Frankreichs Lafontaine holt auf
Mélenchons linkes Irrsinns-Programm

Erschienen am 14. April 2017

In kurzer Zeit hat sich ein Linksradikaler bei den Umfragen auf einen der Top-Plätze bei den französischen Präsidentschaftswahlen vorgearbeitet. Sein Programm ist wirtschaftspolitischer Irrsinn.

Jean-Luc Mélenchon, in seiner Jugend ein Kader der trotzkistischen Organisation communiste internationaliste (OCI), ist seinen Überzeugungen immer treu geblieben. Den Sozialisten Hollande, der die Wahlen mit dem Versprechen einer 75%igen Reichensteuer gewann, kritisierte er als zu rechts. Als Kandidat der von ihm gegründeten Bewegung „La France Insoumise“ (das nicht unterworfene Frankreich) legte er in den letzten Wochen in der Vierergruppe der aussichtsreichen Bewerber am meisten zu.

Wirtschaftspolitischer Irrsinn
Frankreichs Wirtschaft leidet seit Jahren unter zu viel Staatseinfluss, zu viel Regulierung, zu wenig Markt. Mélenchon, der unter jungen Wählern nach Marine Le Pen beliebteste Kandidat, will Frankreich durch ein linksextremes Wirtschaftsprogramm heilen. Dessen Kernpunkte:

  • Obwohl Frankreich vor allem unter einem komplett verkrusteten Arbeitsmarkt leidet, will er die Regulierung sogar noch verschärfen, indem es kaum noch möglich sein soll, befristete Arbeitsverträge abzuschließen.
  • Der bezahlte Urlaub soll von 5 auf 6 Wochen erhöht werden.
  • Die Arbeitszeit soll weiter reduziert werden – in Richtung der 32-Stunden-Woche.
  • Das Renteneintrittsalter soll von 62 auf 60 Jahre gesenkt werden.
  • Die Gehälter von Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst sollen steigen.
  • Der Mindestlohn soll um 25% auf 1326 Euro erhöht werden.
  • 50 Milliarden Euro sollen in ein Programm „ökologischer Dringlichkeit“ investiert werden.
  • Besserverdienende, Vermögende und Unternehmen sollen deutlich stärker besteuert werden – mit einem Spitzensteuersatz bis zu 90%!
  • Die Gehälter von Spitzenverdienern sollen auf das Zwanzigfache des französischen Medianeinkommens, rund 400.000 Euro, gedeckelt werden.
  • Firmen, die Mitarbeiter aus wirtschaftlichen Gründen entlassen müssen, soll es verboten werden, an die Aktionäre Dividenden auszuschütten.
  • Der EZB soll es künftig erlaubt werden, Staatsschulden komplett aufzukaufen und ihr soll es verboten werden, irgendeinem EU-Mitglied den Geldhahn zuzudrehen.

Freund von Lafontaine und Varoufakis
In vielerlei Hinsicht erinnert das Programm an das der Linken in Deutschland. Mélenchon hatte schon 2015 gemeinsam mit Oskar Lafontaine und dem durch seine Lügen im deutschen Fernsehen bekannt gewordenen ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis einen „Plan für Europa“ veröffentlicht. Die drei Politiker vertreten ähnliche wirtschaftspolitische Ideen. Zudem bewundert Mélenchon das Venezuela des verstorbenen sozialistischen Staatschefs Hugo Chavez, obwohl das Land durch dessen Politik an den Rande des Ruins getrieben wurde.

In der Einwanderungspolitik vertritt Mélenchon ähnliche Positionen wie bei uns die Grünen. Die Umsetzung seines Programms würde in kurzer Zeit das wirtschaftlich sowieso kranke Frankreich in die Knie zwingen und die Währungsunion sprengen.

Frankreich ist in zwei Lager gespalten
Was die Wirtschaftspolitik anlangt, so ist Frankreich in zwei Lager gespalten – ein marktwirtschaftliches und ein etatistisches. Marine Le Pen und Mélenchon, die derzeit auf 22 bzw. 19 Prozent der Stimmen kämen, vertreten anti-marktwirtschaftliche Wirtschaftsprogramme, die die ökonomische Situation Frankreichs mit Sicherheit verschlechtern würden, aber die bei den traditionell extrem etatistisch und antikapitalistisch eingestellten Franzosen gut ankommen. Dagegen stehen der unabhängige Kandidat Macron und der Konservative Fillon für marktwirtschaftliche Reformen. Sie liegen derzeit bei 24 bzw. 20 Prozent der Stimmen.

Hoffnungsträger Macron
Mir gefällt das wirtschaftspolitische Programm von Fillon am besten. Er tritt für konsequente Wirtschaftsreformen an, wie sie seinerzeit Margaret Thatcher mit großem Erfolg in Großbritannien durchführte. Zunächst hatte der Überraschungssieger bei den Vorwahlen der Konservativen sogar ausgezeichnete Chancen, in die Stichwahl zu kommen. Doch durch eine Scheinbeschäftigungsaffäre hat Fillon massiv an Zustimmung verloren, so dass die Hoffnung der Marktwirtschaftler jetzt auf Macron ruht.
Macron war zwar früher Wirtschaftsminister im Kabinett des Sozialisten Hollande, doch den Sozialisten war er zunehmend ein Dorn im Auge. Er kritisierte treffend, mit Hollandes 75%-Reichensteuer werde Frankreich ein zweites Kuba – „nur ohne Sonne“. Und nachdem er im Mai 2016 eine Reihe von demonstrierenden Gewerkschaftern dafür kritisierte, dass sie nur ein T-Shirt trügen und meinte, sie sollten lieber arbeiten, um sich so einen Anzug leisten zu können, wie er ihn trüge, war er allen Linken endgültig ein Dorn im Auge.

Macron könnte für die französische Wirtschaft eine ähnlich positive Rolle spielen wie seinerzeit in Deutschland Gerhard Schröder. Vermutlich könnte er als Ex-„Sozialist“ sogar leichter solche Reformen umsetzen wie der Konservative Fillon. Es ist ein Hoffnungszeichen und eigentlich sogar eine politische Sensation, dass immerhin 44 Prozent (!) der traditionell so staatsgläubigen Franzosen heute für marktwirtschaftlich orientierte Kandidaten stimmen würden. Andererseits: Nur diese zwei von insgesamt elf Präsidentschaftskandidaten sind für die Marktwirtschaft.

Im Moment sieht es so aus, als ob Le Pen und Macron in der Stichwahl gegeneinander antreten werden, aber wie der rasante Aufstieg Mélenchons und der ebenso rasante Abstieg Fillons zeigen, sind Überraschungen in Frankreich durchaus möglich.


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Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.