Die Demografie-Falle und die Folgerungen für Investoren

Erschienen am 15. Oktober 2012

In ihrem offiziellen Demografiebericht stellt die Bundesregierung fest, dass nach Modellrechnungen die Bevölkerung in Deutschland bis 2060 von heute 81,7 Millionen auf dann 65 bis 70 Millionen Einwohner zurückgehen wird. Deutschland wird um 17 Millionen Einwohner ärmer – und zugleich immer älter. Der Anteil der über 65jährigen wird dramatisch von heute 20% auf dann 34% ansteigen. Diese Tatsachen sind nicht neu, aber es ist erschreckend, dass weder die Politik noch die Investoren wirklich Folgerungen daraus ziehen.

Deutschland hat nicht nur das Problem, dass die Bevölkerung zurückgeht, sondern dass hierzulande keine rationale Einwanderungspolitik betrieben wird. In Ländern wie den USA oder Australien werden gezielt Menschen und Berufsgruppen angeworben und willkommen geheißen, die über wichtige Qualifikationen verfügen. In Deutschland gilt es als politisch „nicht korrekt“, danach zu fragen, welche Einwanderergruppen unserem Land nutzen und welche nicht. Zuletzt hat die Zahl der Asylbewerber in Deutschland wieder erheblich zugenommen – aber das ist nicht die Einwanderung, die unsere demografischen Probleme löst.Es ist jetzt schon vorauszusehen, dass die Sozialversicherungssysteme in Deutschland unter dem Druck der demografischen Entwicklung zusammenbrechen werden. Doch das Problem wird verdrängt und es werden absurde Diskussionen darüber geführt, „ob die Rente mit 67 sozial gerecht“ sei.

Die deutsche Politik verschwendet Milliarden-Ressourcen für den planwirt-schaftlichen Umbau der deutschen Energiepolitik in Richtung „Nachhaltigkeit“ und forciert die Entwicklung zur Transferunion Richtung Südeuropa. Dadurch wird der Wirtschaftsstandort Deutschland mittel- und langfristig erheblich geschwächt werden.

Man braucht kein Schwarzseher zu sein, um zu erkennen, dass die Kumulation der demografischen Last mit der Last der Euro-Transferunion und den wirtschaftlichen Auswirkungen der „Energiewende“ in den nächsten Jahrzehnten zu einer dramatischen Schwächung des Wirtschaftsstandortes Deutschland führen wird.

Immobilieninvestoren versuchen, sich der Demografiefalle zu entziehen, indem sie gezielt in Regionen mit positiver demografischer Entwicklung investieren. Das Problem ist, dass dadurch die Preise in den entsprechenden Regionen stark anziehen. Zudem wird eigenartigerweise über die demografischen Probleme Deutschlands nur im Zusammenhang mit Wohnungsinvestments gesprochen, obwohl – wie Professor Just seit Jahren zu Recht eindringlich warnt – die Folgen für den Büroimmobilienmarkt weitaus gravierender sind und auch deutlich früher eintreten.

Ein wirkliches Gegenmittel für Investoren ist nur die internationale Diversifikation, also die Anlage in Länder, die eine positive demografische Entwicklung aufweisen. Natürlich kann die Demografie nicht das einzige Kriterium sein, aber es sollte im Denken von Investoren eine viel wichtigere Rolle spielen als heute.

Deutsche Immobilienanleger haben mit internationalen Investments bislang gleichwohl zwiespältige Erfahrungen gemacht: Die offenen Immobilienfonds, die zuletzt ganz überwiegend im Ausland investiert haben, sind alles in allem sicher keine Beispiele für erfolgreiche internationale Investments. Auch bei den geschlossenen Immobilienfonds sind die Erfahrungen zwiespältig. Am positivsten waren sie für viele Anleger in den USA.

