Pläne für Mietspiegel-Manipulationsgesetz schocken die Wohnungswirtschaft – was tun?

Erschienen am 3. Dezember 2015

Die Immobilienbranche ist geschockt von den Plänen der Koalition zur Mietrechtsreform Teil II, deren wesentlicher Kern die politische Manipulation der Mietspiegel ist. Mich rief der Vorstand eines sehr großen Wohnungsunternehmens vor einigen Tagen an: „Wir haben das ausgerechnet, die Folgen sind dramatisch“.

Öffentlich sagt man das kaum oder nur leise. Der Grund ist klar: Börsennotierte Wohnungsgesellschaften oder Fonds wollen ihre Investoren nicht verunsichern. Deshalb spielen sie öffentlich die Auswirkungen herunter. Das ist verständlich, führt aber bei Politik und Medien zu dem fatalen Eindruck, die Auswirkungen seien gar nicht so schlimm.

Doch ich merke, dass die Pläne zur Ausweitung der Mietspiegel auf 10 Jahre ernster genommen werden als seinerzeit die Mietpreisbremse. Vor Inkrafttreten der Mietpreisbremse erklärten mir die meisten Marktteilnehmer, sie glaubten nicht daran, dass die Pläne wirklich umgesetzt würden. Zweckoptimismus und Verdrängung waren die vorherrschenden Reaktionen. Inzwischen hat man jedoch gelernt, dass die Politik es leider bitterernst meint und keinerlei Hemmungen hat, gegen Immobilieneigentümer vorzugehen. Und wir haben leider auch gesehen, dass von der CDU nur verbaler Widerstand zu erwarten ist, sie aber am Ende doch alles durchwinkt. In Wahrheit bestimmt in Deutschland allein der Mieterbund die Mietengesetzgebung.

Die Projektentwickler, die Neubauwohnungen entwickeln, sollten sich nicht damit beruhigen, dass der Neubau von der Mietpreisbremse ausgenommen wurde. Wenn die Mieten im Bestand durch die geplante Manipulation der Mietspiegel gedrückt werden, dann werden in einigen Jahren die Mieter aus den Neubauwohnungen ausziehen und in Bestandswohnungen umziehen, wo sie billig anmieten können. Zudem halte ich es für wahrscheinlich, dass die Politik in der nächsten Legislaturperiode das Gesetz ändern und dann auch die neu errichteten Wohnungen, die jetzt noch von der Mietpreisbremse ausgenommen sind, im Nachhinein einbeziehen wird. Das wäre nichts Neues: Auch in der Vergangenheit hat die Politik immer wieder zunächst den Wohnungsbau durch Steuervorteile angelockt, und wenn die Investoren dann ihre Schuldigkeit getan und investiert hatten, wurden ihnen die Steuervorteile rückwirkend wieder weggenommen.

Was tun? Die üblichen Proteste, Presseerklärungen und Hintergrundgespräche werden nichts bewirken. Ich verstehe die Branche nicht: Wir sind eine der stärksten und wichtigsten Branchen in Deutschland. Warum gelingt es unserer Branche nicht, mehr zu bewirken? Wir müssen lernen von Greenpeace, von Klimagegnern, Olympiagegnern usw. Die verstehen es, mit viel Fantasie Aufmerksamkeit zu erregen und Dinge zu bewegen. Sie produzieren Bilder für die Medien. Sie gehen auf die Straße. Sie entwickeln vielfältige Formen des zivilen Ungehorsams. Oder ketten sich irgendwo an. Rollen riesige Transparente aus. Sammeln Unterschriften usw.usf. Und unsere Branche begnügt sich bisher damit, ritualisiert ihre „ernsten Bedenken“ anzumelden, was die Politik jedoch überhaupt nicht beeindruckt.

Die Verbände tun, was sie tun können. Aber jedes einzelne Unternehmen in der Branche ist gefordert, Initiative zu zeigen, Ideen zu entwickeln. „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt“ – dieser Spruch von linken Protestgruppen sollte auch das Motto unserer Branche werden.

Die Immobilienwirtschaft hat allen Grund zum Selbstbewusstsein: Derzeit sind laut bulwiengesa in Deutschland allein 112 Milliarden Euro im Wohnungssegment under development! Während die Politik nur mit Ideen glänzt, wie man Investoren verärgern kann, ist es doch unsere Branche, die Wohnraum neu schafft, modernisiert, bewirtschaftet.

Ein Experiment immer wieder in der gleichen Anordnung durchzuführen und dennoch ein anderes Ergebnis zu erwarten, sei eine Form von Geisteskrankheit, so hat Albert Einstein einmal gesagt. Um es höflicher zu sagen: Wer immer wieder in der gleichen Weise reagiert und dennoch andere Ergebnisse erwartet, ist schon ziemlich weltfremd. Wenn die Branche auf die Pläne zum Mietspiegel-Manipulationsgesetz so reagiert wie sie in der Vergangenheit auf all die Zumutungen der Politik reagiert hat, dann wird nichts anderes herauskommen als früher.


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Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.