Die Finanzkrise, die Panik der Anleger, die Risiken und Chancen für die Immobilienbranche

Erschienen am 13. Oktober 2008

Vergangene Woche waren fast alle Kommentatoren hellauf von Merkels und Steinbrücks „Garantie“ begeistert. Ich nicht. Ich bleibe dabei, was ich vergangene Woche geschrieben habe: Es ist eine höchst diffuse und unverbindliche, allgemeine Bekundung. Viele hatten erwartet, dass die „Garantie“ konkretisiert und legalisiert würde – in Form eines Gesetzes, wie es die FDP zu Recht fordert. Doch das Warten war vergeblich.

Wahrscheinlich war das Ganze nur eine politische Proklamation von Frau Merkel und Herrn Steinbrück mit etwa der gleichen Verbindlichkeit wie einst Norbert Blüms treuherzige Versicherung: „Die Rente ist sicher“. Insbesondere vermögende Anleger sollten sich auf gar keinen Fall darauf verlassen, dass im Fall eines Versagens der Einlagensicherungssysteme ihre Einlagen in unbegrenzter Höhe von Merkels Zusage geschützt sind.

Der einzige Effekt von Merkels Garantie war, dass Millionen deutsche Sparer, die zuvor noch nie von der Hypo Real Estate gehört hatten und die sich – sofern sie keine Aktien besitzen – von der Finanzkrise noch nicht unmittelbar betroffen fühlten, nunmehr hochgradig verunsichert sind und die hoffnungslos überforderten Berater von Banken und Sparkassen belagern, weil sie jetzt um ihre Spareinlagen und ihre Altersversicherung fürchten. Eine Umfrage des ZDF-Politbarometers in der vergangenen Woche ergab denn auch, dass nur noch 55% aller Deutschen ihre persönlichen Spareinlagen und die Guthaben auf Girokonten für sicher halten (WELT AM SONNTAG, 12.10.). Und die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG vom 12.10. berichtet, dass laut Umfrage zwei Drittel der Deutschen der „Merkel-Garantie“ nicht trauen. Das war zu erwarten.

Eines von vielen Indizien für die Unsicherheit: In diesen Tagen findet ein Run auf die von der Finanzagentur emittierte Tagesanleihe des Bundes (in Wahrheit handelt es sich faktisch um Tagesgeld) statt. Tag für Tag gehen dort 40.000 Anrufe, 4000 bis 5000 Briefe und über 1000 Mails ein. Die rund 320 Mitarbeiter fahren Überstunden, arbeiten an den Wochenenden. Inzwischen haben die Bundesbürger laut WELT AM SONNTAG (12.10.) mehr als eine Milliarde Euro in die Tagesanleihe des Bundes investiert – am Mittwoch waren es noch 900 Millionen. Ich halte es jedoch für wahrscheinlich, dass diese Entwicklung nicht mehr lange so weitergehen wird, denn die Banken und Sparkassen werden verzweifelt darauf hinweisen, dass der Staat ihnen in einer extrem schwierigen Situation massivste Konkurrenz macht und Liquidität entzieht, die sie dringend brauchen. Deshalb vermute ich, dass es bald nicht mehr möglich sein wird, weitere Tagesanleihen des Bundes zu zeichnen. Die Anleger werden dann verstärkt in Bundesschatzbriefe investieren – was allerdings mit nicht zu unterschätzenden Kursrisiken verbunden ist.

Zugleich findet ein Run der Anleger auf physisches Gold statt – der Preis pro Kilo stieg zum Wochenausgang auf einen Höchststand (in Euro) von über 22.000 Euro. Die wichtigsten Edelmetallhändler haben jedoch ihre Pforten geschlossen und melden auf ihren Websites, dass sie kein Gold mehr zu verkaufen haben. Anleger müssen nunmehr mehrere Wochen auf die Lieferung von physischem Gold warten. Diese Meldungen werden den Run auf das Gold noch verstärken.