Ich rate jedem langfristig orientierten Anleger, mindestens ein Drittel seines Geldes in Immobilien in den USA anzulegen. Anders als Deutschland gibt es in den Vereinigten Staaten eine positive demografische Entwicklung – und dies ist der wichtigste langfristige Treiber für Immobilieninvestitionen. Zugleich gibt es ein Wirtschafts- und Rechtssystem, in dem der Schutz der Eigentumsrechte hohe Priorität besitzt. Natürlich haben die Vereinigten Staaten auch mit erheblichen Problemen zu kämpfen und die Notenbank FED betreibt eine ähnlich verhängnisvolle Geldpolitik wie die EZB. Dies erhöht die Inflationsrisiken, vor denen jedoch am ehesten Investitionen in Immobilien schützen. Anders als in Europa haben die USA jedoch nicht die Folgen einer politisch motivierten Währungs-Fehlkonstruktion zu bewältigen.

Wer im US-Dollarraum investieren will, sollte damit nicht zu lange warten, da der Dollar derzeit relativ günstig zu haben ist (für einen Euro bekommt man et-wa 1,30 Dollar), was sich jedoch rasch ändern kann, wenn sich die Eurokrise wieder zuspitzt. Es kommt noch ein Gesichtspunkt hinzu: Ich rechne damit, dass im kommenden Jahr die Einkommensteuer für Spitzenverdiener in Deutschland von derzeit ca. 47,5% (inkl. Soli) auf dann ca. 55% (inkl. Soli) an-gehoben wird. In den USA liegt der Spitzensteuersatz um 20 Prozentpunkte niedriger, bei 35%. Ein deutscher Immobilieninvestor, der in den USA Einkünfte bis zu 178.650 Dollar im Jahr erzielt, zahlt darauf nur 28% Steuern, also nur die Hälfte dessen, was er bald in Deutschland zu entrichten hat. Die wenigen Vorteile, die es für Immobilieninvestitionen in Deutschland noch gibt (insbesondere die steuerfreie Veräußerung nach 10 Jahren), werden in der nächsten Legislaturperiode mit Sicherheit abgeschafft. Also auch steuerliche Gründe sprechen dafür, einen Teil seines Vermögens in den USA anzulegen, da Immobilieninvestitionen von Deutschen in den USA bekanntlich dort nach den dort herrschenden Steuerregeln besteuert werden.

Wichtiger sind jedoch für langfristige Anleger aus meiner Sicht die demografi-schen Gesichtspunkte. Für die Menschen in Deutschland ist die Demografie ein Schicksal, dem sie nicht entrinnen können – es sei denn, durch Auswanderung. Ich sehe keinerlei Reaktionsmöglichkeiten und Abhilfen. Die Prognosen werden ziemlich genau so eintreffen, wie sie jetzt in dem Bericht der Bundesregierung formuliert wurden. Aber die Folgen werden weit dramatischer sein, als die Politik es zugibt. Für Investoren sieht es anders aus: Für sie ist die Demografie glücklicherweise kein Schicksal. Durch internationale Diversifikation der Anlagen können sie der Demografie-Falle entgehen.

Wer in den vergangenen zehn Jahren meiner in den IMMOBILIEN NEWS for-mulierten Anlagestrategie gefolgt ist, war damit erfolgreich: Ich hatte schon sehr früh empfohlen, in deutsche Wohnimmobilien zu investieren mit dem Schwerpunkt Berlin. Weiter hatte ich empfohlen, in Gold zu investieren. Berliner Wohnungen + Gold war eine Erfolgsformel: Kein anderer Immobilienmarkt hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren so positiv entwickelt wie der Berliner Wohnungsmarkt und keine Assetklasse hat in den vergangenen Jahren so starke Zuwächse erlebt wie Gold. Wer zusätzlich noch, wie empfohlen, in inflationsindexierte Anleihen angelegt hat, hat damit wegen der Renditekompression bei deutschen Staatsanleihen schon heute zweistellige Gewinne gemacht und sollte diese Anlagen halten – als Versicherung für den Fall, dass die Politik der EZB in den nächsten Jahren die Inflation anheizen wird.

Was Aktien anlangt, die grundsätzlich einen wichtigen Platz in jedem Portfolio einnehmen sollten, so bin ich persönlich vergangene Woche fast vollständig aus dem Aktienmarkt ausgestiegen, da ich die mittelfristigen Chancen für weitere signifikante Kursanstiege als geringer ansehe als die Gefahr von Korrekturen, die dann jedoch wieder gute Einstiegsmöglichkeiten bieten könnten.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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