Vorsicht – alle Experten sind sich einig!

Erschienen am 3. Januar 2011

„2011 wird ein gutes Börsenjahr – Die Experten sind sich einig“ – so titelt EURO AM SONNTAG diesmal auf Seite 1. Die Aktienexperten erwarten eine weitere positive Entwicklung, die Immobilienexperten ebenso. Zur Begründung wird vor allem auf zwei Faktoren hingewiesen: Erstens sei im Markt eine ungeheure Liquidität vorhanden, zweitens laufe die Konjunktur in Deutschland bestens.

Die gute Konjunktur ist jedoch in den Preisen – sowohl am Aktien- wie auch am Immobilienmarkt – längst eskomptiert. Zudem sollte nicht vergessen werden, dass die positive konjunkturelle Entwicklung in Deutschland zum Großteil von der Entwicklung in Asien abhängt. Wenn sich die chinesische Regierung wegen der Inflation dort gezwungen sieht, die Wirtschaft zu bremsen, wird das auch für Deutschland erhebliche negative Auswirkungen haben.

Die extrem hohe Liquidität stimmt mich eher skeptisch, denn sie ist das Ergebnis der unverantwortlichen Politik der Notenbanken. Es gibt auf fast allen Märkten – so für Aktien, Immobilien, Anleihen und Rohstoffe – bereits Anzeichen einer erneuten Preisblase, die durch die Politik des billigen Geldes verursacht wurde. Gottfried Heller wird in EURO AM SONNTAG mit der Erwartung zitiert: „Wir dürfen mit einer Inflation der angenehmen Art rechnen, nämlich dass gerade Sachwerte wie Immobilien oder Aktien im Wert steigen.“ Ist eine solche Asset-Preis-Inflation wirklich angenehm? Sie ist so angenehm wie ein Rausch – kurzfristig steigt die Stimmung, doch dann folgen die Ernüchterung und ein schwerer Kater.

Die Probleme mit der extremen Staatsverschuldung in Europa und den USA werden derzeit von den Marktteilnehmern konsequent verdrängt. Kommt es zu einer weiteren Finanzkrise, dann haben die Staaten keinerlei Handlungsoptionen mehr. Zinssenkungen sind nicht mehr möglich, also muss immer mehr und mehr Geld gedruckt werden. Und die „Notpflaster“ für den Euro werden nicht helfen. Es wird sich schon bald zeigen, dass Griechenland in den Abwärtsstrudel gerät, dass dort die politischen Unruhen immer stärker werden. Und dies wird alle anderen PIIG-Staaten davon abhalten, die notwendige Ausgabendisziplin zu zeigen und Reformen durchzuführen. Wahrscheinlich hoffen sie auf Euroanleihen, die der konsequente Schlusspunkt des im vergangenen Jahr begonnen Weges zur Transferunion darstellen werden.

Wie 2011 verlaufen wird, ist schwer zu sagen. Ich wage keine Prognose. Aber die Tatsache, dass alle optimistisch sind, sollte uns zu denken geben. Denn überbordender Optimismus eignet sich bekanntlich eher als Kontraindikator für Investoren denn als Argument zum Investieren.

Ich sehe, dass sich viele Entwicklungen, die wir bereits vor Ausbruch der Finanzkrise beobachten konnten wiederholen. Dieses Jahr wird im Immobiliensegment weiter auf „Core“ gesetzt werden, da jedoch die entsprechenden Objekte Mangelware sind, werden auch die Preise für riskantere (Value-add, opportunistische Investments) deutlich steigen.

Ich selbst war in und nach der Finanzkrise weiter in Aktien investiert und hatte auch beim Einbruch am Aktienmarkt nicht verkauft, was sich als richtig erwiesen hat. Und ebenso richtig erwies es sich, weiter an den Investments in Gold festzuhalten. Auch die Investitionsempfehlung für Immobilien in Berlin, die ich bereits – so wie für Gold – vor vielen Jahren ausgesprochen hatte, hat sich bestätigt. Seit meiner Empfehlung für Gold hat sich der Preis auf Eurobasis verdreifacht und auch die Immobilienpreise in Berlin sind seitdem zweistellig gestiegen, weil die Mieten angezogen und die Renditen gesunken sind.

Derzeit ist es allerdings schwieriger denn je, eine vernünftige Empfehlung auszusprechen.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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