Merkels fortschreitender Realitätsverlust

Erschienen am 14. Oktober 2016

Angela Merkel hat sich im Irrgarten von Utopien verfangen und leidet ganz offensichtlich unter fortschreitendem Realitätsverlust. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele – vom Elektroauto bis zur Afrikapolitik.

In drei Jahren 1 Million Elektroautos
Eines der Lieblingsprojekte von Merkel ist die Förderung von Elektroautos. Hier würde ihre Motivationsparole „Wir schaffen das!“ am besten passen. Denn sie hat sich wahrhaft große Ziele gesteckt – da würde selbst ein Motivationsguru wie Jürgen Höller erblassen: Bis zum Jahr 2020 sollen die Deutschen eine Million (!) Elektroautos kaufen. Bis dahin sind es nur noch drei Jahre und drei Monate. Seit 2002 haben die Deutschen jedoch nur 12.156 Elektroautos gekauft. Da konnte sich auch Merkel ausrechnen: Wenn das so weitergeht, werden wir das Ziel in diesem Jahrhundert nicht mehr erreichen. Weil die Bürger offenbar nicht so wollen wie Merkel, werden inzwischen sehr großzügige Prämien für Elektroautos gewährt, auf Kosten aller Steuerzahler. Die Deutschen wollen aber immer noch nicht so wie die Kanzlerin, denn auch nach Einführung verschwenderischer Subventionen gibt es nur 2700 Anträge (!) auf Prämien für Elektroautos. Merkel hält jedoch unverdrossen an ihrem Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 fest. Und der Bundesrat setzt noch eins obendrauf und beschließt, dass ab 2030 überhaupt keine Benzin- und Dieselfahrzeuge mehr zugelassen werden sollen. Merkel steht mit ihren Utopien offenbar nicht alleine. Aber wer wollte schon verzagen, wenn es doch bei dem Projekt um nichts Geringeres geht als um die Rettung der ganzen Welt vor der ultimativen Klimakatastrophe.

Flüchtlingskrise: Alle sollen Merkel folgen
In der Flüchtlingskrise hatte sich Merkel im Jahre 2015 vorgenommen, die anderen europäischen Länder auf ihren Kurs der grenzenlosen Willkommenskultur einzuschwören und dies als Ziel klar verkündet. Auch die Vorstellung, dass ihr das gelinge könne, war Zeichen eines dramatischen Realitätsverlustes. Geschehen ist bekanntlich genau das Gegenteil. Alle ehemaligen Verbündeten von Merkel rückten von ihr ab. Heute steht sie alleine da und hat Deutschland in Europa isoliert. Und Deutschland muss sich inzwischen an den Kurs von Österreich anpassen, das wiederum schon lange von der ursprünglichen Merkel-Gefolgschaft abgerückt ist.

245 Milliarden für die Griechenland-Rettung
Die Griechenland-Rettung, ein anderes großes Projekt von Merkel, währt seit Jahren. Griechenland kommt nicht auf die Beine, obwohl sich die in den vergangenen Jahren überwiesenen Notkredite und Hilfen inzwischen bereits auf rund 245 Milliarden Euro (!!!) summieren. Merkel hält mit ganz wenigen Getreuen an der realitätsfernen Illusion fest, die Griechen würden irgendwann ihre Schulden zurückzahlen – deshalb wird ein Schulenschnitt konsequent abgelehnt. An der Lösung der griechischen Krise haben sich Deutschland und alle europäischen Länder die Zähne ausgebissen. Dabei ist Griechenland ein sehr kleines Land mit nur 11 Millionen Einwohnern. Das sind etwa so viele Einwohner wie Baden-Württemberg hat. Nachdem die Griechenland-Rettung offensichtlich gescheitert ist, will Merkel es nun eine Nummer größer. Ihr nächster Plan lautet die Rettung von Afrika – dort leben 100mal mehr Menschen als in Griechenland, nämlich 1,2 Milliarden.

Afrika-Politik: Jetzt retten wir mal einen Kontinent
Merkel meinte in einem Interview mit der Wochenzeitung DIE ZEIT, sie sei „überzeugt, dass unsere Sicherheit, unser Leben in Frieden und unsere nachhaltige Entwicklung mit der Lebenssituation von Menschen, die weit weg von uns wohnen, zusammenhängen“. Ihr Amtseid beziehe sich auf das Wohl Deutschlands, dieses sei aber heute „allein mit der Konzentration auf Deutschland selbst dauerhaft nicht zu erreichen“. „Wenn ich als deutsche Bundeskanzlerin dafür sorgen will, dass es uns Deutschen gut geht, dass die Europäische Union zusammenhält, muss ich mich auch darum kümmern, dass es in Europas Nachbarschaft so zugeht, dass Menschen dort Heimat auch als Heimat empfinden können. Konkret heißt das in unserer Zeit, dass wir uns in neuer Weise mit Afrika befassen müssen.“ Durch Entwicklungshilfe soll die Situation der Menschen in Afrika so weit verbessert werden, dass sie keinen Grund mehr haben, sich auf den Weg nach Europa zu machen, so Merkel.

Postfaktisch? Ein Fall von Projektion
Das sind nur vier von vielen Beispielen für einen fortschreitenden Realitätsverlust unserer Bundeskanzlerin. Merkel unterstellt ihren Kritikern, sie lebten in einem „postfaktischen Zeitalter“, in dem Fakten nicht mehr zählen. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um einen klassischen Fall von Projektion, wie wir ihn aus der Psychologie kennen. Projektion, so heißt es in einem Psychologielexikon, ist ein zentraler Abwehrmechanismus, das unbewusste Übertragen von Affekten und Impulsen auf ein Gegenüber. Anteile des eigenen Selbst werden in einer mit Affekten und Wünschen einhergehenden Interaktion dem Interaktionspartner unterstellt – in der festen Überzeugung, dieser sei so, wie man ihn wahrnehme.


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Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.