Dass der Goldpreis nicht noch viel stärker gestiegen ist, liegt zum einen daran, dass die Schmuckindustrie sich bei diesem hohen Preis stark zurückhält und zum anderen daran, dass Hedgefonds Positionen glatt stellen mussten. Schließlich bewirkten der stark gestiegene Dollarkurs und der stark gefallene Ölpreis (beide stehen in sehr enger Beziehung zum Goldpreis) einem Hochschießen des Goldpreises über die Rekordmarke von 1000 USD pro Unze entgegen. Natürlich sollten Anleger wissen, dass Gold eine volatile Anlage ist, die beispielsweise seit dem Hoch Anfang der 80er Jahre über fast zwei Jahrzehnte massiv an Wert verloren hatte, bis ihre Renaissance Anfang des Jahrtausends begann. Aber für Krisenzeiten ist es eine gute Versicherung. Und schließlich hat sich das reine Papiergeld-System ohne Golddeckung erst seit wenigen Jahrzehnten scheinbar „bewährt“, während Gold als Währung über 5000 Jahre funktioniert hat.

Je lauter die Politiker und Medien verkünden, die Spareinlagen seien sicher, desto unruhiger werden die Sparer werden. Dabei scheinen die Sparkassen von der Panik sogar zu profitieren, was unter anderem daran liegt, dass die meisten Sparer noch nicht realisiert haben, dass die Gewährträgerhaftung bereits 2005 abgeschafft worden ist. So kommt es als Folge der „Merkel-Garantie“ nun zu Verschiebungen im Bankensystem, die die Nöte bei Privatbanken verstärken könnten.

Bei Peer Steinbrück jagt ein Plan den nächsten. „Noch am Freitag“, so berichtet die WELT AM SONNTAG am 12.10., „kursierte ein Acht-Punkte-Konzept Steinbrücks, in dem es um Managerhaftung und mehr Transparenz ging“. Was das in der aktuellen Krise nützen soll, mag verstehen wer will. Jeden Sonntag wird in Deutschland und weltweit ein neues Allheilmittel zur Lösung der Krise erdacht, die jedoch trotz immer neuer Hilfspakete und trotz konzertierter Zinssenkungen durch die Zentralbanken immer zerstörerische Ausmaße annimmt. Meine Prognose vom Juli 2007, dass uns eine „globale Finanzkrise… wie es sie in der Geschichte noch niemals gegeben hat“ bevorstehe, ist leider genau so eingetroffen.

Dieses Wochenende ist es eine 200 – 300 Mrd. Euro-Bürgschaft des Bundes für den Interbankenhandel, die die Rettung bringen soll. Die darüber hinaus gehenden Forderungen von Politikern und Gewerkschaftsfunktionären werden immer absurder. Die IG Metall fordert im Vorfeld einer konjunkturellen Eintrübung, die beispielsweise die Automobilbranche schon schwer getroffen hat, 8% Lohnerhöhung und DGB-Chef Sommer ruft angesichts der Finanzkrise nach einem Konjunkturprogramm von mindestens 25 Mrd. Euro. Wenn der Staat sich ohnehin wegen der Bankenrettung schon massiv verschulden muss, so die Logik hinter solchen Forderungen, dann kann man gleich in die Vollen gehen. Das meint auch die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles, die gestern als Diskussionsbeitrag zur Finanzmarktkrise die Ausgabe von Gratis-Gutscheinen zum Kauf energiefreundlicher Kühlschränke gefordert hat.

Angesichts solch lächerlicher Forderungen fragt man sich, ob der Ernst der Lage von solchen Politikern überhaupt verstanden wird. Der Börsencrash in der vergangenen Woche sollte schließlich auch dem Letzten das Ausmaß der Krise gezeigt haben. Die Wirkungen sind aufgrund des Grades der internationalen Verflechtung und insbesondere wegen der Bedeutung von derivativen Produkten und von hoch fremdfinanzierten Hedge-Fonds mit unvorstellbaren Investitionsvolumen viel dramatischer als 1929 – was nicht unbedingt heißt, dass die Auswirkungen auf die Realwirtschaft vergleichbar sein werden.

