Zertifikate oder Sachwerte?

Erschienen am 1. August 2011

Vordergründig widersprechen sich die Meldungen: Einerseits wird von einer massiven Verunsicherung der Anleger und einer Flucht in Sachwerte wie Immobilien und Gold berichtet. Andererseits hat sich der Umsatz mit Zertifikaten, der nach der Lehmann-Pleite massiv eingebrochen war, wieder erholt und ist bereits wieder auf dem alten Stand vor Lehmann. Das mutet paradox an: Geschlossene Fonds, die direkt in Sachwerte investieren, tun sich schwer und neigen unter sinkenden Absatzzahlen. Zertifikate dagegen boomen.
Die Zertifikate-Industrie war clever. Sie hat das, was früher „Zertifikat“ hieß, einfach anders genannt, nämlich „Anleihe“ (vielleicht sollten Fondsanbieter geschlossene Fonds auch einfach mal umtaufen?!). Und sie hat diese Anleihen noch stärker mit Kapitalgarantien ausgestattet. Ich bezweifle, dass die meisten Anleger wissen, was sie kaufen. Sie kaufen einfach alles, was scheinbar „sicher“ ist. Gibt es eine „Geld-zurück“-Garantie, ist der Anleger zufrieden. Offenbar lassen sich Anleger nicht durch das Emittentenrisiko beirren, das ja bei der Lehmann-Pleite virulent wurde.
Die hohen Weichkosten sind in den Zertifikaten gut versteckt und den meisten Anlegern nicht bewusst. 100 bis 200 Seiten starke Prospekte, in denen gleich zu Beginn ausführlich über alle Risiken aufgeklärt wird, wie sie bei geschlossenen Fonds üblich sind, gibt es für Zertifikate nicht. Solange der „Berater“ am Bankschalter mit „Sicherheit“ und „Kapital-zurück-Garantie“ wirbt und etwas mehr „Zinsen“ verspricht als bei Tagesgeld und Sparbuch, greifen die Anleger beherzt zu.
In der nächsten Finanzkrise werden sie sich wieder bitter beklagen, niemand habe ihnen erklärt, was sie da eigentlich so kaufen.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.

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