Abschaffung der Spekulationsfrist – Warnschuss aus Österreich

Erschienen am 26. März 2012

Österreich will ab dem 1. April 2012 die zehnjährige Spekulationsfrist für Immobilien abschaffen. Bislang gilt in Österreich – ebenso wie in Deutschland – die Regelung, dass im Privatbesitz gehaltene Immobilien nach Ablauf einer Haltefrist von zehn Jahren steuerfrei verkauft werden können. Damit soll nun in unserem Nachbarland Schluss sein. Künftig sollen, unabhängig von Haltefristen, alle Immobilienverkäufe mit einem Steuersatz von 25 Prozent besteuert werden. Nach Ablauf von 10 Jahren wird der Steuersatz jährlich um 2,5 Prozentpunkte reduziert.

Die Übergangsregelung sieht wie folgt aus: Bei Immobilien, die bereits aus der Steuerverstrickung herausgefallen waren (die also vor dem 1.April 2002 angeschafft wurden) wird ein Steuersatz von 3,5% (bezogen auf den Veräußerungserlös) eingeführt. Für alle Immobilien, die heute noch steuerverstrickt sind, gilt jedoch die Neuregelung.

Ich fürchte ja schon seit langem, dass in der nächsten Legislaturperiode dieses Thema auch in Deutschland wieder auf die Tagesordnung kommt. Der Vorstoß in Österreich könnte die deutsche Politik darin zusätzlich bestärken. Unabhängig davon halte ich die Wahrscheinlichkeit, dass es in Deutschland bei der jetzigen Regelung bleibt – leider – für extrem gering.

Könnte das Beispiel der Neuregelung in Österreich ein Vorbild sein? Was daran ist – aus Sicht von Immobilieneigentümern – negativ und was positiv?

Positiv könnte der reduzierte Steuersatz von 25% bewertet werden. Denn bislang galt in Österreich – wie auch in Deutschland – der persönliche Steuersatz, von dem ich erwarte, dass er in Deutschland in der nächsten Legislaturperiode in der Spitze auf mindestens 50% angehoben wird. Positiv an der Neuregelung in Österreich ist auch, dass der Steuersatz nach Ablauf von zehn Jahren sukzessive reduziert wird. Ich möchte allerdings bei dieser Gelegenheit auch daran erinnern, dass SPD und Grüne, als sie Ende 2002 schon einmal geplant hatten, § 23 EStG zu ändern und die Spekulationsfrist abzuschaffen, lediglich einen Steuersatz von 15% auf Veräußerungsgewinne vorgesehen hatten. Seinerzeit war diese Änderung am Widerstand der Union im Bundesrat gescheitert, aber man sollte diesen alten Vorschlag wieder hervorholen, denn er war gar nicht so übel, zumal seinerzeit eine sehr moderate Regelung für Altfälle beschlossen worden war.

Kritikwürdig an der Gesetzesänderung in Österreich finde ich, dass nur solche Altfälle (teilweise) geschützt sind, bei denen Immobilien aus der Steuerverstrickung bereits herausgefallen sind. Und nicht einmal diese werden vollständig geschützt. Wäre das in Deutschland auch in dieser Form möglich?

Ich erinnere an das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das sich nach einem Vorlagebeschluss des BFH mit der Rechtmäßigkeit der 1999 vom Gesetzgeber beschlossenen Ausdehnung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre befasste. Dieses Urteil wird Leitfaden für den deutschen Gesetzgeber bei einer Änderung von § 23 EStG werden. Das Bundesverfassungsgericht hielt es – leider – für zulässig, die Besteuerung von Veräußerungsgewinne für solche Immobilien zu beschließen, die sich noch innerhalb der Spekulationsfrist befanden. Für unzulässig hielt es allerdings die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen von Immobilien, die bereits aus dieser Frist herausgefallen waren. In Deutschland ist also einerseits zu befürchten, dass bei einer Änderung von § 23 EStG nur solche Immobilien geschützt werden, die der Immobilieneigentümer bereits seit mindestens zehn Jahren besitzt. Eine Besteuerung der Veräußerungsgewinne von Immobilien, die aus der Spekulationsfrist bereits herausgefallen waren, wäre in Deutschland allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nicht rechtens.

Die Verbände der Immobilienwirtschaft sollten sich unbedingt schon jetzt darauf einstellen, dass der Gesetzgeber hier in der nächsten Legislaturperiode aktiv werden wird. Es ist naiv zu glauben, dass die Regelung so bleibt wie sie ist und den Kopf in den Sand zu stecken. Nicht nur SPD, Grüne und Linke sind für die Abschaffung der Spekulationsfrist, auch die CDU/CSU wird dabei leider mitmachen. Dass die FDP dagegen ist, wird in der nächsten Legislaturperiode keine Rolle mehr spielen.

Man sollte also bereits heute gute Argumente für eine – im Vergleich zu der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und zu der jetzt in Österreich beschlossenen Regelung – moderatere Übergangsregelung sammeln:

Ziel muss es sein, für eine Übergangsregelung zu kämpfen, die an den Zeitpunkt des Erwerbs der Immobilie anknüpft. Mein Argument: Warum sollen Immobilienbesitzer schlechter behandelt werden als solche von Wertpapieren oder Lebensversicherungen? Als der Gesetzgeber vor einigen Jahren die Spekulationsfrist für Wertpapiere abschaffte, wurden all jene Wertpapiere von der Neuregelung ausgenommen, die vor deren Inkrafttreten gekauft worden waren. Genau so war es, als die Steuerfreiheit von Lebensversicherungen abgeschafft wurde. Hier wurde also bei der Übergangsregelung an den Zeitpunkt des Erwerbs angeknüpft und nicht an den Zeitpunkt, zu dem die Wertpapiere aus der Steuerverstrickung herausgefallen waren.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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