Wie hochexplosiv die Situation ist, konnte schon seit Längerem jeder erkennen, der sich ein wenig mit den Zahlen beschäftigt: Allein in den Jahren 2003 bis 2007 stieg das weltweite Derivate-Volumen von 197 Billionen USD auf den unvorstellbaren Betrag von 596 Billionen USD. Warren Buffett bezeichnete diese Finanzinstrumente bekanntlich als die Massenvernichtungswaffen der modernen Finanzindustrie. Was eine Kettenreaktion dieser Massenvernichtungswaffen auslösen würde, kann niemand vorhersagen. Zunächst werden nunmehr die Bankbilanzen massiv unter dem Börsencrash zu leiden haben, es wird neue Schieflagen bei Hedgefonds und bei großen Banken geben. Auch Versicherungen könnten bei Stresstests in die Schieflage geraten. So entsteht ein brandgefährlicher Teufelskreis.

Viele Leser der IMMOBILIEN NEWS werden mit Entsetzen auf den geschrumpften Wert ihres Aktiendepots schauen. Wer allerdings – wie von uns zuvor empfohlen – zur Depot-Diversifizierung eine Goldreserve gekauft hatte, findet damit ein wenig Trost. Dies gilt umso mehr, als der Goldpreis auf Euro-Basis wegen des wieder steigenden USD besonders deutlich zugelegt hat. Diversifizierung der Anlagen bewährt sich in schweren Krisensituationen, weil beispielsweise Einbrüche im Aktiendepot teilweise durch Wertgewinne bei USD-Anlagen oder Gold kompensiert werden können.

Bereits vor fast zwei Jahren, nämlich am 29. Januar 2007 – lange vor Ausbruch der Finanzkrise -, hatte ich in den IMMOBILIEN NEWS gewarnt: „Es wäre jedenfalls leichtsinnig, sich nicht auch auf Worst-case-Szenarien vorzubereiten. Wer Immobilien extrem hoch und nur kurzfristig finanziert, könnte von Schocks an den Finanzmärkten besonders kräftig getroffen werden. Aus Sicherheitsgründen empfiehlt es sich jedenfalls, Risiken auch durch Investitionen in Assets abzusichern, die von einer Finanzkrise stark profitieren würden – so insbesondere Gold. Und eine sehr hohe Cashreserve wirkt auf jeden Fall beruhigend und eröffnet zudem Chancen, bei einem möglichen Finanzcrash vielleicht sogar lukrative Investments tätigen zu können.“ Wer diesen vor knapp zwei Jahren gegebenen Empfehlungen gefolgt ist, wird es heute nicht bereuen.

Die politischen Folgen der Krise sind noch nicht abzuschätzen. Spitzt sich die Krise zu und führt diese zu steigender Arbeitslosigkeit, dann wird dies den weiteren Aufstieg der Linkspartei in Deutschland begünstigen. Die WELT AM SONNTAG analysiert zutreffend: „Der Ruf nach dem Staat wird lauter… Der Bundestagswahlkampf könnte die Stunde der Ideologen werden.“ Mitten in der Krise wird derzeit in Hessen eine rot-grüne Koalition unter Duldung der Linkspartei geschmiedet.

Aus Angst vor den Parolen der Linkspartei überbieten sich die Parteien im Schüren antikapitalistischer Ressentiments – die Berufsbezeichnungen „Banker“ und „Manager“ sind inzwischen zu Schimpfwörtern geworden. Die BILD-Zeitung spricht nur noch von „Bankstern“, was an „Gangster“ erinnern soll. Es ist ein massenpsychologisches Phänomen, dass in jeder Krise nach Sündenböcken gesucht wird, da die Komplexität der Problematik nicht verstanden wird und es einfacher ist, „Schuldige“ an den Pranger zu stellen.

Was bedeutet die aktuelle Entwicklung für die Immobilienwirtschaft?

