Vorschläge zur Änderung des „Kapitalanlagegesetzbuches“

Erschienen am 30. Juli 2012

Inzwischen ist eine heftige Debatte über den Entwurf des Kapitalanlagegesetzbuches entbrannt. Einige der ersten Aufgeregtheiten sind schon wieder verklungen. So hatten manche Initiatoren befürchtet, durch die in § 225 Abs. 4 vorgesehene Begrenzung des Währungsrisikos auf 30% könne es künftig nicht mehr möglich sein, geschlossene Auslandsimmobilienfonds außerhalb des Euroraumes aufzulegen.

Dies ist jedoch nach wie vor ebenso selbstverständlich möglich, wie es seinerzeit möglich war, trotz der gleichlautenden Regelung im Investmentgesetz, den auf US-Dollar-Basis aufgelegten KanAm-US-Grundinvest zu vertreiben. Weder im alten Investmentgesetz noch im neuen Kapitalanlagegesetzbuch ist festgeschrieben, dass die Währung, in welcher ein Fonds aufgelegt wird, auf Euro lauten muss. Daher sind natürlich z. B. US-Fonds auf Dollarbasis oder Australien-, Großbritannien-Fonds usw. weiterhin möglich, solange diese in der Landeswährung aufgelegt und finanziert werden. Die Sorgen darüber waren unbegründet. Nicht mehr möglich sein wird es allerdings, z. B. Fonds auf Eurobasis zu einem hohen Teil in Yen oder SFR zu finanzieren oder Schiffsfonds, die ihre Einnahmen in US-Dollar haben, auf Eurobasis aufzulegen. Dass dies nicht mehr möglich ist, halte ich für richtig.

Offene Immobilienfonds sollen durch das neue Gesetz abgeschafft werden. Warum davon auch die Spezialfonds betroffen sind, bei denen die Probleme, welche es bei den Publikumsfonds gab, gar nicht aufgetreten sind, verstehe ich nicht. Es würde damit eine Verlagerung der Aktivitäten in Luxemburger Vehikel wie FCPs und SICAVs stattfinden.

Der offene Immobilienfonds war dringend reformbedürftig. Die Branche der offenen Fonds hatte sich lange gegen Reformen gesträubt. Doch am Ende gab es dann die Novelle des Investmentgesetzes, die eine Mindesthaltedauer von zwei Jahren und eine Begrenzung der jährlichen Entnahmen vorsah. Damit würden Geldparker, die den offenen Immobilienfonds in der Vergangenheit als Geldmarktfonds-Ersatz missbraucht haben, wirksam abgeschreckt. Die Fonds nach dem neuen Strickmuster gibt es jedoch noch gar nicht – es gibt nicht einmal eine Rechtsverordnung zur Umsetzung dieser Änderungen des Investmentgesetzes. Warum gibt man dem neuen, reformierten Modell des offenen Fonds keine Chance, sich zu bewähren und schafft es ab, bevor es überhaupt in die Realität umgesetzt wurde? Das ist so, als ob Sie nach einer Inspektion alle Mängel an einem Auto hätten reparieren lassen und Ihnen dann die TÜV-Abnahme mit dem Argument verweigert wird, das Auto habe vor (!) der Reparatur gravierende Mängel gehabt.

Was die geschlossenen Fonds anlangt, so sollte sich die Branche meiner Meinung nach auf einige wesentliche Punkte konzentrieren. Und dabei ist es sicher taktisch äußerst unklug, ausschließlich entschärfende Regelungen zu fordern. Damit ist man nicht glaubwürdig und wird beim Gesetzgeber nichts erreichen. Es ist lächerlich, zu glauben, man könnte alles an dem neuen Gesetz verändern, wenn man nur darauf hinweist, wie viele Arbeitsplätze dadurch bedroht würden. Solcherlei hören Politiker tagtäglich von Lobbyisten und nehmen das nicht einmal mehr zur Kenntnis.

Man sollte die Intention des Gesetzgebers ernst nehmen, und statt Fundamentalkritik sollte man sich immanent auf den Entwurf einlassen und die Kritik vor allem auf die zu hohe Mindestzeichnungssumme, das Thema Ein-Objekt-Fonds, die Begrenzung der Fremdmittelaufnahme und die fehlende Übergangsregelung fokussieren. Diese und andere Themen werden wir mit Ministerialrat Uwe Wewel bei der Veranstaltung der BERLINER IMMOBILIENRUNDE am 3.9. diskutieren. Es gibt vorher keine andere Veranstaltung, bei der Sie sich aus erster Hand – und nicht nur von Beratern – informieren lassen und Fragen stellen können. Fordern Sie das Programm unter info@immobilienrunde.de an. Und nun zu den Knackpunkten im Gesetz, die geschlossene Fonds betreffen:

Übergangsregelung: Es fehlt in dem Gesetzentwurf eine Übergangsregelung für geschlossene Fonds, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes aufgelegt wurden. Dagegen gibt es für offene Immobilienfonds, die mit dem Gesetz abgeschafft werden sollen, sogar eine Übergangsregelung, die den bestehenden Fonds einen „ewigen“ Bestandsschutz inkl. Recht auf weiteren Vertrieb gewährt. Diese Ungleichbehandlung offener und geschlossener Fonds ist nicht einzusehen.

