Flüchtlingskrise: Warum Sie den aktuellen SPIEGEL unbedingt lesen sollten

Erschienen am 16. Dezember 2015

Ich lese den SPIEGEL seit 50 Jahren. Kein Scherz: Ich habe schon mit 8 Jahren angefangen, das Nachrichtenmagazin aus Hamburg regelmäßig zu lesen. In späteren Jahren habe ich mich oft über die Einseitigkeit des SPIEGEL geärgert und irgendwann auch aufgehört, ihn regelmäßig zu lesen. In den vergangenen Jahren habe ich jedoch beobachtet, dass viele SPIEGEL-Redakteure dem Grundsatz ihres Gründers, man solle „im Zweifel links“ sein, nicht mehr unbedingt folgen.

Die aktuelle Ausgabe des SPIEGEL ist ein Vorbild für journalistische Berichterstattung. Der SPIEGEL hat auf vielen Seiten Stimmen aus der Bevölkerung zur Flüchtlingsdebatte zusammengestellt.

Ist das etwas Neues? Ja. Denn leider war es früher zu häufig so, dass in vielen Medien nur zwei Meinungen zu Wort kamen: Einerseits die der „guten Deutschen“, die sich für eine grenzenlose Willkommenskultur begeistern und andererseits die von Rechtsradikalen, die eine dumpfe Ausländerfeindlichkeit verbreiten. Das bildet die Wirklichkeit natürlich überhaupt nicht ab.

Der SPIEGEL hat dieses Schema durchbrochen. Er bringt Stimmen von vielen Deutschen, die augenscheinlich nicht die geringsten Sympathien für rechtsradikales Gedankengut haben und die gleichzeitig der Flüchtlingspolitik und der grenzenlosen Willkommenskultur sehr kritisch gegenüberstehen. Ich denke, das trifft für die große Mehrheit der Deutschen zu.

Ich vermute, in der SPIEGEL-Redaktion hat man sich auch Gedanken über eine Ende Oktober veröffentlichte Umfrage des renommierten Allensbacher Institutes für Demoskopie gemacht. Dabei kam heraus, dass nur ein Drittel der Deutschen die Berichterstattung der Medien zum Thema Flüchtlinge als ausgewogen empfindet, während 47 Prozent sie als zu einseitig empfinden.

Die primitiven Pegida-Parolen gegen eine angebliche „Lügenpresse“ bewirken bestimmt kein Umdenken bei den so gescholtenen Medien. Aber ich vermute, die Allensbach-Umfrage hat doch vielen Journalisten zu denken gegeben. Der SPIEGEL hat hier eine Vorbildfunktion und zeigt in seiner aktuellen Ausgabe, wie eine differenzierte Berichterstattung aussehen kann.


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Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.