Nach dem Super-Tuesday: Wer wird der nächste Präsident der USA?

Erschienen am 2. März 2016

Nach dem Super Tuesday halte ich es für wahrscheinlich, dass entweder Hillary Clinton, Donald Trump oder auch Ted Cruz der nächste amerikanische Präsident wird.

Der Republikaner Marco Rubio, der bei gemäßigten Republikanern die größten Sympathien genießt, wird meiner Meinung nach aus dem Rennen ausscheiden. Bei den Republikanern liegt Trump derzeit (Mittwoch, 11 Uhr) mit 315 Delegiertenstimmen sehr weit vor den anderen Bewerbern. Cruz vereint 205 Delegiertenstimmen und Rubio 106.

Ich war vergangene Woche in den USA, habe mit vielen Menschen über die Wahlen gesprochen und auf Fox TV ausführliche Interviews mit Cruz, Rubio und anderen Kandidaten gesehen. Mein Eindruck:

Der Erfolg von Trump hat viele Gründe. Die US-Amerikaner neigen dazu, einen Präsidenten zu wählen, der den exakten Gegenentwurf zum Vorgänger darstellt: Deshalb wählten sie Obama als Gegenmodell zu Bush. Trump wird von seinen Anhängern als „Anti-Obama“ gesehen. Obama war zweifelsohne außenpolitisch ein extrem schwacher Präsident, Trump suggeriert durch seine markigen Sprüche Stärke. Obama stand für „Political Correctness“, Trump steht für das Gegenteil.

Bei den Demokraten liegt Hillary Clinton nach dem Super Tuesday mit einem gehörigen Vorsprung vor dem linken Sozialisten Sanders. Der große Erfolg des linken Außenseiters Sanders hat jedoch dazu geführt, dass auch Clinton zunehmend linke Positionen vertritt. Die Gefahr besteht, dass sie den von Obama eingeleiteten Kurs, Amerika in Richtung des europäischen Wohlfahrtsstaates zu steuern, fortsetzen würde.

Im Moment gehen die meisten Beobachter davon aus, dass es ein Rennen von Trump gegen Clinton wird – und dass dabei Clinton die besseren Chancen hat. Wie sehe ich die weitere Entwicklung?

  1. Die Demokraten werden alle Munition gegen Trump erst dann auspacken, wenn er Kandidat ist. Das könnte für Trump gefährlich werden. Zwar konnten ihm bislang alle Enthüllungen und Skandale nichts anhaben. Bislang scheint er immun zu sein – egal, was er sagt, egal, welche Enthüllungen es gibt, seine Wähler werden dadurch nicht irritiert. Das könnte sich jedoch im Präsidentschaftswahlkampf ändern, wo es auch darauf ankommt, unentschiedene Wähler und Wähler der Mitte zu gewinnen.
  2. Trump kann einerseits auch Wähler mobilisieren, die bisher für die Demokraten gestimmt haben oder die unabhängig sind, gerade auch aus der Arbeiterschaft. Andererseits polarisiert Trump so stark, dass seine Kandidatur zur Präsidentschaft zu einer bislang nicht gekannten Mobilisierung bei den Demokraten führen dürfte. Mich erinnert dies ein wenig an die Situation, als Franz-Josef Strauß in Deutschland als Bundeskanzler kandidierte, was damals zu einer beispiellosen Mobilisierung der Linken geführt hat. Manche Demokraten wünschen sich deshalb insgeheim, dass Trump für die Republikaner ins Rennen ziehen wird. Deshalb halten sie sich jetzt noch ein wenig zurück, solange das Rennen bei den Republikanern nicht entschieden ist. Sobald Trump Präsidentschaftskandidat ist, wird sich dies jedoch ändern.
  3. Auch eine Kandidatur von dem als „rechts“ geltenden Cruz würde zu einer Mobilisierung der Gegenseite führen, aber nicht im gleichen Maße. Cruz hat den Vorteil, dass er, anders als Trump, nicht als unberechenbar gilt. Die wirtschaftspolitischen Vorstellungen von Cruz gefallen mir – er tritt für radikale Steuersenkungen ein und ist ein überzeugter Marktwirtschaftler. Auf der anderen Seite repräsentiert er auch die sehr streng Evangelikalen, die in der Tea-Party-Bewegung eine wichtige Rolle spielen. Und dies ist sicherlich problematisch und wird auch von vielen Wählern so empfunden. Der Vorteil von Cruz ist jedoch: Er gilt als berechenbar, ganz im Gegensatz zu Trump. Sein Argument in den kommenden Vorwahlen wird sein, dass er Trump nun schon mehrfach geschlagen hat – und dass er zudem gegen Clinton die besseren Chancen hat als Trump.
  4. Trump steht in nächster Zeit vor einem schwierigen Spagat: Einerseits muss er wegkommen vom Image des unberechenbaren und extrem stark polarisierenden Kandidaten. Er hat schon damit begonnen, bekannte Mainstream-Republikaner auf seine Seite zu ziehen. Sein größter Erfolg war, dass es ihm kürzlich gelang, den bekannten Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, für seine Kampagne zu gewinnen. Der Spagat für Trump: Er muss einerseits ein wenig mehr „Mainstream“ werden, andererseits aufpassen, dass dies nicht an seinem „Anti-Washington“, „Anti-Establishment“-Image kratzt.
  5. Bitte lesen Sie auch folgenden Artikel: Trump, Cruz, Clinton, Sanders: Wohin steuert Amerika?


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Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.