Schönreden hilft nicht

Erschienen am 10. März 2008

Wenn ich die Realität ändern will, muss ich sie erst einmal unbeschönigt wahrnehmen. So weh das für uns alle – die Marktteilnehmer der Immobilienbranche – tut: Trotz aller Professionalisierung und Bemühungen um Imageverbesserung ist das Bild der Immobilienbranche in der breiten Öffentlichkeit nach wie vor viel zu schlecht. Wenn wir das ändern wollen, müssen wir diese Tatsache zunächst einmal anerkennen. Das in der Branche beliebte Schönreden, Bagatellisieren und Relativieren hilft uns nicht weiter.

In Studien über das Image von Berufen rangieren Makler (die für eine breite Öffentlichkeit bekanntesten Vertreter der Branche) stets auf den letzten Rängen – neben Journalisten und Politikern. Und die aktuelle Studie über die Einstellungen von Immobilienjournalisten belegt, dass in Deutschland das Image sogar besonders schlecht ist.

Was sind die Ursachen? Sicher spielt der in Deutschland besonders stark aufgeprägte und verbreitete Neid-Faktor eine Rolle. In der Immobilienbranche, so sehen das Viele, wird besonders viel Geld verdient, und allein dies macht diese Branche in einem Land, in dem die Mehrheit der Menschen einem egalitären Denken huldigt, hochgradig verdächtig.

Aber Neid alleine ist es nicht. Man denke an Hunderttausende durch „Schrottimmobilien“ geschädigte Anleger und an die stets wiederkehrenden Bestechungsskandale, die entscheidend zu dem düsteren Bild über die Branche beigetragen haben. Die Diskurse, die in den hier – in den IMMOBILIEN NEWS – ausgewerteten Medien stattfinden, bestimmen das Bild der Immobilienbranche in der Öffentlichkeit leider nicht. Die breite Masse liest eben keine IMMOBILIEN ZEITUNG und auch keine MIPIM-Beilagen, keine Freitagsseite von FAZ und HANDELSBLATT und keine tägliche WELT-Immobilienseite.

Wann kommen Immobilienthemen in den 20-Uhr-Nachrichten und auf Seite 1 der Tageszeitung vor? In den letzten Jahren vor allem im Zusammenhang mit dem Frankfurter Korruptionsskandal, der Krise der offenen Immobilienfonds und der so genannten US-Immobilienkrise. Über viele Jahre hinweg bestimmte kein Thema die Berichterstattung in den breiten Medien so stark wie die Skandale im Zusammenhang mit so genannten Schrottimmobilien.

Es führt nicht weiter, wenn sich die „Guten“ der Branche – von denen auch in den IMMOBILIEN NEWS überwiegend die Rede ist – selbstzufrieden auf die Schulter klopfen und bei Skandalen achselzuckend auf „schwarze Schafe“ verweisen, die es in jeder Branche gebe. Gefragt sind vielmehr eine radikale Selbsthygiene der Branche und eine offensive Auseinandersetzung mit jenen Marktteilnehmern, die das Image der Gesamtbranche durch ihr Handeln zerstören. Gefragt ist zudem eine breite Aufklärungsarbeit, die nicht nur die Immobilienseiten der Medien erreicht, sondern auch einem breiteren Publikum erklärt, wer wir sind und wofür die Mehrheit der Branche wirklich steht.

Wie wollen wir in der Politik Interessen der Branche durchsetzen und wie wollen wir eine für Hochschulabsolventen attraktive Branche werden, wenn das Image nicht massiv korrigiert wird? Ich sehe auch die Gefahr, dass die Stimmung gegen die Immobilienbranche in den nächsten Jahren noch sehr viel schlechter wird, und zwar dann, wenn es (endlich) wieder deutliche Mietsteigerungen im Wohnungsbereich gibt. Über viele Jahre gab es ja kaum Mietsteigerungen – insgesamt lagen diese weit unter der Inflation. Wenn die Mieten wieder anziehen und es in Ballungszentren zu einer Wohnungsknappheit kommt, dann sind die „Schuldigen“, nämlich so genannte „Immobilienhaie“ schnell gefunden.

Zu welch irrationalen Reaktionen dies führen kann, zeigt ein Blick in die jüngere Geschichte: So hatte in den 70er Jahren ein Parteitag der SPD sogar beschlossen, dass man den Maklerberuf verbieten solle. Die politische Großwetterlage in Deutschland, die derzeit von Reichen-Hatz und einer zur Manie gewordenen „sozialen Gerechtigkeits-Debatte“ geprägt ist, könnte rasch dazu führen, dass insbesondere unsere Branche verstärkt unser Beschuss gerät.

Es gibt in den letzten Jahren gute Ansätze in der Branche – so etwa die Corporate Governance Initiative der deutschen Immobilienwirtschaft oder jüngst die auf Initiative des VGF betriebene Einrichtung einer Ombudsstelle für Zeichner geschlossener Fonds. Diese Initiativen müssen weiterentwickelt werden, um Fremd- und Eigenwahrnehmung der Immobilienwirtschaft näher zusammenzubringen.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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