Der fürsorgliche Staat – SPD fordert „Einsamkeitsbeauftragten“ der Regierung

Erschienen am 5. Mai 2019

Die SPD fordert: „Es muss für das Thema Einsamkeit einen Verantwortlichen geben, bevorzugt im Gesundheitsministerium, der den Kampf gegen die Einsamkeit koordiniert.“

Das sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Er fordert die Einsetzung eines Regierungsbeauftragten, der sich um das Problem anhaltender Einsamkeit in der Gesellschaft kümmert. Er bezieht sich dabei auf Großbritannien, wo es einen solchen Beauftragten gibt. „Bisher wurde die Zahl der Krankheiten, die durch Einsamkeit ausgelöst werden, unterschätzt“, sagte der SPD-Fraktionsvize der „Welt am Sonntag“. „Neueste Forschungsergebnisse beweisen, dass diese häufig psychischen Leiden wie Depressionen, Angststörungen, aber auch starke Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder Demenz auslöst.“

Lauterbach sieht in der Vereinsamung ein „wichtiges Thema für Koalitionsverhandlungen, sollte es dazu kommen“. Eben noch wollte uns Kevin Kühnert mit „Kollektivierung“ beglücken und jetzt kommt Lauterbach, der ebenfalls zum linken SPD-Flügel gehört, und will uns mit einem Regierungsbeauftragten gegen Einsamkeit beglücken.

Die anderen Parteien legen nach

Der familienpolitische Sprecher der CDU Marcus Weinberg forderte eine „Enttabuisierung“ des Themas Einsamkeit, „damit einsame Menschen eine Lobby haben und Einsamkeit nicht in einer Schmuddelecke bleibt“. „Wir müssen uns des Themas Einsamkeit annehmen, Forschung hierzu fördern, Programme auflegen, neue Konzepte entwickeln“, forderte er.

„Eine umfangreiche Studie, um die gesellschaftlichen Folgekosten abschätzen zu können“, fordert Maria Klein-Schmeink von den Grünen. „Aber ich gehe davon aus, dass sich jede Investition gegen Einsamkeit auch wirtschaftlich lohnt – von den positiven Auswirkungen auf jeden einzelnen einsamen Menschen ganz zu schweigen“, so die grüne Politikerin.

Jede Partei hat eine andere Idee, was man gegen Einsamkeit tun müsse. Und in der „Welt“ rechnet uns eine Journalistin vor, wie Einsamkeit unserer Wirtschaft schadet.

Da haben die Politiker wieder etwas entdeckt, um das sie sich kümmern können. Traurig, wie unkritisch viele Journalisten darauf reinfallen, wenn irgendein Thema hochgekocht wird. Die deutsche Wirtschaft, die in ihren Kernindustrien (Auto, Energie usw.) gerade von deutschen Politikern kaputt gemacht wird, hat andere Probleme als die, die jetzt in einer neuen Einsamkeitsstudie erforscht werden sollen.

Mir fällt dazu der berühmte Ausspruch von Ronald Reagan ein: „Die zehn furchterregendsten Wörter der englischen Sprache sind: ‚Hi, ich komme von der Regierung, um Ihnen zu helfen!'“

Muss sich der Staat um alles kümmern?

Ist Einsamkeit ein Problem? Ja.

Ist Einsamkeit ein Problem, um das sich der Staat kümmern muss? Nein

Es gibt viele menschliche Probleme, um die der Staat sich nicht kümmern sollte. Mit der gleichen Berechtigung, mit der die SPD einen Einsamkeitsbeauftragten fordert, könnte man auch fordern:

  • Regierungsbeauftragter, der sich um die vielen Menschen mit unbefriedigendem Sexualleben kümmert.
  • Regierungsbeauftragter, der sich um unglückliche Menschen kümmert.
  • Regierungsbeauftragter, der sich um Menschen kümmert, die unter Stress leiden.
  • Regierungsbeauftragter, der sich um Hypochonder kümmert.

Ich wette, Wissenschaftler könnten rasch von Politikern beauftragte Studien hervorzaubern, die belegen, wie viele Menschen unter einem unbefriedigenden Sexualleben leiden, welche psychosomatischen Auswirkungen das hat und wie sehr darunter die Produktivität der Wirtschaft leidet. Und sie könnten ausrechnen, wie viele Milliarden Euro Hypochonder die Krankenkassen kosten, also Menschen, die wegen eingebildeter Krankheiten laufend zum Arzt rennen, obwohl sie gar nicht krank sind. Die „Zeit“ schlug unlängst bereits Alarm und nannte folgende Problemgruppen: „Menschen mit einer sogenannten Somatisierungsstörung. Mehr als zehn Prozent leiden daran, an der klassischen Hypochondrie laboriert nur etwa ein Prozent. Hochgerechnet auf Europa, sind das mehr als 42 Millionen Somatisierer und etwa 4,2 Millionen Hypochonder. Gesund, aber sorgenvoll zum Arzt zu gehen grassiert wie ein Virus“, so die „Zeit“. Also: Zeit für einen Somatisierer- und Hypochonderbeauftragten der Regierung?!

In der Forderung, der Staat müsse etwas gegen Einsamkeit tun (und ich habe noch keine Partei gefunden, die widerspricht) zeigt sich das Menschenbild und das Staatsverständnis. Der deutsche Staat versagt bei vielen seiner Kernaufgaben (Verteidigung, Bildung, Infrastruktur) und richtet viel Unheil durch permanente Einmischung in die Wirtschaft (Energie- und Autoindustrie) an.

Unser Drama in Deutschland kann man mit einem Satz beschreiben: Dort, wo der Staat schwach sein sollte, wird er immer stärker, und dort, wo er stark sein sollte, wird er immer schwächer.

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Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.