Tragödie Venezuela: Diese Millionen Flüchtlinge sind den Gutmenschen egal

Erschienen am 20. März 2019

Unbarmherzigkeit der Gutmenschen in Europa: Die Millionen Hungernden und Flüchtlinge aus Venezuela sind ihnen vollkommen egal. Während sie sonst Mitgefühl mit jedem Flüchtenden aus Afrika haben, hört man von ihnen nichts zu dieser menschlichen Tragödie in Lateinamerika. Chiles Außenminister appelliert an Europa und spricht Klartext:


Der chilenische Außenminister Roberto Ampuero sagt es höflich, so wie es eben Diplomaten tun, aber er sagt es klar: Es ist „sehr wichtig, dass man in Europa wahrnimmt, um welche Flüchtlingsdimension es sich handelt“. Hier ein Auszug aus dem Interview in der WELT:


„In Kolumbien leben schon fast 1,5 Millionen Venezolaner, in Ecuador 700.000, in Peru eine ähnliche Zahl, wir in Chile haben schon 300.000 aufgenommen – und es werden immer mehr! Wir versuchen alle, den Flüchtlingsströmen gerecht zu werden, aber wir stoßen immer mehr an unsere Grenzen. Man schätzt, dass weit mehr als drei Millionen Venezolaner schon auf gepackten Koffern sitzen, um ihr Land zu verlassen. Und es könnten weitere Millionen werden, wenn die Lage so aussichtslos bliebe, wie jetzt unter dem Maduro-Regime: Es gibt Schätzungen von zwischen fünf und sieben Millionen. Es ist sehr wichtig, dass man in Europa wahrnimmt, um welche Flüchtlingsdimensionen es sich handelt: Einen solchen Exodus hat Lateinamerika überhaupt noch nie erlebt!“


Klartext: In Europa wird diese Tragödie nicht wahrgenommen. In der Tat gibt es keine Demonstrationen der Menschen, die sonst „Refugees welcome“ skandieren. Die einzigen Demonstranten, die ich gesehen habe, waren jene, die beim Parteitag der Linken für „Solidarität mit Venezuela“ demonstrierten – aber sie meinten nicht Solidarität mit den Hungernden und Flüchtlingen, sondern mit dem Maduro-Regime. „Vorwärts zum Sozialismus“ forderten sie. Und Angela Merkel, ansonsten Schutzpatronin aller Flüchtlinge dieser Welt, findet auch keine klaren Worte zur Tragödie in Venezuela. 

Chiles Außenminister: Sozialismus ist gescheitert

In deutschen Medien wird über Venezuela berichtet, aber die Intensität der Berichterstattung steht in keinem Verhältnis zum Ausmaß der humanitären Katastrophe. Und es wird in den Medien konsequent vermieden, darauf hinzuweisen, dass wieder einmal ein sozialistisches Experiment gescheitert ist. In den meisten Fällen wird nicht einmal das Wort „Sozialismus“ erwähnt, denn der „gute“ Sozialismus könnte damit ja diskreditiert werden. Der chilenische Außenminister spricht hier Klartext:

„Wie kann es sein, dass ein Land mit den größten Erdölreserven der Welt, mit gigantischen Gold- und Diamantenvorhaben, mit Stahlveredlern aller Art, mit guten Böden und Voraussetzungen für eine ertragreiche Landwirtschaft jetzt vor dem totalen Ruin steht? Maduro hat Venezuela in diesen Ruin getrieben. Und es passt zu ihm, dass er keine Verantwortung übernimmt für dieses Desaster!…. Es ist eine Diktatur, die den ‚Sozialismus des 21. Jahrhunderts’ aufbauen wollte. Die Ergebnisse sind vor aller Welt sichtbar.“

Warum die Gleichgültigkeit gegenüber Hungernden und Flüchtlinge?