  1. Finanzierung: Dies ist derzeit das Problem Nr. 1. Der Kredithahn ist zu. Führende Hypothekenbanken haben die Finanzierung komplett eingestellt. Selbst bereits fest zugesicherte Darlehen werden nicht mehr ausgereicht. Dies bringt viele Investoren, Makler und Projektentwickler in sehr schwierige Situationen, besonders auch, wenn jetzt über die Prolongation von Darlehen gesprochen wird. Das HANDELSBLATT berichtet am 6.10., dass der Pfandbriefmarkt tot ist. Seit dem 8. September habe keine Bank mehr einen Jumbo in Milliardenvolumen gegeben – weder in Deutschland noch anderswo. Die Investoren befänden sich im Käuferstreik. Wo sind die Chancen? Erstens: Intelligente Produktentwickler sollten jetzt an Mezzanine-Fonds, Hypothekenanleihen und anderen Alternativen zur klassischen Bankfinanzierung arbeiten. Zweitens: Opportunity-Funds sammeln bereits Geld ein, um notleidende Immobilienprojekte zu kaufen.
  2. Transaktionsmarkt: Bereits jetzt ist das Transaktionsvolumen in Berlin, Frankfurt, Hamburg und München von 13,2 Mrd. Euro auf 4,6 Mrd. Euro zusammengesackt, so zitiert Steffen Uttich in der FAZ vom 10.10. CB Richard Ellis. „Der Finanzmarkt ist wie leergefegt. Keiner der Fachleute kann sich an eine vergleichbare Kreditklemme erinnern“, so die FAZ. Anne Wiktorin und Reiner Reichel berichten im HANDELSBLATT vom 7.10., dass laut Atisreal in den ersten neun Monaten das Transaktionsvolumen auf dem Gewerbeimmobilienmarkt in Deutschland um 61% zurückgegangen sei. Doch dies ist erst der Anfang. Für das vierte Quartal rechne ich damit, dass der Transaktionsmarkt fast komplett zum Erliegen kommen wird. Makler und Transaktionsberater können beruhigt den Weihnachtsurlaub vorziehen – sie werden in den nächsten Wochen nicht viel Geschäft verlieren. Auch Eigenkapitalstarke Investoren wie offene Fonds, die Immobilien komplett mit EK kaufen könnten, halten sich nämlich zurück, weil sie auf sinkende Preise warten und zudem aus Vorsichtsgründen auch ihre Liquidität schonen wollen. Wo sind die Chancen? Mittel- und langfristig werden Immobilien vor allem bei institutionellen Investoren wie etwa Versicherungen an Beliebtheit gewinnen, was zu steigender Nachfrage führt. Wer klug ist, knüpft jetzt Kontakte zu Versicherungen, Pensionsfonds, Stiftungen und berufsständischen Versorgungswerken, die in den nächsten Jahren ihre Immobilenquote erhöhen müssen und werden. Kurzfristig ist allerdings bei vielen Institutionellen die Immobilienquote schon aufgrund des massiven Rückgangs der Aktienkurse deutlich gestiegen.
  3. Bauträger/Projektentwickler: Laut einer im HANDELSBLATT vom 8.10. gemeldeten Blitzumfrage der IKB am 3.10. bei Bauträgern sehen nur noch 23% ihre Geschäftsaussichten positiv. Das ist bemerkenswert, weil ansonsten bei solchen Umfragen die Teilnehmer aus der Immobilienwirtschaft meist zu stark überzogenem Zweckoptimismus neigen. Insbesondere im Bereich der Projektentwicklung für Büroimmobilien dürfte es bald sehr, sehr ruhig werden. Dieser Teil der Branche wird wegen der rückläufigen Nachfrage, der rückläufigen Preise, der gestiegenen Baukosten, der extrem erschwerten Finanzierung und der Zinsschranke stark gebeutelt werden. In vielen Städten gibt es noch ein zu hohes Angebot in der Pipeline. Selektive Chancen wird es dagegen im Bereich der Maßnahmen für Wohnimmobilien geben, insbesondere für hochwertige Wohnungen. Aber auch hier muss sich selbstverständlich die Finanzierungssituation zunächst wieder einigermaßen normalisieren.
