Was nun?

Erschienen am 14. Juli 2008

Der Zusammenbruch von IndyMac könnte der Vorbote weit schlimmerer Ereignisse sein. Welche Bank in den USA oder in Großbritannien wird die nächste sein? Anders als bei Investmentbanken, die von ausländischen Staatsfonds, von anderen Banken und vom Staat gerettet wurden, hat niemand IndyMac gerettet. Es wird Gerüchte über die Zahlungsfähigkeit von weiteren Banken geben. Bilder von Menschenschlangen, die ihre Gelder abziehen wollen, könnten zu einer Hysterie führen. Der Glaube, dass der Staat bzw. die Fed letztlich doch alles unter Kontrolle haben, könnte sich als Irrglaube erweisen. Vor etwa einem Jahr, in den IMMOBILIEN NEWS vom 20. August 2007, hatte ich gewarnt: „Zinssenkungen bedeuten ein Herumdoktern an Symptomen, das kurzfristig ebenso wirksam wie langfristig schädlich ist. Die Angst vor einem Bankenkrach heute wird die Ursache für einen noch viel größeren Bankenkrach morgen sein… Der Markt lässt sich kurzfristig immer wieder durch Staatseingriffe und Manipulationen der Notenbanken überlisten – langfristig setzt er sich jedoch umso kraftvoller durch, je mehr man ihn zuvor daran gehindert hat, selbst als Korrektiv für Ungleichgewichte zu sorgen.“

Wenn später einmal Bücher über die Ursachen für den Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems geschrieben werden, dann wird eines der wichtigsten und spannendsten Kapitel das über Fannie und Freddie sein. Fannie Mae und Freddie Mac sind nicht irgendwelche Immobilienfinanzierer. Sie sind weltweit die größten unter den Giganten und besitzen bzw. garantieren zusammen Hypothekenkredite mit einem unvorstellbaren Volumen von
5 Billionen USD. Das entspricht rund der Hälfte der Hypothekendarlehen in Amerika! Bei der Vergabe neuer Immobilienkredite in den USA besitzen beide Gesellschaften zusammen einen Marktanteil von 80%. Beide Gesellschaften stehen kurz vor dem Ruin – aber diesen Ruin wird es natürlich nicht geben, weil sonst der Finanz- und Immobilienmarkt in den USA komplett zusammenbrechen werden.

Also wird – wieder einmal – der Staat eingreifen. Ich vermute, beide Banken, die schon bislang mit Staatsgarantien gearbeitet haben, werden nun in der einen oder anderen Form faktisch oder auch formell verstaatlicht. Dabei war gerade die Staatsnähe der Banken eine Ursache für ihr Versagen. Wie grandios nicht selten gerade quasi staatliche Banken agieren, davon haben wir in Deutschland mit der IKB und den Landesbanken gerade ein Lehrstück vorgeführt bekommen. Staatliche Lösungen sind kurzfristig vielleicht unvermeidbar, aber langfristig werden sie dazu führen, dass sich die Probleme auf einer höheren Stufe kumulieren werden und zudem die Wirtschaft und das Finanzsystem massiv an Effizienz verlieren.

Der Kursverfall der beiden Aktien und auch die Reaktion an den Finanzmärkten insgesamt zeigen, dass viele Marktteilnehmer die Dramatik der Situation zumindest ansatzweise verstanden haben. Es bestätigt sich einmal mehr die an dieser Stelle immer wieder vertretene These, dass die Finanzmarktkrise längst nicht vorbei ist. Der steile Anstieg des Goldpreises in den letzten Tagen, zuletzt wieder auf 960 USD, ist ein weiterer Indikator für die Krisenangst.

Ich vermute, an diesem Montag werden die Aktienkurse weltweit einbrechen. Die in den USA und Europa eingeleitete Zinswende wird keinen Bestand haben, wenn es so weitergeht. Denn in dieser Situation können die FED und die EZB die Zinsen nicht weiter erhöhen, was sie jedoch an sich tun müssten, um die stark gestiegene Inflation zu bekämpfen. Also wird die Inflation ungebremst weitergehen.

Die Finanzkrise wird auch nicht ohne Auswirkungen auf die Realwirtschaft bleiben. Das wird beispielsweise Folgen für den Büromarkt haben – der Anstieg der Mieten ist damit zu Ende.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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