Die Katze ist aus dem Sack: Auch die CDU fordert „Mietbremse bei Neuvermietungen“

Erschienen am 3. Juni 2013

Erinnern Sie sich? In der Koalitionsvereinbarung zwischen Union und FDP vor vier Jahren standen viele nette, schmeichelhafte Worte für die Immobilienwirtschaft und viele Branchenvertreter freuten sich damals wie kleine Kinder. Stolz ließen sie sich mit CDU-Politikern auf Verbandstagen fotografieren und die fanden auf diesen Verbandstagen stets markige Worte für Eigentum und Markt und alle klatschten artig.

Und was ist wirklich geschehen? Außer einem lächerlichen 3-Monats-Verbot der Mietminderung bei energetischen Sanierungen ist nichts geschehen. Die letzte Maßnahme war die Schaffung der gesetzlichen Möglichkeit für eine weitere Reduktion der Kappungsgrenze. Und wie endet die Legislaturperiode? Mit einem klaren Bekenntnis von Merkel, Kauder und Ramsauer für eine „Mietpreisbremse“ auch bei Wiedervermietungen, die sie sich von der SPD abgeschaut haben – wie so vieles andere auch.

Das HANDELSBLATT berichtet am 31. Mai: „Gegen steigende Mieten will Merkel auch etwas unternehmen. Entgegen der bisherigen Linie, über Anreize mehr Wohnraum zu schaffen, versprach sie eine ‚Mietpreisbremse‘ bei Neuvermietungen. Im Wahlprogramm werde stehen, ‚dass Vermieter bei Neuvermietung nur begrenzt die Miete erhöhen dürfen‘, sagte Merkel.“ Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte am 31. Mai in der SCHWÄBISCHEN ZEITUNG, er sei dafür „eine Mietpreisbremse für Neuvermietungen im Altbestand“ einzuführen und dies ins Wahlprogramm der CDU aufzunehmen. In der FAZ vom 1.Juni heißt es: „Die CSU stellte sich am Freitag nicht gegen Merkels Ankündigung. Bundesbauminister Peter Ramsauer ließ sich zwar mit den Worten zitieren: ‚Eine Mietpreisbremse darf nicht so ausgestaltet sein, dass sie den Neubau abwürgt‘. Man könne sich aber Konstruktionen vorstellen, die eine Ankurbelung der Neubautätigkeit nicht behinderten.“

Das ist natürlich nur ein Trick, übrigens der gleiche Trick wie bei der SPD: Nachdem auch die SPD einsehen musste, dass die ursprünglich geforderte allgemeine und umfassende Begrenzung der Miethöhe bei Neuvermietungen auf eine Höhe maximal 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete den sofortigen Stopp jeglichen Neubaus bedeutet hätte, haben SPD und CDU die Idee der „Mietpreisbremse“ nunmehr modifiziert: Die Mietgrenze bei „Wiedervermietung“ soll „nur“ im Bestand gelten, nicht beim Neubau. Für wie naiv und kurzsichtig hält man denn die Branche? Erst soll neu gebaut werden, und wenn aus dem Neubau ein Bestand geworden ist, werden die Mieten auf alle Zeiten eingefroren. Immobilieninvestoren, das haben die Politiker anscheinend vergessen, denken in der Regel langfristig.

Wen wundert es, dass die CDU jetzt die SPD-Forderungen übernimmt? Mich jedenfalls nicht. Ich habe schon mehrfach, so etwa in der vorletzten Ausgabe der IMMOBILIEN NEWS, vorausgesagt, dass auch eine Große Koalition die Mieten bei Neuvermietungen begrenzen wird.

Angela Merkel fühlt sich besonders clever, weil sie den Sozialdemokraten, Grünen und Linken alle Themen wegnimmt, indem sie selbst deren Positionen übernimmt: Der Atomausstieg, ursprünglich eine grüne Idee, wurde von Angela Merkel verwirklicht. Der Mindestlohn, zunächst eine Idee der Linken und dann auch der SPD, wird jetzt auch im Wahlprogramm der CDU stehen.

Wer selbst keine Überzeugungen hat und alles andere dem Machterhalt unterordnet, dem fällt es leicht, dem politischen Konkurrenten das Leben schwer zu machen, indem man einfach dessen Politik und Forderungen kopiert. Die CDU ist leider längst zu einer sozialdemokratischen Partei geworden. Zwar gibt es unter den Mitgliedern immer noch aufrechte Wirtschaftsliberale und Konservative, doch sie sind zu einer einflusslosen Minderheit in der Union geworden – wie auch in der gesamten Gesellschaft.

Wie die Begrenzung bei der Neuvermietung genau aussehen soll, bleibt im Unklaren. Die SPD fordert, dass die Miete bei Wiedervermietungen nur noch 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen soll. Allerdings, so heißt es in dem SPD-Papier „Bündnis für moderne Städte und bezahlbaren Wohnraum“: „Ausgenommen davon bleiben Erstvermietungen, denn wir wollen, dass mehr Wohnungen gebaut werden…“ Was nützt es jedoch, wenn man bei der Erstvermietung die Miete frei aushandeln darf und sobald der Mieter auszieht (also bei der Zweitvermietung) unterliegt man dann der Mietbegrenzung? Und was heißt es, wenn Kauder von der CDU sagt, die Mietpreisbremse solle nur bei „Neuvermietungen im Altbestand“ gelten? Jeder Neubestand wird irgendwann zum Altbestand.

Was die Parteien genau wollen, bleibt unklar. Wir werden es erst dann wissen, wenn ein Gesetzentwurf vorliegt. Ich warne jedoch davor, zu glauben, dies sei bloße Wahlkampfrhetorik, der nach den Wahlen keine Taten folgen werden. Ich bleibe bei meiner Prognose: In jeder möglichen Regierungskonstellation (außer bei der eher unwahrscheinlichen Fortsetzung der jetzigen schwarz-gelben Koalition) wird es eine Begrenzung der Mieterhöhungsmöglichkeiten auch bei Neuvermietungen geben.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.