Das Fehlen einer Übergangsregelung würde dazu führen, dass Initiatoren spätestens ab Frühjahr nächsten Jahres keine Fonds mehr auflegen könnten, da ein zu hohes Platzierungsrisiko bestünde. Dies würde viele Gesellschaften, die derzeit ohnehin unter der schwierigen Marktlage leiden, in erhebliche wirtschaftliche Probleme bringen. Denn hinzu kommt, das für die künftig vorgesehenen „Kapitalverwaltungsgesellschaften“ ein Antrag auf Neuzulassung zu stellen ist und die neuen Fonds dann zunächst durch die BaFin genehmigt werden müssten Dies könnte dazu führen, dass es für Initiatoren bis zu einem Jahr nicht möglich ist, Fonds aufzulegen.

Wie auch bei der Änderung von Steuergesetzen für Fonds üblich, sollte eine Regelung eingefügt werden, wonach Fonds, die vor Inkrafttreten des Gesetzes bereits in den Vertrieb gegangen sind, auch zu Ende vertrieben werden dürfen, bis das zu platzierende Eigenkapital vertrieben ist. Um einem Missbrauch vorzubeugen, könnte ergänzt werden, dass die Ausplatzierung bis spätestens zwölf Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes erfolgt sein muss.

Risikomischung, Mindestzeichnungssumme: In § 226 Abs. 1 wird eine Regelung zur Risikomischung getroffen. Der Publikums-AIF muss in mehrere Vermögensgegenstände (z. B. Immobilien) investieren, da für Publikumsfonds „der Grundsatz der Risikomischung“ gilt. Fonds mit einer Mindestzeichnungssumme ab 50.000 Euro können dabei auch nur in ein einziges Objekt investieren, müssen dann jedoch laut § 226 Abs. 2 im Verkaufsprospekt und in den Anlegerinformations-Blättern „an hervorgehobener Stelle auf das Ausfallrisiko mangels Risikomischung hinweisen“.

Beim geschlossenen Fonds steht das Objekt in der Regel bei Emission fest und muss schon „angebunden“ sein. Eine gleichzeitige Anbindung mehrerer attraktiver Objekte ist meist aus zeitlichen Gründen nicht möglich, da die Due Diligence unterschiedlich lange dauert und nur eine beschränkte Zahl von zueinander „passenden“ Objekten zum gleichen Zeitpunkt am Markt verfügbar ist. Sollte künftig der Zwang bestehen, mehrere Objekte gleichzeitig in einen Fonds einzubringen, würde dies die Qualität der Investments mit Sicherheit dramatisch verschlechtern. Denn die Initiatoren würden dann neben einem attraktiven Objekt (das als Aushängeschild nach außen vermarktet würde) weitere „Ladenhüter“ dazukaufen, bei denen kein starker Wettbewerb da ist, weil sie nicht so attraktiv oder zu teuer sind. Aus Gründen des Anlegerschutzes ist diese zu erwartende Wirkung nicht wünschenswert.

Faktisch werden durch die Neuregelung mit dem Mehr-Objekt-Gebot „Blindpools“ begünstigt. Auch diese zu erwartende Wirkung ist aus Gründen des Anlegerschutzes sicherlich nicht wünschenswert.

Private Anleger, die nicht mindestens 50.000 Euro zeichnen, hätten künftig nicht mehr die Möglichkeit, sich an großen, attraktiven Immobilien zu beteiligen, die oftmals besondere Renditechancen bringen. Denn solche Immobilien kosten oftmals mehrere 100 Mio. Euro. Müssten davon drei oder vier in einen Fonds gepackt werden, wäre er so groß, dass er niemals vertrieben werden könnte, weil kein Emissionshaus in Deutschland so vertriebsstark ist, dass es beispielsweise eine Milliarde Euro Eigenkapital einsammeln kann. Konsequenz: Es würden nur noch „kleinere“ Immobilien gekauft, und dem privaten Anleger wäre die Möglichkeit versperrt, sich an großen, attraktiven Trophy-Objekten zu beteiligen, welche dann ausschließlich institutionellen Investoren vorbehalten wären.

Nach meiner Erfahrung in der Fondsbranche – und dies sind nunmehr 16 Jahre – gibt es tatsächlich überhaupt keinen Zusammenhang zwischen der Zahl der in einem Fonds enthaltenen Immobilien und dem Erfolg eines Fonds. Fonds mit mehreren Objekten sind keineswegs weniger riskant als solche mit einem Objekt. Man muss nur in die Vergangenheit der Fondsbranche zurückschauen: Die größte Zahl der Immobilien pro Fonds befanden sich seinerzeit in den Angeboten der IBV, einer Tochter der Bankgesellschaft Berlin, die Ende der 90er Jahre sogar Marktführer für Beteiligungsmodelle war. Die Erfahrungen, die Anleger mit diesen Fonds machen mussten, waren bekanntlich ebenso bitter wie die mit den Dreiländerfonds oder vielen Falk-Fonds, die auch in mehrere Objekte investierten.

