Die kleine Welt der deutschen Institutionellen

Erschienen am 19. November 2012

Laut einer aktuellen Studie wird Deutschland durch die demographische Entwicklung in den kommenden Jahrzehnten von Platz 5 auf Platz 10 der Industrienationen zurückfallen. Das hindert die deutschen Versicherer und andere Institutionelle jedoch nicht daran, 60% ihrer Immobilien in Deutschland zu konzentrieren. Der Anteil in den USA beträgt 6%, im asiatisch-pazfischen Raum 0,6%! Auch in Lateinamerika investieren die deutschen Institutionellen nicht einmal 3%.

In was für einer kleinen Welt leben eigentlich die deutschen Versicherer? Nichts gegen Immobilien in Deutschland – ich bin selbst ein Freund von Investments hierzulande. Aber 60% der Immobilien in einem kleinen Land mit negativen demographischen Perspektiven? Und nicht einmal 7 Prozent in den USA und Asien (zusammengerechnet)? Kein vernünftiger Mensch würde auf die Idee kommen, ein Aktienportfolio in dieser Weise zusammenzustellen. Hier hat es sich inzwischen herumgesprochen, wie wichtig es ist, auch international zu diversifizieren, so etwa in den USA und Asien.

Ich gebe zu: Es ist schwieriger, beispielsweise in Asien zu investieren, wo deutsche Versicherer keine Expertise haben. Selbst in den USA fehlt oft das Know-how. Aber wozu gibt es denn indirekte Immobilienanlagen wie etwa Spezialfonds oder REITs?

Es ist erfreulich, dass die Immobilienquote auf 7,3% gestiegen ist. Meine Zweifel an der unlängst in einer anderen Befragung kommunizierten Zahl, wonach der Immobilienanteil sich in kurzer Zeit von 5% auf 15% gesteigert habe, haben sich durch die Feri-Zahlen bestätigt. Natürlich stimmte diese Zahl nicht.

Löst die Erhöhung um etwa einen Prozentpunkt das Performance-Problem deutscher Versicherer? Natürlich nicht. An der Gesamtperformance der Anlagen ändert das höchstens etwas in der zweiten Stelle hinter dem Komma.

Die Quote der Aktien- und Immobilieninvestments deutscher Versicherer liegt zusammengerechnet nicht einmal bei 10%! Das ist verheerend. Die Versicherer dürfen sich angesichts einer solchen Anlagestrategie nicht wundern, dass sie massive Probleme haben, ihre Zusagen zu bedienen. Neben den Versicherern selbst hat auch der Gesetzgeber eine Mitschuld, weil er (nicht ganz uneigennützig) die Versicherer in Anleihen treibt und Aktien- und Immobilieninvestments teuer macht.

Ein Argument, warum die Versicherer nicht mehr in Immobilien anlegen, lautet manchmal, es gebe angeblich nicht genug Immobilien und man könne mit dem bestehenden Personal nicht mehr kaufen. In der kleinen, ganz überwiegend auf Deutschland begrenzten Welt, mag das stimmen. Aber gibt es weltweit nicht genug Immobilien?! Noch einmal: Warum investiert man nicht beispielsweise in asiatische REITs? Die Kompetenz dieser oft hochspezialisierten Unternehmen in diesem Raum ist sicherlich deutlich höher als die deutscher Institutioneller. Deutsche Institutionelle mögen jedoch laut Feri keine börsennotierten Immobilienaktien – die Quote an ihren Investments liegt gerade mal bei 0,3%.

Das alles wirkt nicht besonders professionell. Übrigens trifft das auch für die geplanten Investments nach Nutzungsarten zu. 28% wollen mehr in Wohnen investieren – jetzt, wo die Preise deutlich gestiegen sind. Vor einigen Jahren, als man noch sehr günstig einsteigen konnte, haben die Versicherer die meisten Wohnungsbestände verkauft und wollten nichts von dieser angeblich renditeschwachen Anlageklasse wissen. Stattdessen setzten sie, ebenso wie die offenen Immobilienfonds, die Wohnungen konsequent gemieden haben, sehr einseitig auf Büros. Und was ist mit Unternehmensimmobilien, einer wichtigen, aber in Deutschland nach wie vor massiv unterschätzten Assetklasse? In der Feri-Statistik werden sie nicht einmal gesondert aufgeführt – vermutlich verbergen sie sich unter dem Begriff „gemischt genutzte Objekte“, in die gerade einmal 2% der Institutionellen mehr investieren wollen.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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