Berlin: „Trauer und Mitgefühl. Nichts sonst jetzt!“
Was ich diesmal von Politikern nicht hören will

Erschienen am 20. Dezember 2016

Ich war gestern nur 15 Minuten vor dem Terroranschlag von Berlin in der Nähe am Kudamm. Tausende Male war ich an dem Platz, an dem gestern mindestens 12 Menschen starben. Ich würde mir wünschen, keinerlei politische Statements zu diesem Thema zu hören – und vor allem nicht die üblichen Reflexe von links und rechts.

Was ich von rechts nicht hören möchte

Der Landesvorsitzende der AfD von NRW twittert: „Es sind Merkels Tote!“ Eine solche Reaktion spricht für sich. Muss man sie reflexartig mit Empörung kommentieren? Ich finde, auch das ist überflüssig. Wer so reagiert, hat sich selbst diskreditiert und bewirkt mit seinem Statement mit Sicherheit genau das Gegenteil des Beabsichtigten. Weder die Funktionalisierung eines Terroranschlags ist hilfreich noch die Funktionalisierung der Funktionalisierung für politische Zwecke.

Die Polizei hat bestätigt, dass der LKW absichtlich in die Menschenmenge gesteuert wurde, so dass es wohl tatsächlich ein Anschlag war – und es liegt nahe, dass es wieder islamistische Terroristen waren. Zurzeit (8.30 Uhr) heißt es, möglicherweise sei es ein Pakistani, der als Flüchtling zu uns gekommen sei. Wenn es so sein sollte, dann ist das schlimm genug, aber es ist nicht der richtige Moment, über Merkels verfehlte Flüchtlingspolitik zu diskutieren.

Was ich von links nicht hören möchte

Normalerweise hörte man nach jedem Terroranschlag von Politikern fast aller Parteien – und ganz besonders laut von linken -, folgende Weisheiten und Belehrungen mit erhobenem Zeigefinger: „Nicht jeder Moslem ist ein Terrorist“. „Nicht jeder Flüchtling ist ein Terrorist.“ „Man darf Ausländer nicht unter Generalverdacht stellen.“ Usw.usf. Diese Statements waren schon immer überflüssig, weil sie sich gegen etwas wenden, das ohnehin von keinem Menschen behauptet wird, der bei Sinnen ist. Ich denke, diese volkspädagogischen Belehrungen haben sich verbraucht. Ich will auch das nicht mehr hören. Jetzt nicht – und auch künftig nicht mehr.

Auch Phrasen bringen nichts

Auch Phrasen will ich nicht hören: Dass das ein Anschlag auf uns alle war, auf unsere Lebensweise, dass wir uns nicht einschüchtern lassen usw.usf. Kann man nicht einfach einmal schweigen? Es ist das erste Mal, dass ich einer grünen Politikerin 100 Prozent zustimme. Katrin Göring-Eckart von den Grünen twittert: „Das ist eine furchtbare Nacht. Trauer und Mitgefühl. Nichts sonst jetzt!“


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Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.