Was Abraham Lincoln Francois Hollande zu sagen hat

Erschienen am 14. Mai 2012

„Ich mag die Reichen nicht“ – so hat der neue französische Präsident Hollande wörtlich erklärt. Die geplante Einführung der 75%igen Einkommensteuer für Einkommensmillionäre ist Ausdruck dieser Antipathie, die Hollande mit vielen anderen Politikern teilt. Zu dieser Steuer hinzu kommen in Frankreich noch die Vermögenssteuer, die Wohnungssteuer und Grundeigentumssteuer sowie andere Steuerarten. Angesichts dieser Pläne ist mir folgende Erklärung von Abraham Lincoln eingefallen, der von 1861 bis 1865 Präsident der USA war. Die Sätze klingen so, als seien sie nicht vor 150 Jahren, sondern gerade gestern geschrieben worden:

„Ihr werdet die Schwachen nicht stärken,

indem ihr die Starken schwächt

Ihr werdet den Arbeitern nicht helfen

Indem ihr die ruiniert, die sie bezahlen.

Ihr werdet keine Brüderlichkeit schaffen,

indem ihr den Klassenhass schürt.

Ihr werden den Armen nicht helfen,

indem ihr die Reichen bekämpft.

Der Staat wird bestimmt keine Wohlfahrt schaffen,

wenn er mehr ausgibt, als er einnimmt.

Ihr werdet kein Interesse an den öffentlichen

Angelegenheiten und keine Begeisterung wecken,

wenn ihr dem Einzelnen seine Initiative

und seine Freiheit nehmt.

Ihr könnt den Menschen nicht dauerhaft helfen.

Wenn ihr das für sie erledigt, was sie selber

für sich tun sollten und könnten.“

Auch in Deutschland wird verstärkt eine Neiddebatte geführt: So geraten Manager von DAX-Unternehmen wegen ihrer Millionengehälter ins Visier. Lautstark fordern Politiker fast aller Parteien, „die Besserverdiener sollten endlich auch einmal einen Beitrag leisten“. Das ist perfide. Und zwar schon deshalb, weil damit bewusst verschwiegen wird, dass dies längst der Fall ist. Schon heute zahlen in Deutschland die oberen

5% der Steuerpflichtigen 41,8% der Einkommensteuer

10% der Steuerpflichtigen 54,4% der Einkommensteuer

15% der Steuerpflichtigen 64,3% der Einkommensteuer

Dagegen tragen 50% der Steuerpflichtigen nur 6,2% zur Einkommensteuer bei, also fast nichts.

In Frankreich, so wird geschätzt, sind von der neuen Steuer 7000 bis 20.000 Personen betroffen, in Deutschland liegt die Zahl der Einkommensmillionäre ebenfalls unter 10.000. Deshalb, so das Kalkül der Politiker, die die Reichenhatz betreiben, wird es kaum Widerstand geben, da eben nur eine verschwindend kleine Minderheit betroffen ist.

Eine Steuer wie die von Hollande geplante, bei der Einkommensmillionäre nur 15% ihres Einkommens bleiben, bedeutet faktisch eine Enteignung. Es mag sein, dass die Pläne nach der Wahl nicht in der ganzen Brutalität durchgeführt werden. Aber es geht gar nicht darum, ob man am Ende den Einkommensmillionären 85% oder vielleicht gnädigerweise „nur“ 65% wegnimmt. Es geht um das Denken, das hinter solchen Forderungen steht: „Reiche“ sind eine Minderheit in unserer Gesellschaft, die kaum öffentliche Fürsprecher hat.

Würden Politiker in Talkshows mit gleicher Häme über andere Minderheiten sprechen, wäre die Aufregung zu Recht groß. Stellen Sie sich nur einmal einen Moment lang vor, ein bekannter Politiker würde öffentlich verkünden „Ich mag – diese oder jene Minderheit – nicht.“ – so wie Hollande dies mit Blick auf „die Reichen“ getan hat. Das ist undenkbar, es sei denn, diese Minderheit sind nun einmal „die Reichen“. In diesem Fall kann jeder ungestraft seinen primitiven Vorurteilen freien Lauf lassen.

Unsere Gesellschaft braucht jedoch „die Reichen“, denn meistens handelt es sich um Unternehmer, die das Kapital für Investitionen bereit stellen, Arbeitsplätze schaffen und dabei erhebliche Risiken eingehen. Dafür haben sie nicht nur ein deutlich höheres Einkommen verdient als diejenigen, die weniger Risiken eingehen und keine Arbeitsplätze schaffen, sondern sie haben auch gesellschaftliche Anerkennung und Respekt verdient.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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