedeuten“. Es werde zudem ganz bestimmt nicht alles so heiß gegessen wie gekocht, und die Steuersparbranche habe bislang noch jede Gesetzesänderung überlebt.

Viele, die sich damals mit solchen Sprüchen selbst beruhigten, waren kurz darauf pleite oder mussten ihr Geschäft faktisch einstellen – so etwa Bast-Bau, Banghard, Bassmann und andere Größen im „Steuerspargeschäft“. Wenige Jahre später war von den einstmals vor allem in Berlin ansässigen Initiatoren von Steuersparmodellen kaum einer übrig. Schaut man in die Liste der damaligen Marktführer von geschlossenen Fonds (IBV, Banghard, KC, Dr. Görlich usw.), so ist davon heute kaum noch einer aktiv.

Wiederholt sich die Geschichte jetzt? Natürlich wird es sowohl die Immobilien- wie auch die Fondsbranche weiterhin geben. Aber Viele werden die AIFM nicht überleben, weil sie sich heute mit ähnlichen Sprüchen selbst beruhigen – frei nach dem Motto: „Und also schließt er messerscharf, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.“

Wer sich darauf verlässt, dass der Gesetzesentwurf zum KAGB noch grundlegend modifiziert wird und es deshalb versäumt, sich rechtzeitig auf die Änderungen einzustellen, handelt fahrlässig. Jeder Initiator von Deutschland-Immobilienfonds sollte sich zumindest rechtzeitig Gedanken über Alternativen zum KG-Modell machen, also über „Verpackungen“, mit denen er der AIFM-Regulierung entkommt. Einige Initiatoren und Berater arbeiten bereits eifrig an solchen alternativen Modellen.

Die KG war alternativlos, solange es darum ging, steuerliche Verluste an den Anleger durchzureichen. Diese Zeiten sind bekanntlich längst vorbei. Steuerlich spricht für ein transparentes Vehikel bei deutschen Fonds nur noch der § 23 EStG, also die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen nach zehn Jahren. Ich bin sicher, dass diese Regelung in der nächsten Legislaturperiode (leider) abgeschafft wird – übrigens auch das eine Nachricht, die niemand gerne hören will. Dann wird es keinen steuerlichen Grund für die KG mehr geben. Da der geschlossene Fonds (derzeit) ohnehin kein besonders gutes Image hat, lohnt es sich doppelt, über alternative Verpackungen nachzudenken. Die Beraterbranche ist gefordert, kreative Modelle zu konzipieren.

Ich empfehle allen kleineren und mittleren Initiatoren geschlossener Fonds: Hoffen Sie das Beste, aber stellen Sie sich schnell auf ein Worst-Case-Szenario ein.

  • Prüfen Sie ehrlich, ob Ihr Unternehmen wirklich so aufgestellt ist, dass Sie die umfassenden Regulierungsvorschriften mit einem vertretbaren Aufwand erfüllen können.
  • Prüfen Sie ehrlich, ob es sinnvoll ist, Produkte aufzulegen, bei denen faktisch kein Leverage mehr möglich ist (falls es bei der 30%-Grenze für FK bleibt).
  • Prüfen Sie ehrlich, ob Sie mit einer länger anhaltenden Phase der Verunsicherung leben können, in der Sie keine neuen Fonds auflegen können, weil die Übergangsregelung nicht praktikabel ist und keinen ausreichenden Schutz bietet.

Vielen Initiatoren geht es auch ohne KAGB schlecht und sie haben unter einem erheblichen Platzierungsrückgang zu leiden. Wären weitere Rückgänge wirtschaftlich verkraftbar?

In jeder Krise überleben diejenigen, die sich rasch anpassen, die neue Ideen entwickeln. Schwer haben es alle, die die Veränderung der Wirklichkeit verdrängen und sich mit hoffnungsvollen Allgemeinplätzen selbst beruhigen bzw. betrügen.

Und bitte: Seien Sie klüger als die ältere Dame in South Bend (Indiana), die bei der Polizei anrief und verlangte, dass der Meteorologe der Fernsehstation WKBW-TV verhaftet werde, auf dessen Kappe der viele Schnee gehe …

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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