„Mehr Frauen, mehr Erfolg“?

Erschienen am 1. Mai 2016

Die IMMOBILIEN ZEITUNG berichtet am 28.4. unter der Überschrift „Mehr Frauen, mehr Erfolg“: „Ein ausgeglichener Anteil von Frauen und Männern wirkt sich langfristig erfolgsfördernd aus. Das sagen 83% von 43 Immobilienfirmen, die sich an einer Umfrage des Zentralen Immobilien Ausschusses ZIA zu Frauen in der Immobilienwirtschaft beteiligt haben.“ Aber ist das wirklich so?

Zunächst einmal: Jedes andere Umfrageergebnis hätte mich wirklich erstaunt. Fast jede Woche kann man über Umfragen und Expertenmeinungen lesen, die immer zu einem der folgenden Ergebnisse kommen: Entweder Frauen können etwas besser als Männer (z.B. in Aktien anlegen, Autofahren usw.) oder sie sind zumindest gleich gut wie Männer. Ich kann mich umgekehrt nicht erinnern, wann ich das letzte Mal eine Umfrage oder Studie gelesen habe, die zu dem Ergebnis käme, dass Männer irgendetwas besser könnten als Frauen. Ein solches Ergebnis kann auch bei gar keiner Studie herauskommen, denn hier gilt das sogenannte Palmström-Prinzip aus dem bekannten Gedicht von Christian Morgenstern: „Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf!“

Nun ja, die Umfragebasis bei 43 Immobilienfirmen ist auch wohl ein wenig schwach. Zudem: Wer kreuzt schon an, dass es besser sei, wenn ein Immobilienunternehmen nur von einem Mann geleitet würde? Schließlich weiß jeder, dass eine solche Aussage „frauenfeindlich“ ist. Und wer will das schon sein?!

Mehr als die 43 ausgefüllten ZIA-Fragebögen sagt da die Realität aus, nach der es in der deutschen Immobilienwirtschaft kaum Frauen auf der ersten Führungsebene gibt. Ich kenne jedenfalls dutzende Projektentwicklungsunternehmen in Deutschland, aber kein einziges, das von einer Frau geleitet wird. Auch ist mir keine deutsche börsennotierte Immobilien-Aktiengesellschaft bekannt, die von einer Frau geleitet würde. Und nachdem Bärbel Schomberg und Angelika Kunath nicht mehr ihre Fondsgesellschaften Degi und IWH leiten, fallen mir spontan nur vier Frauen ein, die größere Fondsgesellschaften (mit)leiten, nämlich Christine Hager (redos), Brigitte Walter (Real.I.S.), Iris Schöberl (FC Reit) und Barbara Knoflach (Ex-SEB, jetzt BNP) ein. Auch von den bekannten Maklerunternehmen, ob nun JLL, CBRE, C&W, Corpus Sireo oder Aengevelt wird keines von einer Frau geleitet.

Vermutlich habe ich vergessen, die eine oder andere Immobilienfrau zu nennen (sorry), aber die Zahl von 14,5 Prozent Führungskräften aus der ersten Führungsebene von Immobilienunternehmen, die bei der ZIA-Umfrage herauskam, halte ich für nicht repräsentativ – was bei 43 ausgefüllten Fragebögen auch nicht verwundert. Wahrscheinlich haben sich überproportional diejenigen beteiligt, bei denen es Frauen in Führungspositionen gibt. Von 142 Referenten, die vergangenes Jahr bei Veranstaltungen der BERLINER IMMOBILIENRUNDE referiert haben (die Referenten sind die Führungskräfte von Immobilienunternehmen) waren leider nur drei Frauen, also zwei Prozent. Wahrscheinlich spiegelt dieser Prozentsatz die Realität eher wider.

Müssen sich Immobilienfirmen, wie es in der IMMOBILIEN ZEITUNG heißt, deshalb nunmehr „in Richtung Gender Diversity“ entwickeln? Müssen vielleicht sogar eigene Förderprogramme oder am Ende gar Quoten dafür entwickelt werden? Als Liberaler halte ich nichts von Quoten und glaube, dass Frauen heute oft so durchsetzungsstark sind, dass sie sich ihre Position erobern werden – und zwar auch ohne Quotenregelungen.


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Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.