Kann man mit Immobilien nichts verdienen?

Erschienen am 22. September 2014

Die Wertgrund-Studie fand breite Beachtung in den Medien. In einer Zeit, in der viele Menschen auf Immobilien setzen – auch angesichts fehlender Alternativen -, ist das kein Wunder.

Kein Wunder ist es auch, dass die Renditen, die viele Anleger mit vermieteten Eigentumswohnungen erzielen, sehr bescheiden ausfallen. Zu oft wurden „Unterdeckungsmodelle“ von Vertrieben verkauft, die zweistellige Provisionen kassierten (teilweise 20% und mehr) und vom ersten Tag der „Investition“ einen negativen Cashflow generierten. Und es rächen sich auch die steuerorientierten Investitionen vergangener Jahrzehnte, die den Anlegern selten eine Chance ließen, mit ihrer Immobilie auf einen grünen Zweig zu kommen.

Andererseits zeigen Untersuchungen des empirica-Institutes, dass Immobilieneigentümer im Alter etwa sechsmal so viel Vermögen besitzen wie Mieter. Steht das im Widerspruch zu den Befunden der aktuellen Studie? Nein. Der Hauptgrund ist, dass Immobilienbesitz zu einem disziplinierten Sparverhalten zwingt – und zwar unabhängig davon, ob man nun selbst darin wohnt oder die Wohnung vermietet.

Wer eine Immobilie besitzt, tilgt über Jahrzehnte hinweg Monat für Monat. Er wird damit jeden Monat etwas vermögender, und zwar selbst dann, wenn die Immobilie keine oder nur eine sehr geringe Rendite abwirft. Man mag einwenden, es gäbe renditestärkere Anlagen, und das stimmt auch. Aber was nützt es, dass z.B. ein Sparplan in Investmentfonds mehr bringt, wenn kaum ein Sparer psychologisch in der Lage ist, die Disziplin aufzubringen, unabhängig von der Entwicklung der Aktienkurse und unabhängig von der Entwicklung der persönlichen wirtschaftlichen Situation über Jahrzehnte Monat für Monat eine solche Sparleistung diszipliniert zu erbringen?

Der Kauf einer Eigentumswohnung oder eines Hauses kann also durchaus eine gute Entscheidung sein. Ich habe den Kauf keiner einzigen Wohnung, die ich in den vergangenen 18 Jahren erwarb, bereut – ganz im Gegenteil. Aber auf der anderen Seite gibt es, und auch dies sollte nicht übersehen werden, Hunderttausende Anleger, die extrem überteuerte Immobilien erworben haben, weil verantwortungslose Anbieter und Vertriebe abkassiert haben.

Die Alternative zum Direktinvestment? Indirekte Immobilienanlagen haben heute oft einen schlechten Ruf. Nie wurde so wenig in geschlossene Immobilienfonds investiert wie in den vergangenen Jahren. Hier rächt sich, dass es viele überteuerte Angebote gab und zahlreiche Angebote nicht das hielten, was sie versprachen. Es ist zu hoffen, dass die Regulierung durch die AIFM diese Probleme lindern wird und verhindert, dass Anleger mit dubiosen Dubai-Fonds und anderen Geldvernichtungsmodellen abgezockt werden.

Ich möchte jedoch auch hier hinzufügen: Ich selbst habe mit geschlossenen Immobilienfonds ausschließlich hervorragende Erfahrungen gemacht. Sie mögen einwenden, dass ich mich als Profi besser auskenne als der Durchschnittsanleger. Ja, richtig. Aber dies verweist auch auf die Verantwortung des Anlegers: Wer investiert, ohne sich ausreichend zu informieren, ohne Angebote zu prüfen, darf sich hinterher nicht über schlechte Ergebnisse wundern.

Leider gibt es viele Anleger, die eine vermietete Eigentumswohnung kaufen, ohne sie überhaupt vorher gesehen zu haben, obwohl das die mit Abstand größte Investition ihres Lebens ist. Beim Autokauf vergleichen sie, ziehen Freunde hinzu, die sich auskennen, und besichtigen selbstverständlich vorher das, was sie kaufen wollen. Beim Erwerb einer Eigentumswohnung handelten dagegen viele Anleger fahrlässig – und dies spiegelt sich natürlich später im Ergebnis wider.

Ich erinnere mich noch, als ich 1996 meine erste Eigentumswohnung erwarb, eine vermietete Eigentumswohnung (44 qm) in Potsdam. Das war ein Steuersparmodell (Altbaumodernisierung nach dem Fördergebietsgesetz), also eine Anlageart, bei der die Wahrscheinlichkeit, Geld zu verlieren, sehr hoch war.

Ich habe diese Wohnung bis heute. Sie stand nie länger als zwei Wochen leer. Es war ein gutes Investment, das ich nie bereuen musste. Ich verstand damals zwar kaum etwas von Immobilien, aber ich war sehr vorsichtig. Ich habe zahlreiche Angebote verglichen und bestand beispielsweise darauf, jedes Angebot persönlich zu besichtigen. Ich sprach sogar mit dem Mieter, der in einer Wohnung wohnte, die mir als Alternative zu dem Kauf in Potsdam angeboten worden war. Nach dem Gespräch entschied ich mich – zum Glück – dagegen.

Wie gesagt, damals verstand ich sehr wenig von Immobilien. Aber ich gebrauchte meinen gesunden Menschenverstand und stellte kritische Fragen. Ich erinnere mich noch heute, wie mir damals mein Steuerberater sagte: „Wenn jeder so kritisch wäre und so viele Fragen stellen würde, wie Sie, dann gäbe es nicht so viele enttäuschte Anleger.“ Übrigens verkaufte ich dem Steuerberater kurz darauf eine Wohnung im gleichen Haus: Ich war überzeugt davon und konnte auch ihn überzeugen.

Zurück zu der Wertgrund-Studie. Welche Folgerungen sollte der Anleger ziehen? Egal ob ich direkt oder indirekt investiere, ich muss mich sachkundig machen, Alternativen vergleichen, recherchieren, kritische Fragen stellen. Ob am Schluss ein Direktinvestment in eine Wohnung oder ein Mietshaus herauskommt oder ein geschlossener oder offener Immobilienfonds oder eine Immobilienaktie, das ist nicht so entscheidend: Denn in jedem dieser Segmente kann man gute und schlechte Investments machen.

Aber das gilt nicht nur für Immobilienanlagen, das gilt überall. Genau vor zehn Jahren habe ich Kapitallebensversicherungen abgeschlossen. Damals gab es noch den Vorteil der steuerfreien Auszahlung, und die Garantieverzinsung war deutlich attraktiver. Natürlich verstehe ich von Lebensversicherungen viel weniger als von Immobilien. Vergangene Woche fand ich jedoch in der Tageszeitung einen interessanten Vergleich über die Kenndaten verschiedener Versicherungen. Ich fand die Cosmos, für die ich mich damals entschied, mit Blick auf mehrere relevante Kenndaten (wie etwa die Abschlussgebühren) an sehr guter Position.

Auch damals habe ich das getan, was ich jedem Laien empfehle: Schauen Sie auf die Kosten eines Investments und befassen Sie sich mit dem Anbieter. Wer das tut, hat auch die Chance, mit Eigentumswohnungen Geld zu verdienen – oder mit geschlossenen oder offenen Immobilienfonds oder mit Aktienfonds. Nur eine Kapitallebensversicherung, die würde ich zugegebenermaßen heute nicht mehr kaufen, nachdem die Garantieverzinsung absolut unattraktiv ist und die Steuervorteile weggefallen sind.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.