„Mietspiegelrecht“ 4 + x-Regelung – fällt die CDU auch hier um?

Erschienen am 16. Februar 2015

Die Mietpreisbremse ist beschlossen und wird voraussichtlich im Mai oder Juni in Kraft treten. Mit Hochdruck wird jedoch schon jetzt im Bundesjustizministerium an einem zweiten Vorhaben gearbeitet, das im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist, am neuen Mietspiegelrecht. Im Koalitionsvertrag hieß es: „Wir sorgen dafür, dass im Mietspiegel die ortsübliche Vergleichsmiete auf eine breitere Basis und realitätsnäher dargestellt wird.“

Bisher wird laut § 558, Abs. 2 BGB die ortsübliche Vergleichsmiete aus den „üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder vergleichbaren Gemeinden für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart worden sind“, ermittelt. Das soll nun geändert werden.

Worum geht es? Die „ortsübliche Vergleichsmiete“, die bisher ja bei der Neuvermietung keine Rolle spielt, wird künftig zur zentralen Bemessungsgrundlage. Deshalb ist es sinnvoll, dass zwei Dinge geregelt werden:

  1. Eine Pflicht zur Erstellung von Mietspiegeln überall dort, wo die Mietpreisbremse gelten soll.
  2. Ein Gesetz, das verbindlich regelt, nach welchen Methoden die Mietspiegel erstellt werden sollen.

Beim zweiten Punkt gehen die Meinungen, wie das geschehen soll, jedoch sehr weit auseinander: Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Dr. Rips, erklärte dazu bei der BERLINER IMMOBILIENRUNDE vor einer Woche: Ihm wäre es am liebsten, wenn nicht nur die Mietverträge der letzten vier Jahre, sondern alle Mietverträge (also auch solche, die z.B. vor 20 Jahren abgeschlossen wurden) einbezogen würden. Wenn dies jedoch nicht durchsetzbar sei, sollten die Neuabschlüsse der letzten fünf bis zehn Jahre künftig in den Mietspiegel einfließen. Der oben zitierte Paragraf 558, Abs. 2 BGB soll entsprechend geändert werden.

Die SPD hat sich – wie immer – der Forderung des Mieterbundes angeschlossen. Doch was ist mit der CDU/CSU? Bisher wurde von der Union Ablehnung signalisiert: „Ohne uns“, so hieß es bisher (!) zu dieser geplanten „4 + x“-Regelung. Der wohnungspolitischer Sprecher der Union, Dr. Jan-Marco Luczak bezeichnete bei der BERLINER IMMOBILIENRUNDE völlig zu Recht den Beschluss über die Mietpreisbremse als „Blankoscheck“, da die Art und Weise, wie die Mietspiegel zu erstellen sind, erst danach, also in einem zweiten Gesetz über das Mietspiegelrecht beschlossen werden soll.

Doch vieles spricht dafür, dass die CDU auch hier wieder umfallen und sich den SPD-Positionen anschließen wird: Insgesamt vier Mal fragte ich als Moderator Dr. Luczak von der CDU, ob nach wie vor gelte, dass es eine 4+x-Regelung mit seiner Partei nicht geben werde. Vier Mal wich Luczak charmant und mit vielen Worten aus. Ja, er halte 4+x nicht für sinnvoll, aber, aber… Auf die Zusage, dass die CDU die von Mieterbund und SPD geforderte 4+x-Regelung nicht mittragen werde, wollte er sich auf gar keinen Fall festnageln lassen. Und da Luczak zu den vernünftig denkenden Politikern in der CDU/CSU gehört, befürchte ich: Die CDU plant schon jetzt, auf die SPD-Linie einzuschwenken. Vielleicht werden es dann nicht 10 Jahre, sondern 7 – und die Union wird das dann als Erfolg eines heroischen Kampfes verkaufen…

Wie geht es weiter? Bislang dachten wir, die Große Koalition werde das neue Mietspiegelrecht nicht mehr in dieser Legislaturperiode auf den Weg bringen. Jetzt kommt aber Geschwindigkeit herein. Ja, so erfuhren die Teilnehmer der BERLINER IMMOBILIENRUNDE, alles sei schon in der Vorbereitung. Sobald die Mietpreisbremse (also der „Blankoscheck“) verabschiedet ist, gehe es weiter mit dem zweiten Gesetz. Auch das Bundesjustizministerium bestätigt auf Anfrage, dass ein entsprechendes zweites Gesetz zum Mietpreisspiegel schon in der Vorbereitung ist.

Sprengstoff wird oft so gezündet, dass in zwei getrennten Kapseln Stoffe enthalten sind, die, wenn man die Barriere zwischen ihnen beseitigt, erst die brisante Mischung ergeben, die dann eine gewaltige Explosion erzeugt. So ist es mit der Mietpreisbremse und dem Mietspiegelrecht 4+x. Zusammengenommen ergibt sich daraus die Wirkung, dass die Mietentwicklung nicht mehr nur verlangsamt wird, sondern dass sich im Laufe der Zeit eine Dynamik sinkender Mieten ergibt. Denn wenn beispielsweise die Daten der Mietverträge, die vor zehn Jahren geschlossen wurden, künftig für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit herangezogen werden sollen, dann wird die ortsübliche Vergleichsmiete, welche wiederum der zentrale Bezugspunkt bei der Mietpreisbremse ist, logischerweise sinken.

Eigentlich sollten Mietpreisspiegel die Realität des aktuellen Mietmarktes widerspiegeln. Das haben sie schon in der Vergangenheit nicht richtig geleistet. Doch statt diesen Fehler zu reparieren, was dringend notwendig wäre, wird er jetzt konsequent zum System erhoben.

Die Mietpreisbremse ist nicht mehr zu verhindern. Aber alle Verbände der Immobilienwirtschaft und alle Immobilieneigentümer sollten jetzt auf die Barrikaden gehen und Druck bei der CDU machen, dass sie nicht auch beim Mietspiegelrecht umfällt. „4 + x“ darf es nicht geben.

Noch etwas: Außer dem Mietpreisspiegelgesetz soll auch die derzeitige Regelung zur Höhe der Modernisierungsumlage geändert werden. Bislang beträgt diese bekanntlich 11%. Ursprünglich lauteten die Pläne, sie solle auf 10% herabgesetzt werden und zugleich solle die Dauer auf die Zeit der Amortisation begrenzt werden. Da das nicht praktikabel ist, fordert der Mieterbund nun, die Umlage auf 6-7% zu senken, was die Wirtschaftlichkeit von Modernisierungen natürlich erheblich bremsen würde. Wetten, die SPD schließt sich dem an?

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.