Der Grund, warum linke Gutmenschen nicht über die Hungernden und Flüchtlinge in Venezuela sprechen wollen, ist klar. Es ist erst wenige Jahre her, dass sie dieses System, das jetzt kläglich gescheitert ist, verherrlichten. Noch im August 2015 schrieb Jeremy Corbyn, der von den Juso-Chef Kevin Kühnert bewunderte Anführer der britischen Labour-Party, auf seiner Website: „In Venezuela ist die bolivianische Revolution in vollem Gange und liefert Inspiration für einen ganzen Kontinent… Venezuela ist dabei, ernsthaft die Armut zu besiegen, indem es nachdrücklich die neoliberale Politik der internationalen Finanzinstitutionen zurückweist. Der Erfolg einer radikalen Politik in Venezuela wird durch die Unterstützung für die Ärmsten, die Freilegung von Ressourcen, aber vor allem durch die Bildung und Beteiligung der Bevölkerung erreicht.“ Und Sarah Wagenknecht, pries Hugo Chávez als „großen Präsidenten“, der mit seinem ganzen Leben für den „Kampf um Gerechtigkeit und Würde“ stand. Chávez habe bewiesen, dass „ein anderes Wirtschaftsmodell möglich sei“ – das Wagenknecht damit auch uns Deutschen empfahl. 


Nachdem nun das sozialistische Experiment in Venezuela gescheitert ist, hört man das Gleiche, was man in den vergangenen 50 Jahren stets nach jedem Scheitern eines sozialistischen Experimentes gehört hat: „Moment mal, das war nicht der richtige Sozialismus. Das nächste Mal wird’s besser.“ Im Übrigen seien es die amerikanischen Imperialisten, die mit ihrem Boykott verantwortlich seien für das Scheitern und nicht das Wirtschaftssystem des Landes.

Klägliche Rolle der AfD

Aber nicht nur die Linken spielen eine klägliche Rolle. Auch Armin-Paulus Hampel, außenpolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion kritisierte: „Wir [gemeint: die deutsche Regierung] haben uns ohne Not und ohne Absprachen mit Russland und China für den US-Weg entschieden, dem bisherigen Staatschef Nicolás Maduro die Anerkennung zu entziehen und den Interimspräsidenten anzuerkennen.“ Statt zu kritisieren, dass Deutschland viel zu spät den Übergangspräsidenten der Opposition anerkannt hat und zu wenig tut, um sie zu unterstützen, wird genau umgekehrt kritisiert, dass Deutschland nicht weiter auf den sozialistischen Diktator Maduro setzt. Durch die Anerkennung von Übergangspräsident Guaidó habe Deutschland, so kritisiert der außenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, „diplomatische Gesprächsfäden zur Maduro-Regierung abgeschnitten“. Die Motivation ist durchsichtig: Traditionell gibt es in der AfD große Sympathien für Russlands Putin, gepaart mit einem kräftigen Schuss Antiamerikanismus, und diese ideologischen Leitplanken sind offenbar gewichtiger als die Solidarität mit den vom sozialistischen System geknechteten Menschen in Venezuela. Deshalb setzt die AfD auf einen Dialog mit dem sozialistischen Diktator statt auf Solidarität mit der anti-sozialistischen Opposition. 

Chiles Kapitalismus siegt über Venezuelas Sozialismus

Chile gehört zu den kapitalistischsten Ländern der Welt. Es rangiert auf Platz 18 im Index der ökonomischen Freiheit (auch „Kapitalismus-Skala“ genannt) der Heritage Foundation. (https//www.heritage.org/index/country/chile) Damit ist Chile mit Abstand das am meisten kapitalistische Land Südamerikas – und steht übrigens auch sechs Plätze vor Deutschland. Venezuela steht dagegen auf dem vorletzten Platz 179 – nach Kuba und vor Nordkorea, das den letzten Platz einnimmt: https://www.heritage.org/index/country/venezuela​ 

Es ist wie immer in der Geschichte: Die Menschen fliehen vom Sozialismus in den Kapitalismus. Keiner flieht von Chile nach Venezuela, so wie auch niemand von Miami nach Kuba flüchtet oder von Süd- nach Nordkorea.

Mehr zum Thema im 6. Kapitel des Buches „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“. http://kapitalismus-ist-nicht-das-problem.de/. Titel dieses Kapitels: „Warum geht es den Menschen in Chile besser als in Venezuela?“

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Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.