Mehr Mut zur Wahrheit

Erschienen am 11. Februar 2013

Es ist gerade einmal fünf Jahre her, dass die Branche der geschlossenen Fonds 12,7 Milliarden Euro Eigenkapital platzierte, und zwar fast ausschließlich bei Privatanlegern. Im vergangenen Jahr wurden bei Privatanlegern laut VGF nur noch etwa 3,1 Milliarden Euro platziert.

Wie ist es möglich, den negativen Trend zu brechen? Die wichtigste Voraussetzung wäre, dass man in der Branche mehr Mut zur Wahrheit hat. Mut zur Wahrheit heißt, die wahren Ursachen für die Krise anzuerkennen und richtige Folgerungen daraus zu ziehen.

Die Erklärungen, die man für die Dauerkrise bemüht, überzeugen nicht.

Die erste Erklärung lautet: „Anleger haben nach der Finanzkrise Angst, langfristige Investments zu tätigen.“ Da ist etwas Wahres dran, aber trotzdem überzeugt diese Erklärung nicht so richtig. Denn niemals waren Direktinvestments in Immobilien – Eigentumswohnungen und Zinshäuser – beliebter als heute. Den Verkäufern werden diese Anlagen aus den Händen gerissen, obwohl die Preise ständig steigen. Und sie steigen ständig, weil die Nachfrage größer ist als das Angebot. Dabei sind Anleger bereit, zweistellige Transaktionskosten zu akzeptieren. Die Furcht vor langfristigen und wenig fungiblen Investments kann also als Erklärung für die Krise der geschlossenen Fonds allenfalls teilweise überzeugen.

Die zweite Erklärung lautet: „Anleger sind wegen der Finanz- und Eurokrise risikoavers und legen ihr Geld lieber aufs Sparbuch oder in andere vermeintlich ‚sichere‘ Anlagen.“ Diese Erklärung war vor einigen Jahren richtig, aber sie überzeugt inzwischen nicht mehr. Denn die Nachfrage nach Aktienfonds oder auch nach anderen riskanten Anlagen – wie etwa nach Mittelstandsanleihen – ist so hoch wie lange nicht mehr. Weltweit wurden Anfang Januar sogar mehr Aktienfonds verkauft als zum Höhepunkt der Interneteuphorie Anfang 2000 und auch in Deutschland ist die Nachfrage so groß wie seit vielen Jahren nicht mehr. Anleger sind also längst nicht mehr so risikoscheu wie sie es auf dem Höhepunkt von Finanz- und Eurokrise waren.

Die Branche sollte sich eingestehen, dass der eigentliche Grund für den massiven Vertrauensschwund bei den Anlegern darin besteht, dass zu viele Anleger und Vertriebe negative Erfahrungen mit geschlossenen Fonds gesammelt haben – und dies nicht erst in den letzten Jahren. Von den Top-Ten-Initiatoren, die den Markt Ende der 90er Jahre dominierten, sind heute nur noch drei aktiv, nämlich Jamestown, die damalige Deutsche Grundbesitz (heute DWS) und die damalige CFB (heute Commerz Real). Die anderen sieben haben ihr Geschäft eingestellt und die Anleger haben überwiegend Geld verloren.

Schaut man sich die Top-Ten-Liste vom Ende der neunziger Jahre an, dann findet man dort Unternehmen wie Banghard oder Falk, deren Namensgeber zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Man findet unter den Top-Ten-Initiatoren Unternehmen wie die IBV, Kapital-Consult und Fundus, die mit tausenden Anlegerklagen überzogen wurden und deren Anleger sich heute ebenfalls wünschen, sie hätten niemals dort investiert. Leider waren die Erfahrungen vieler Anleger auch in jüngeren Jahren mit vielen Fondsgattungen nicht besser – seien es Medienfonds, Schiffsfonds oder US-Lebensversicherungs-fonds.

Dass das Image geschlossener Fonds nicht so ist, wie die Branche es sich wünscht, ist also nicht das Ergebnis einer Verschwörung von bösen Journalisten, sondern hat durchaus Gründe, die Anlass für eine selbstkritische Reflexion sein sollten.

Stattdessen hat die Branche sich für eine andere Strategie entschieden: Statt Glaubwürdigkeit durch Ehrlichkeit zu gewinnen, hat sie Anleger und Vertriebe veräppelt, indem sie den geschlossenen Fonds als „kleines Wirtschaftswunder“ verkauft hat. Diese Kampagne hat nichts anderes bewirkt als zahlreiche weitere kritische Presseartikel über geschlossene Fonds und Verdruss bei den Vertrieben.

Zur Ehrlichkeit gehört auch, dass man nicht länger versucht, Anleger, Vertriebe und Öffentlichkeit mit methodisch unhaltbaren „Analysen“ davon zu überzeugen, dass – so eine im vergangenen Jahr veröffentlichte „Studie“ des VGF – angeblich 82 Prozent der geschlossenen Fonds einen „Vermögenszuwachs“ beschert hätten.

Wer denjenigen, die ein einseitiges, undifferenziert negatives Bild des Produktes „geschlossener Fonds“ zeichnen, ein ebenso undifferenziertes und unzutreffendes positives Bild entgegensetzt, bewirkt damit nicht das, was er will. Er bewirkt leider genau das Gegenteil des Intendierten. Eine welke Blume wird nicht dadurch wieder gesund, dass man sie grün anstreicht.

Die Branche tröstete sich auch damit, dass künftig das institutionelle Geschäft stärker zulegen werde. Schaut man sich die VGF-Zahlen von diesem und auch vom vergangenen Jahr an, dann wird jedoch deutlich, dass dies nur sehr wenigen Anbietern in großem Stil gelingt, die eine hohe Asset-Kompetenz haben – so wie beispielsweise IVG, Jamestown, Real.I.S., Commerz Real, Signa, KGAL und LHI. Diese Unternehmen haben sogar noch deutlich mehr Eigenkapital bei institutionellen Investoren eingesammelt, als man es der VGF-Statistik entnehmen kann, – nur eben teilweise mit anderen Vehikeln, die in dieser Statistik nicht erfasst sind. Wer aber keinen vernünftigen Track record aufweist und wessen Kompetenz in der Vergangenheit eher im Produzieren von schönen Prospekten und Marketing-Storys für Privatanleger lag als im Asset-Management, der wird auch künftig bei institutionellen Investoren keinen Blumentopf gewinnen.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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