Auf der Titanic wird getanzt

Erschienen am 26. Januar 2015

Ein Freund von mir kam am Freitag strahlend zu mir und wollte „Danke“ sagen: „Ich bin in den letzten drei Wochen ohne etwas zu tun über 700.000 Euro reicher geworden.“ Warum? Weil er vor vielen Jahren nach Gesprächen mit mir nicht nur Berliner Zinshäuser gekauft hatte, sondern auch amerikanische Immobilien, Gold und Aktien. Wer US-Dollar besitzt, kann jeden Tag zusehen, wie er reicher wird. Allein in diesem Jahr ist der Euro schon um zehn Cent gefallen. Auch der Goldpreis legt (auf Eurobasis) seit Wochen massiv zu. Und der DAX erreicht ein Allzeithoch nach dem nächsten.

Wer also entsprechend investiert ist, darf sich freuen, so wie mein Freund. Ich freue mich auch. Doch eigentlich ist es eine Tragödie, die mich an den Untergang der Titanic erinnert, als – so wird berichtet – die Passagiere noch eine letzte Party feierten, bevor der Luxusdampfer unterging.

Wie geht es weiter mit dem Euro? In Griechenland werden Linksextremisten die Macht übernehmen. Die „Linke“ hat das in Berlin mit einer rauschenden Wahlparty gefeiert. Mehr als 50 Prozent der Griechen haben links- und rechtsextreme Parteien gewählt. Werden die Europäer einknicken und den Griechen, denen sie schon mehrfach Milliarden-Schulden erlassen haben, jetzt noch weiter entgegenkommen? Das wäre eine Katastrophe, weil es die Linksextremisten in anderen Ländern – etwa in Spanien – ermutigen würde. Das Signal an die Wähler in den von Jugendarbeitslosigkeit und Rezession geplagten südeuropäischen Ländern wäre: Wählt Linksextrem und ihr müsst nicht mehr sparen!

Das alles würde den Euro natürlich weiter massiv schwächen. Was heißt dies nun für Investoren? Meine – an dieser Stelle am 22. Oktober 2012 aufgestellte – Langfristprognose: „Der Euro wird nicht sein oder er wird schwach sein“ hat sich ebenso bewahrheitet wie meine schon vor vielen Jahren gegebene Empfehlung, neben Berliner Wohnimmobilien vor allem auf amerikanische Immobilien und auf Gold zu setzen.

Ich kann niemanden verstehen, den die Entwicklung des Euro-Kurses überrascht. Sicherlich, es ist fast unmöglich, kurzfristige Währungsentwicklungen vorauszusagen. Aber die langfristigen Auswirkungen der Euro-Rettungspolitik mussten jedem klar sein:

In den IMMOBILIEN NEWS vom 26.April 2010 (!) schrieb ich: „Mit Sicherheit erleben wir jedoch derzeit den Anfang vom Ende einer Währung, von der es vorübergehend so erscheinen konnte, als sei sie ähnlich stabil wie seinerzeit die D-Mark.“

Aus den IMMOBILIEN NEWS vom 10.Mai 2010: „Der Euro ist in Gefahr… Möglicherweise wird das Paket vorübergehend wirken und den Euro etwas stabilisieren. Mittel- und langfristig wird es ihn jedoch mit Sicherheit schwächen. Denn bei der Eurozone handelt es sich jetzt ganz offensichtlich um eine Transferunion, bei welcher die (relativ) stärkeren Staaten wie Deutschland ihre Haushalte weiter belasten, um Länder wie Griechenland und Portugal zu stützen.“

Versteht die deutsche Bundesregierung überhaupt den Ernst der Lage? Man reibt sich die Augen, wenn man sieht, womit sich die deutsche Regierung aktuell beschäftigt. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG berichtet, dass sich beispielsweise Andrea Nahles vordringlich derzeit mit einer neuen Arbeitsstättenverordnung befasst: Jeder Pausen- und Bereitschaftsraum muss ein Fenster haben; jeder Arbeitnehmer soll einen eigenen, abschließbaren Spind für seine Jacke bekommen. Das alles soll staatlich überwacht werden. Zudem soll jeder Arbeitgeber gezwungen werden, zu prüfen, ob auch die Home-Office-Arbeitsplätze seiner Angestellten staatlichen Vorgaben entsprechen. „Künftig soll jeder Arbeitgeber prüfen, ob der Schreibtisch daheim groß genug ist, damit der Arbeitnehmer auch die Handballen vor der Tastatur auflegen kann. Er soll kontrollieren, ob die Sonne blendet, ob es durch den Computer im Raum nicht zu warm ist, ob die Beleuchtung hell genug ist.“

Zwischen Russland und der Ukraine besteht Kriegsgefahr, Terroristen morden in Paris und drohen mit weiteren Anschlägen, die Zentralbank weiß sich nur noch mit einem Billionenprogramm zu helfen, zweistellige Arbeitslosenraten treiben die Jugendlichen in den südeuropäischen Ländern in die Verzweiflung und die extreme Linke übernimmt das Ruder in Griechenland. Und Frau Nahles arbeitet mit Hochdruck an ihrer „Arbeitsstättenverordnung“.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.