8. Wahlbericht aus den USA:
„Crooked Hillary“, „Fraud Trump“ – Ton im amerikanischen Wahlkampf spitzt sich zu

Erschienen am 4. Juni 2016

Der Ton im US-Wahlkampf spitzt sich immer mehr zu. Die beiden Hauptprotagonisten – Clinton und Trump – beschimpfen sich in einer Art und Weise, wie es in Deutschland nicht denkbar wäre. „Hillary has to go to jail“, ruft Trump aus. Begründung sind die Falschaussagen von Clinton in der sogenannten E-Mail-Affäre, in der sie mehrfach die Unwahrheit gesagt hatte.

Seit Wochen nennt Trump Clintons Namen nur noch mit dem Zusatz „korrupt“: „Crooked Hillary“. Hiermit spielt er auf die Spenden für die Clinton-Stiftung an und auf ihre enormen Honorare aus Vorträgen vor Wallstreet-Firmen. Trump ließ einen Fernsehspot laufen, in dem eine Frau mit tränenerstickter Stimme berichtet, wie Bill Clinton sie vergewaltigt habe. Trump bezeichnet Bill Clinton in seinen Reden regelmäßig als „rapist“. Dass Trump auch Hillary Clintons Ehemann mit in den Wahlkampf einbezieht, rechtfertigen seine Anhänger damit, dass Hillary Clinton selbst gesagt hatte, ihr Mann werde sie in der Wirtschaftspolitik aktiv unterstützen, wenn sie Präsidentin sei.

Auch Hillary Clinton hat ihren Ton verschärft. „Dangerous Donald“ oder „Fraud Donald“ – so bezeichnet sie ihn. Sie bezieht sich damit auf die sogenannte „Trump-Universität“, die aus ihrer Sicht ein einziger Schwindel gewesen sei.

In Amerika ist es zwar üblich, dass im Wahlkampf mit härteren Bandagen gekämpft wird als in Europa. Aber dass der eine Wahlkämpfer den anderen ins Gefängnis schicken will, ist doch auch für amerikanische Verhältnisse ungewöhnlich.

Am Rande von Trump-Veranstaltungen gibt es immer wieder gewalttätige Ausschreitungen von Linksextremisten, die amerikanische Fahnen verbrennen und Trump-Anhänger angreifen. Das nützt jedoch Trump mehr als es ihm schadet. Er und seine Anhänger entgegnen, wer die amerikanische Flagge verbrenne und stattdessen mexikanische Fahnen schwenke, solle das Land verlassen und nach Mexiko gehen.

Das Establishment bei den Republikanern hält sich zurück. Der Anführer der Republikaner, Paul Ryan, hat nach Monaten des Zögerns jetzt seine „Unterstützung“ für Trump erklärt. Aber er tat dies nicht – wie sonst üblich – in einer offiziellen Pressekonferenz, sondern im Interview mit einer lokalen Zeitung. Und er sagte auch nicht, dass er für ihn aktiv Wahlkampf machen werde, sondern nur, dass er ihn wählen werde, weil er immer noch besser als Clinton sei.

Im demokratischen Lager spitzt sich die Auseinandersetzung zwischen dem Linkspopulisten Sanders und Clinton zu. Auch wenn Sanders, der sich selbst als Sozialist bezeichnet, nicht nominiert wird, hat er dennoch den Wahlkampf entscheidend beeinflusst. Nicht nur Clinton hat zunehmend linke Positionen von ihm übernommen, sondern auch Trump. Denn Trump will vor allem Sanders-Anhänger gewinnen, wenn dieser aus dem Rennen ausgeschieden ist.

Obama hat vor wenigen Tagen gefordert, die Sozialleistungen sollten ausgebaut werden – trotz des enormen Haushaltsdefizites. Niemand widersprach ihm. Alle Kandidaten fordern die Ausweitung von Sozialleistungen, was natürlich vielen traditionell marktwirtschaftlich orientierten Republikanern gar nicht gefällt. Die Schlacht findet augenscheinlich um die Sanders-Anhänger statt, also vor allem um junge, antikapitalistisch eingestellte Wähler.


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Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.