Mein Vorschlag: Der Gesetzgeber will Kleinanleger schützen, für die geschlossene Fonds kein geeignetes Vehikel sind. Warum man das will, verstehe ich zwar nicht ganz, denn jedermann kann eine einzelne, hochriskante Aktie für 100 oder 1000 Euro kaufen oder Anteile an hochriskanten Aktien-Investmentfonds kaufen, aber künftig soll er sich nicht mehr mit 49.000 Euro an einem Ein-Objekt-Fonds beteiligen können.

Man wird das Thema „Mindestzeichnungssumme“ jedoch leider wohl nicht gänzlich wegbekommen. Der vorliegende Entwurf könnte dann etwa in dem Sinn modifiziert werden, dass generell geschlossene Fonds mit einer geringeren Mindestzeichnungssumme als 15.000 oder 20.000 Euro untersagt werden, im Gegenzug dann jedoch bei allen Fonds, die oberhalb diese Grenze lägen, eine Investition in ein Objekt möglich wäre und die FK-Quote bis zu 55% betragen könnte.

Die Hürde von 50.000 Euro ist jedenfalls deutlich zu hoch. In der Praxis hieße dies, dass nur noch Millionäre in geschlossene Fonds investieren dürften. Denn aus Gründen der Portfoliomischung ist es sicher nicht ratsam, mehr als insgesamt 5-10% des Gesamtvermögens in einen geschlossenen Fonds zu investieren. Die Gefahr, dass solche Fonds dann aber doch an Anleger vertrieben werden, die z. B. nur über ein liquides Vermögen von 100.000 Euro verfügen, wäre zu hoch. Dies konterkariert auf Portfolioebene geradezu den Gedanken der Risikostreuung.

Fremdkapital-Obergrenze: § 227 Abs. 1 beschränkt die Fremdkapitalaufnahme bei Publikumsfonds auf maximal 30 Prozent. Hier wurde die analoge Regelung zur FK-Quote bei den offenen Immobilien-Publikumsfonds aus dem Investmentgesetz übernommen. Dort hatte der Gesetzgeber nach der Krise der offenen Fonds die bis dahin geltende Obergrenze für die FK-Aufnahme von 50% auf 30% gesenkt, und genau dies wird jetzt auch für geschlossene Fonds angewandt.

Die Begrenzung der Fremdkapitalquote ist – anders als die Mehr-Objekt-Regelung s. o. – grundsätzlich geeignet, das Risiko bei geschlossenen Fonds zu begrenzen. Ähnliche Regelungen gibt es z. B. auch für die sogenannten REITs, bei denen in Deutschland eine Begrenzung der Fremdmittelaufnahme auf maximal 55% vorgesehen ist. Auch in anderen Ländern gibt es entsprechende Beschränkungen, die meist zwischen 50 und 60 Prozent liegen. Eine Beschränkung der Fremdmittelaufnahme auf nur noch 30 Prozent gibt es dagegen in keinem Land für indirekte Immobilienanlagen.

Die Wirtschaftlichkeit von Immobilieninvestments würde durch die Begrenzung auf 30% FK massiv gemindert. Fonds, die heute eine Ausschüttung von 5,5% erzielen, könnten dann nur noch 4% erzielen und wären nicht mehr wettbewerbsfähig gegen andere Produkte – insbesondere, wenn die Zinsen irgendwann einmal wieder steigen.

Es ist auch nicht einzusehen, warum jeder Käufer einer Eigentumswohnung oder eines Hauses sogar 100% Fremdkapital aufnehmen darf, während bei indirekten Immobilieninvestments künftig nur noch 30% erlaubt sein sollen.

Keine Bank auf der ganzen Welt fordert Eigenmittel in Höhe von 70%, und dies wäre auch nicht sachgerecht. Die extrem restriktive Vorgabe von 30% entstammt – wie erwähnt – dem Investmentgesetz und galt dort für offene Immobilienfonds, an denen sich Anleger schon mit 50 Euro beteiligen konnten. Wenn künftig, wie hier vorgeschlagen, nur noch geschlossene Fonds mit einer Mindestzeichnungssumme von 15.000 oder 20.000 Euro zugelassen werden, entfällt die Notwendigkeit, nicht informierte Kleinstanleger in dieser extremen Weise zu schützen, da diese dann ja gar keine geschlossenen Fonds mehr erwerben dürften.

Alternativ zu der jetzt vorgeschlagenen Regelung könnte entweder die Fremdkapitalquote – wie im REIT-Gesetz – auf 55% beschränkt werden. Sinnvoller wäre eine Begrenzung auf maximal 65%, sodass mindestens ein Drittel Eigenkapital gefordert würde, was für jede konservative Finanzierung eines Einfamilienhauses oder eines Mietshauses ein guter Wert ist.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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