Warum es keine Hoffnung für Griechenland gibt

Erschienen am 16. März 2015

Griechenland hat wirtschaftlich keine Zukunft, die es seinen Bürgern ermöglichen würde, einen Lebensstandard zu halten, der mit anderen europäischen Ländern vergleichbar wäre. Es fehlt an allem, was notwendig wäre:

  • Es gibt keinerlei Innovationskraft in Griechenland. Unter 142 Ökonomien schaffte es Griechenland schon 2013 hinter Uruguay, Mauritius und Serbien nur auf Platz 55. Die fehlende Innovationskraft zeigt sich an vielen Beispielen, u.a. auch daran, dass es so gut wie keine Erfindungen und Patentanmeldungen aus Griechenland gibt. 2012 meldete Deutschland 46.620 Patente an, aus Griechenland gab es 628 (!!) Anmeldungen.
  • Die Amerikaner haben Apple, Amazon, Facebook, Google, Microsoft, IBM usw. Die Deutschen haben Mercedes, VW, BMW und einen starken Maschinenbau. Japaner sind stark bei Autos, Elektronik usw. Welche Firmen und Produkte, die eine Bereicherung für den Weltmarkt wären, haben die Griechen? An der griechischen Börse dominierten stets die Banken (die jedoch fast alle faktisch pleite sind), ein Getränkeabfüller und ein Anbieter von Lotto- und Sportwetten.
  • Es fehlt in Griechenland an einem funktionierenden Staatswesen, wozu beispielsweise eine arbeitsfähige Finanzverwaltung gehört. In Griechenlands Finanzämtern stapeln sich Türme von unbearbeiteten Papierakten aus vielen, vielen Jahren. Da hilft es auch nicht, wenn die griechische Regierung nun als „Reform“ vorschlägt, dass Touristen bei der Fahndung nach Steuersündern helfen. Von einem modernen Staatswesen ist Griechenland sehr weit entfernt.
  • Die demografische Situation ist verheerend. Auf 10.000 Einwohner kommen 88 Geburten und 110 Sterbefälle. Und 50 weitere Einwohner (vor allem junge Talente) wandern aus. Die jungen Menschen, die in den südeuropäischen Staaten (nicht nur in Griechenland) keinerlei Chance haben, weil das Arbeitsrecht und die Gewerkschaften einseitig die älteren Arbeitsplatzbesitzer schützen, wandern lieber aus – beispielsweise nach Deutschland.
  • Es fehlt in Griechenland vor allem auch an einer „ökonomischen Kultur“, in welcher die Menschen den Wert von Marktwirtschaft und Unternehmertum verstehen.

Griechenland könnte vielleicht (!) wieder auf die Beine kommen, wenn konsequente marktwirtschaftliche Reformen durchgeführt und attraktive Rahmenbedingungen für Investoren geschaffen würden. Vielleicht. Wenn dazu noch gute Ideen für Unternehmen mit attraktiven Geschäftsmodellen kämen. Aber all das gibt es nicht.

Ganz am Anfang müsste die bittere Einsicht der Griechen stehen, dass sie selbst – und nicht die Deutschen – schuld an ihren Problemen sind. Ich halte auch gar nichts davon, zwischen den griechischen Bürgern und ihrer Regierung zu unterscheiden, auch wenn sich das gut und mitfühlend anhört. In demokratischen Ländern sind die Bürger selbst schuld, wenn sie eine schlechte Regierung gewählt haben. Sie sind dann auch für die Konsequenzen verantwortlich. Und dass die griechischen Regierungen der vergangenen Jahrzehnte sehr schlecht (und korrupt) waren, daran hat niemand einen Zweifel. Dass es nunmehr eine aus Linksextremen und Rechtspopulisten gebildete Regierung besser machen wird, ist eine naive Illusion.

Die Welt ist gar nicht so kompliziert, wie man manchmal denkt: Dort, wo marktwirtschaftliche Reformen stattfinden, geht es den Menschen besser. So wie seinerzeit nach den Reformen von Thatcher oder Reagan in Großbritannien und in den USA. Oder so wie nach Gerhard Schröders Agenda 2010 in Deutschland. Oder so wie nach den marktwirtschaftlichen Reformen in China.

Die neue griechische Regierung steht jedoch für das Gegenteil. Sie will nicht die Investitionsbedingungen für in- und ausländische Unternehmen verbessern, sondern sie ruft nach immer neuen Zahlungen aus dem Ausland (so wie vergangene Woche nach „Reparationsleistungen“ Deutschlands) und zerbricht sich den Kopf über Sozialprogramme, statt über die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen.

Können Sie sich ein griechisches oder ein ausländisches Unternehmen vorstellen, das sagt: „Prima! Die neue griechische Regierung flößt mir Vertrauen ein, da muss ich jetzt unbedingt investieren!“ Die Griechen, die Armen wie die Reichen, haben bald alle Gelder von den einheimischen Banken abgezogen. Diese wären längst insolvent, wenn die EZB sie nicht stützen würde.

Wenn ein privater Unternehmer das täte, was die griechische Regierung macht, müsste er sich wegen Konkursverschleppung oder Konkursbetrug vor Gericht verantworten.

Warum hält die EU bislang trotzdem an ihrer Politik der „Griechenland-Hilfe“ fest? Weil man weiß, dass Griechenland eben kein Einzelfall ist, sondern dass die Probleme dort nur viel offensichtlicher zutage treten, die aber auch ein Land wie Italien hat. Und weil man befürchtet, dass ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro auch ein Ausscheiden aus der EU zur Folge haben könnte – mit den entsprechenden geopolitischen Konsequenzen.

Dennoch gibt es keine Alternative: Entweder die anderen Länder subventionieren auf Dauer Griechenland (was wirtschaftlich und politisch unmöglich ist) oder aber das Land muss aus dem Euro ausscheiden. Und seine Bewohner müssen dann allerdings akzeptieren, dass aus der geografischen Zugehörigkeit zu Europa nicht zwingend ein Anspruch auf einen europäischen Lebensstandard folgt. Sie werden nicht das einzige Land bleiben, das dies akzeptieren muss.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.