Testballon Zypern

Erschienen am 25. März 2013

Aktuelle Umfragen belegen, dass der Anteil der Deutschen, die sich Sorgen um ihr Erspartes machen, nach dem „Fall Zypern“ massiv gestiegen ist. Angela Merkel sah sich sogar veranlasst, ihre lächerliche „Garantie“ für die Sparguthaben, die sie seinerzeit auf dem Höhepunkt der Finanzkrise gegeben hatte, um einfache Gemüter zu beruhigen, erstmals ausdrücklich zu wiederholen.

Ich finde, dass die Menschen sich zu Recht sorgen. Denn mit der für Zypern ursprünglich beschlossenen „Rettungsaktion“ wurde ein Tabu gebrochen: Erstmals sollen Anleger bzw. Sparer direkt enteignet werden. „Direkt“ betone ich deshalb, weil natürlich auch die anderen „Rettungspakete“ mit Bürgschaften der „reichen“ Länder oder Transferzahlungen faktisch eine Teilenteignung der Bürger als Steuerzahler bedeuteten. Jetzt ist jedoch nicht mehr der Steuerzahler in den „reichen“ Ländern betroffen, sondern unmittelbar der Anleger bzw. Sparer.

Das Kalkül der Politik lautete, dass wohl niemand Mitleid mit reichen Russen haben werde, die ihr Schwarzgeld in Zypern „angelegt“ haben. Dieses Kalkül wäre vielleicht auch aufgegangen, hätte man nicht gleichzeitig auch Kleinsparer belastet. Der ursprüngliche – vom Parlament in Zypern dann abgelehnte – Plan sah nämlich bekanntlich nicht nur eine Zwangsabgabe in Höhe von 9,9% bei Einlagen ab 100.000 Euro vor, sondern auch eine Zwangsabgabe auf Einlagen unter 100.000 Euro in Höhe von 6,75%.

Es regte sich also niemand darüber auf, dass derjenige, der eine Million Guthaben hat, 99.000 Euro weggenommen bekommt, aber dafür war die Aufregung darüber groß, dass derjenige, der 50.000 Euro besitzt, davon 3375 Euro abgeben sollte.

Vermutlich wird es jetzt darauf hinauslaufen, „die Reichen“ noch sehr viel stärker zu belasten als ursprünglich geplant. Wie das genau geschieht, ist noch unklar. Zunächst war davon die Rede, dass Einlagen über 100.000 Euro mit einer Abgabe bis zu 25% belegt werden sollten. Montag früh hieß es dann, dass generell alle Einlagen über 100.000 Euro „eingefroren“ würden, wobei unklar ist, was dann mit diesen geschieht. Dass dabei zwielichtige Anleger aus Russland ebenso getroffen werden wie ganz normale „Reiche“, die das Pech haben, mehr als 100.000 Euro zu besitzen, spielt offenbar keine Rolle.

Zypern ist für die europäischen Politiker ein Testballon. Er zeigt, was offenbar nicht geht, nämlich eine relativ gleichmäßige Belastung der Bürger/Sparer. Zugleich wird deutlich, was allgemein eher akzeptiert wird, nämlich „die Reichen“ drastisch zur Kasse zu bitten. Zypern ist ein Testfall, der zeigt, wie so etwas funktioniert: In einer geheimen, unangekündigten Aktion wird am Wochenende die Enteignung beschlossen, die Banken werden für eine Woche geschlossen, damit niemand an sein Geld kann.

Sind Immobilieneigentümer bei einem solchen Szenario fein raus? Das wäre eine Illusion. Ähnliche Maßnahmen des Staates in Deutschland in den 20er Jahren zeigten, dass gerade auch Immobilienbesitzer getroffen werden. Hier ist nur aus Sicht des Staates keine Eile geboten, weil Immobilien eben immobil sind und nicht einfach so von einem Tag auf den anderen in ein anderes Land transferiert werden können, wie dies mit Sichteinlagen, Bargeld oder Wertpapieren möglich ist. Seinerzeit wurden Immobilien zum Ausgleich für die Inflationsfolgen mit Zwangshypotheken bzw. einer „Haussteuer“ belegt. Auch diese erfolgte natürlich unter dem Stichwort der „Gerechtigkeit“, damit Menschen, die so klug waren, ihr Geld in Immobilien anzulegen, mit dieser Strategie nicht davonkamen.

Der Testfall Zypern zeigt: Wenn sich die Eurokrise irgendwann dramatisch zuspitzt, wird das Thema „Zwangsabgabe“ (in Deutschland dann vielleicht als Euro-Soli bezeichnet) nicht tabu sein. Zur Kasse gebeten werden dann diejenigen, von denen linke Politiker schon seit Jahren pauschal behaupten, sie seien die „Verursacher der Krise“, nämlich „die Reichen“.

 

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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