Nachdem der Mietendeckel in Berlin vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärte wurde, atmen viele Vermieter auf. Doch vielleicht zu früh…
Die SPD und die Linke haben bereits direkt nach dem Mietendeckel-Urteil erklärt, dass sie jetzt einen bundesweiten Mietendeckel anstreben. Nach vielen Umfragen der vergangenen Wochen gibt es für SPD, Grüne und Linke eine begründete Hoffnung auf eine – wenn auch nur knappe – Mehrheit der Mandate nach der Bundestagswahl vom 26. September. Die Grünen haben sich unklar zum bundesweiten Mietendeckel geäußert: Manche sind dafür, andere sind dagegen. Hier spielt sicherlich das Motiv mit, bürgerliche Wähler (von denen nicht wenige Vermieter sind) nicht durch zu radikale Forderungen zu verschrecken. Doch wer im Ernst glaubt, die Grünen würden in einer Grün-Rot-Roten Koalition heroischen Widerstand gegen einen bundesweiten Mietendeckel leisten, der ist schon reichlich naiv.
Und naiv muss man auch sein, wenn man den Beteuerungen der SPD Glauben schenkt, ein solcher Mietendeckel würde ja nur für fünf Jahre beschlossen. Genau das wurde 2015 bei der erstmaligen Einführung der Mietpreisbremse auch verkündet. Damals schrieb ich, dass ich bereit sei, jede Wette anzunehmen, dieses Gesetz werde nach fünf Jahren verlängert – und verschärft. Und natürlich ist es genauso gekommen: Die Mietpreisbremse wurde verlängert und verschärft.
So würde es auch bei einem bundesweiten Mietendeckel kommen: Er würde in einer – im Vergleich mit der Berliner Regelung – etwas abgemilderten Form verabschiedet, um keine Angriffsflächen beim Bundesverfassungsgericht zu bieten.
Die SPD hat schon angedeutet, wie sie sich einen bundesweiten Mietendeckel vorstellt: Anders als in Berlin soll der Vermieter nicht verpflichtet werden, die Mieten in bestehenden Verträgen abzusenken. Eine Anhebung der Mieten soll auch bis zur Höhe der Inflationsrate möglich sein, aber nicht darüber hinaus. Leider muss man annehmen, dass eine solche Regelung Chancen hätte, vom Bundesverfassungsgericht abgesegnet zu werden. Der Berliner Mietendeckel wurde ja deshalb für verfassungswidrig erklärt, weil die Gesetzgebungskompetenz beim Bund liegt und nicht beim Land. Das war von vornherein klar. Deshalb war der Berliner Mietendeckel vorsätzlicher Verfassungsbruch. Aber dieses Argument wäre ja bei einer bundesweiten Regelung ohne Bedeutung.
Trotzdem ist es wahrscheinlich, dass die Befürworter des Mietendeckels nach dem letzten Urteil etwas vorsichtiger sein werden, weil sie auf jeden Fall vermeiden wollen, dass ein bundesweiter Mietendeckel – wenn auch aus anderen Gründen – von den Richtern in Karlsruhe für verfassungswidrig erklärt würde. Diese „Gefahr“ wäre jedenfalls hoch, wenn der Mietendeckel beispielsweise eine Verpflichtung zur Herabsetzung der Mieten in bestehenden Verträgen beinhalten würde. Zudem könnten die Grünen einen etwas „moderateren“ Mietendeckel ihrer Klientel verkaufen – nach dem Motto: Die LINKE wollte viel mehr, aber das haben wir verhindert.
Nun ist es ja glücklicherweise nicht ausgemacht, dass Grün-Rot-Rot eine Mehrheit bekommt. Wie würde es bei einer Schwarz-Grünen Koalition aussehen? Hier hätten eindeutig die Grünen das Sagen. In diesem Fall wäre mit einer weiteren Verschärfung der Mietpreisbremse und anderen gegen Immobilieneigentümer gerichteten Bestrebungen zu rechnen (beispielsweise könnte § 23 EStG, der eine steuerfreie Veräußerung von Immobilien nach Ablauf von zehn Jahren vorsieht, geändert werden.)
Die Grünen haben schon angekündigt, dass sie bei der Mietpreisbremse „Ausnahmetatbestände“, also z.B. die Möglichkeit, auf die Vormiete zu verweisen oder darauf, dass der Wohnraum modernisiert wurde, abschaffen wollen. Der größte Hammer ist jedoch, dass nach den Vorstellungen der GRÜNEN beim Mietenspiegel der Betrachtungszeitraum auf 20 Jahre ausgedehnt werden soll (obwohl er gerade erst von vier auf sechs Jahre verlängert wurde). Die Kombination dieser Maßnahmen würde auf indirektem Wege das gleiche Ziel erreichen, was der Berliner Mietendeckel ganz offen forderte, nämlich die Absenkung der Bestandsmieten. Wer glaubt, die CDU/CSU würde solchen Bestrebungen entschlossenen Widerstand entgegensetzen, ist weltfremd: Die Union wird bei einer Grün-Schwarzen oder Schwarz-Grünen Koalition so agieren, wie sie das jahrelang in der Großen Koalition getan hat, wo sie allen Forderungen der SPD folgte.
Gibt es noch Hoffnung für Immobilieneigentümer? Ein klein wenig. Sollte es für Grün-Schwarz oder Grün-Rot-Rot doch nicht reichen, könnte es eine Jamaika-Koalition mit der FDP geben. Sie könnte vielleicht nicht alles, aber hoffentlich das Schlimmste verhindern, denn andernfalls würde sie ihre Wähler (nicht zum ersten Mal) maßlos enttäuschen.
Welche Steueränderungen für Vermögende und Immobilieneigentümer zu erwarten wären, wird bei dieser Sonderveranstaltung der Berliner Immobilienrunde diskutiert:Hier zur Anmeldung.