  4. Kapitalanlage-Wohnungen: Lediglich der Verkauf von Eigentums-wohnungen an Privatpersonen funktioniert noch – wenngleich die Banken auch hier die Anforderungen an Eigenkapital und Bonität massiv angezogen haben. Allerdings ist auch hier zumindest für einige Wochen oder Monate mit einer Verunsicherung und deshalb auch Kaufzurückhaltung von Anlegern zu rechnen. Wo sind die Chancen? Mittelfristig könnte dieses Segment profitieren, weil andere Anlageformen (Zertifikate, Aktienfonds usw.) stark an Attraktivität verlieren.
  5. Büromarkt: Die Krise an den Finanzmärkten führt dazu, dass sich die Konjunktur eintrübt. Die Realwirtschaft ist längst betroffen und dies hat insbesondere Auswirkungen für den Büroimmobilienmarkt. Mit steigenden Leerständen und sinkenden Mieten muss gerechnet werden. Dies wird zur Notwendigkeit von Wertkorrekturen in vielen Portfolios führen. Viele Immobilien-AGs haben diese Entwicklung in ihren Kursen schon vorweggenommen. Die offenen Immobilienfonds sollten ihre Anleger sorgsam und sensibel darauf vorbereiten, dass sie 2009 mit einem temporären Rückgang der Anteilspreise zu rechnen haben.
  6. Wohnimmobilien: Deutsche Wohnimmobilien werden an Bedeutung für professionelle Investoren gewinnen, da sie ein stabilisierendes Element in jedem Depot sind. Wer Wohnimmobilien zu vernünftigen Preisen gekauft hat, nicht zu hoch bzw. zu kurzfristig finanziert hat und sich nicht an den abenteuerlichen Businessplänen einiger angelsächsischer Investoren orientierte, kann jetzt glücklich sein. Gute Chancen sehe ich für Spezialfonds für institutionelle Investoren, die in die Nutzungsart Wohnen investieren. Mehrere Anbieter arbeiten bereits an der Vorbereitung entsprechender Produkte.
  7. Geschlossene Immobilienfonds: Bestehende Fonds, die ohnehin Probleme haben (z.B. Ostimmobilienfonds) werden verstärkt in die Insolvenz gehen, wenn die Banken Kredite nicht prolongieren. Bei vielen in den 90er Jahren aufgelegten Fonds mit deutschen Immobilien übersteigt das Restdarlehen deutlich den aktuellen Verkehrswert der Immobilien – keine gute Voraussetzung für eine Prolongation von Darlehen, zumal viele Anleger nicht in der Lage oder bereit sind, Nachschüsse zu leisten. Was die Platzierung neuer Fonds anlangt, so sind derzeit die Anleger verunsichert und warten mit ihren Entscheidungen ab. Die Bankberater, die heute zu etwa 70% den Verkauf geschlossener Fonds tragen, haben anderes zu tun, als ihre Kunden für neue Produkte zu begeistern. Die einen trauen sich nicht mehr, ihre Kunden anzurufen, denen sie Zertifikate-Schrott verkauft haben. Andere sind seit der Merkel-Steinbrück-Rede von Morgens bis Abends damit beschäftigt, Kundengespräche zum Thema Sicherheit der Einlagen zu führen. Wo nicht einmal mehr Zeit für ein Mittagessen ist, bleibt auch keine Zeit mehr zum Verkauf von geschlossenen Fonds. Der Einbruch der börsennotierten Initiatoren (allein MPC verlor in diesem Jahr über 88%!) ist ein Zeichen für die allgemein schlechte Platzierungssituation in diesem Jahr, der sich nur wenige Initiatoren entziehen können. Es kommt noch ein weiteres Problem hinzu, das erst jetzt vielen Initiatoren bewusst wird: Wie soll die Finanzkrise in den Emissionsprospekten berücksichtigt werden, wo diese inzwischen doch auf alle Investitionen einen massiven, oftmals direkten, stets jedoch indirekten Einfluss hat? Zudem wird die Übernahme von Platzierungsgarantien angesichts der unsicheren Platzierungslage problematischer als in der Vergangenheit – ganz zu schweigen von dem Problem, Finanzierungen zu bekommen. (Wir werden uns