Massenhysterie privater Anleger

Erschienen am 1. Dezember 2008

Panisch flüchten private Kapitalanleger aus allen Gattungen von Investmentfonds. Angesichts der Tatsache, dass der Oktober 2008 der schlechteste Monat in 200 Jahren Börsengeschichte war, ist die Flucht aus Aktienfonds sicher zumindest verstehbar. Die Anleger fliehen jedoch nicht nur aus Aktienfonds, die oftmals 40 bis 50% Verluste zu verzeichnen haben, sondern auch aus Rentenfonds, die gut dastehen.

Dies demonstriert die ganze Irrationalität der gegenwärtigen Stimmungslage, denn Rentenfonds zeigen nicht nur im Moment eine gute Performance, sondern dürften wegen der sinkenden Zinsen auch in nächster Zeit gut abschneiden. Dennoch haben Anleger in einem Monat so viele Mittel aus diesen Fonds abgezogen wie sonst nicht in einem ganzen Jahr.

Besonders irrational ist dies auch deshalb, weil sie damit den Schutz der Übergangsregelung für die Abgeltungsteuer verlieren. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass durch die Schließung einiger offener Fonds Anleger vor solchen Irrationalitäten geschützt werden. Wer jetzt aus Fonds aussteigt, um später wieder einzusteigen, bezahlt dies mit einer zusätzlichen Steuerlast auf Veräußerungsgewinne in Höhe von etwa 28%.

Der BVI merkt zu Recht an, dass für die Flucht aus Geldmarktfonds eine der – aus meiner Sicht sehr ärgerlichen und verfassungsrechtlich bedenklichen – rückwirkenden Steueränderungen verantwortlich ist. Der BVI merkt ebenfalls zu Recht an, dass Angela Merkels so genannte Garantieerklärung für Spareinlagen ein entscheidender Auslöser für die schweren Turbulenzen war, weil Sondervermögen eben von dieser „Garantie“ nicht erfasst sind die Anleger deshalb lieber auf Tages- und Festgeld vertrauen. Dies zeigt einmal mehr, wie berechtigt die von mir geübte scharfe Kritik an Merkels „Garantie“ war. Ansonsten wurde diese „Garantie“ in den Medien ja weitgehend unkritisch begrüßt. Die Massenflucht aus den Investmentfonds ist ein weiterer Beleg für meine These, dass staatliche Eingriffe meistens nicht intendierte und nicht vorhersehbare Wirkungen entfalten. Hinzu kommt ja, dass das, was die Masse der Anleger für eine Garantie hält, im rechtlichen Sinne gar keine Garantie ist und im Zweifelsfalle nicht eingeklagt werden könnte.

Private Anleger wollen derzeit generell nichts von Kapitalanlagen wissen – egal von welchen. Dramatisch wird dies dadurch belegt, dass sich der Anteil derjenigen Bürger, die als Sparziel die Kapitalanlage angeben, von einem Quartal zum nächsten fast halbiert hat. Zwar jubelt der Verband der Privaten Bausparkassen in seiner Presseerklärung: „Sparer denken um – Wohneigentum als Kapitalanlage“. Laut Umfrage habe „das Sparziel Wohneigentum… mit +5 Prozent deutlich an Attraktivität gewonnen“ – so der Wortlaut der Presseerklärung des Verbandes, welche von vielen Medien übernommen wurde. Ich habe mir jedoch die Vergleichszahlen besorgt. Danach sieht es ganz anders aus. Zwar legte das Sparziel „Wohneigentum“ bei der Umfrage im Q3 2008 in der Tat gegenüber dem Q 2 2008 um fünf Prozentpunkte zu, verlor jedoch gegenüber der Befragung von vor einem Jahr (3/07) 8,4 Prozentpunkte!

Auch im Markt der geschlossenen Fonds – wir berichteten darüber – ist im Q4 der Vertrieb weitestgehend zum Erliegen gekommen. Wer Umsatzeinbußen von nur 50% verzeichnet, ist als Einäugiger bereits König unter den Blinden. Interessant ist übrigens, dass sich viele institutionelle Anleger anders verhalten als die Privaten. Obwohl in Spezialfonds mit 639 Mrd. Euro deutlich mehr Geld investiert ist als in Publikumsfonds (585 Mrd. Euro), zogen Anleger nur 4,9 Mrd. Euro aus Spezialfonds ab, und somit nur etwa 10% der Summe, die Anleger aus Publikumsfonds abzogen.

Dies bestätigt mich in meiner Einschätzung, dass alle Marktteilnehmer der Immobilien- und Fondsbranche, die bislang sehr einseitig auf das Retailgeschäft gesetzt haben, dringend diversifizieren und das institutionelle Geschäft mit Spezialfonds aufbauen sollten. Wie dies gelingen kann, ist Thema von zwei Veranstaltungen am 11. Dezember und am 20. Januar (Programm anfordern unter: info@immobilienrunde.de.)

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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