bei einer Sonderveranstaltung der BERLINER IMMOBILIENRUNDE am 17.11. u.a. mit diesem Thema befassen: Programm anfordern unter: info@immobilienrunde.de) Ich rechne mittelfristig damit, dass geschlossene Fonds ebenfalls sehr viel stärker reguliert werden – was kein Nachteil sein muss, wenn dies sachgerecht geschieht. Jedenfalls halte ich es für undenkbar, dass die ganze Finanzbranche stärker reguliert wird (und dies wird geschehen) und nur die geschlossenen Fonds davon ausgenommen werden. Wo sind die Chancen? Mittelfristig werden sich solide, konservative geschlossene Fonds wieder durchsetzen, und wenn die Phase der aktuellen Verunsicherung vorbei ist, könnten transparente Sachwert-Anlagen in geschlossene Fonds sogar profitieren. Schließlich müssen die Anleger, die jetzt scharenweise ihre Zertifikate verkaufen und ihr Geld als Tagesgeld oder als Festgeld anlegen, irgendwann wieder investieren. Voraussetzung für ein Comeback der geschlossenen Immobilienfonds mit sicheren Core-Immobilien ist allerdings, dass die Immobilienrenditen wieder steigen, damit solche Fonds marktgängige Ausschüttungen darstellen können. Anleger geschlossener US-Immobilienfonds, die in den letzten Monaten trotz sinkenden USD antizyklisch eingestiegen sind, werden sich jetzt über Währungsgewinne freuen können, denn allein in den letzten Wochen ist der Dollarkurs um 15% gestiegen.
  8. mmobilien-Aktien: Immobilien-Aktien, die ohnehin in diesem Jahr zu den Verlierern zählen, sind durch den Börsencrash noch stärker in Mitleidenschaft gezogen worden als der allgemeine Markt. So verloren laut Statistik in EURO AM SONNTAG vom 12.10. allein in der vergangenen Woche die DIC über 44%, die Colonia und die die Deutsche Wohnen verloren jeweils fast 44%, die Gagfah verlor über 34%, die Vivacon über 39% und die IVG über 30%. Die Aktienkultur, die es leider in Deutschland nie gegeben hat, hat einen neuen schweren Schlag erlitten. Immobilien-Aktiengesellschaften werden es schwieriger haben und müssen sich neu positionieren, ihre Geschäftsmodelle teilweise überdenken und über alternative Wege zur Eigenkapital-Beschaffung nachdenken – etwa durch Auflage von Immobilien-Spezialfonds für Institutionelle, durch Auflage von geschlossenen Immobilienfonds oder den Verkauf von Wohnungen an Kapitalanleger. Die Deutschen waren nie ein Volk von Aktienanlegern. Nur einige wenige Jahre (1998 ff.) befanden sie sich im irrationalen Aktienrausch. Den Schock des Platzens der New Economy-Blase haben die Privatanleger niemals verdaut und deshalb auch nicht von den rasanten Zuwächsen des DAX in den Jahren ab 2002 profitiert. Die wenigen Anleger, die langsam Vertrauen gewonnen hatten, erleiden jetzt einen Schock, der lange anhalten wird. Wo sind die Chancen? Es wird nur wenige Anleger geben, die – so wie ich – überlegen, ob nicht die massiven Einbrüche an der Börse genau zum richtigen Zeitpunkt kommen, um demnächst noch steueroptimiert vor Inkrafttreten der Abgeltungsteuer Aktien zu kaufen. Nachdem ich im vergangenen Frühjahr exakt auf dem Höhepunkt des Hypes der Immobilien-Aktien empfohlen hatte, auszusteigen, empfehle ich jetzt, langsam selektiv über den Kauf von unterbewerteten Immobilien-Aktien nachzudenken. Ich vermute, dass auch das M & A-Geschäft mittelfristig in Schwung kommt und AGs, die unter ihrem NAV notieren, zum Übernahmeziel werden. Im Moment gibt es allerdings kaum jemanden, der so etwas finanzieren würde.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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