Amerikas Aufregerthema Nr.2: Wer darf auf welches Klo?

Erschienen am 10. Mai 2016

Wenn man in diesen Tagen in den USA die Fernsehnachrichten einschaltet, gibt es nur zwei große Themen. Das erste ist Donald Trump. Das zweite ist die die Frage, wer welche Toilette benutzen darf. Was haben beide Themen miteinander zu tun?

Der Streit um das Toilettengesetz des Bundesstaates North Carolina ist eskaliert. Dort war im März gesetzlich geregelt worden, dass Männer Männertoiletten und Frauen Frauentoiletten benutzen müssen, wobei das in der Geburtsurkunde genannte Geschlecht maßgeblich sei. Das hatte für große Aufregung gesorgt, weil sich sogenannte "Transgender" maßlos darüber empört haben. Männer, die sich als Frauen fühlen, wollen auch auf die Frauentoilette, Frauen fühlen sich dadurch wiederum bedroht.

Das amerikanische Justizministerium sieht in dem Gesetz des Bundesstaates North Carolina, das für alle staatlichen Einrichtungen die Toilettennutzung regelt, einen äußerst schweren Verstoß gegen das Bürgerrechtsgesetz von 1964, das es Arbeitgebern verbietet, Mitarbeiter aufgrund ihres Geschlechtes zu diskriminieren.

1964 dachte man bei der Formulierung dieses Gesetzes jedoch an Frauen. An Transgender hat damals bestimmt niemand gedacht. Ich weiß gar nicht, ob es diesen Begriff damals schon gab. Ich selbst habe das Wort "Transgender" erst vor einem Jahr das erste Mal gehört – wahrscheinlich wurde damit eine schwere Bildungslücke von mir beseitigt.

Das Thema sorgt in den USA schon lange für Aufregung. Im Juni verklagte in Virginia Gavin Grimm mit Hilfe der "American Civil Liberties Union" seine Schule, weil sie zwar als Mädchen geboren wurde, sich jedoch als Junge fühlte und ihr/ihm das Bürgerrecht verwehrt wurde, eine Jungentoilette zu benutzen. Zwar wurde eine eigene Toilette in der Schule nur für Gavin Grimm gebaut, was ihm/ihr jedoch auch nicht Recht war. Er/sie wollte aber unbedingt auf die Jungentoilette (mehr dazu in SPIEGEL ONLINE vom 15.6.2015).

Die amerikanische Bundesregierung will nun in North Carolina mit allen Mitteln dem Recht von Transgendern zum Durchbruch verhelfen. Sie drohte dem Bundesstaat damit, ihm Milliardenzuschüsse für das Bildungssystem zu streichen, wenn die Bürgerrechte von Transgendern bei der Toilettennutzung nicht berücksichtigt werden.

Ich mag die Amerikaner. Aber in mancher Hinsicht sind sie verrückt. Man hat einmal gesagt, "deutsch sein" heiße, "eine Sache um ihrer selbst willen zu übertreiben". Inzwischen ist diese Eigenschaft amerikanisch geworden, obwohl wir Deutschen auch noch ganz gut darin sind. Erinnern Sie sich noch an den Fall, als ein Konsument von Red Bull den Getränkehersteller erfolgreich verklagte, weil Red Bull – entgegen der Behauptung der Werbung – keine Flügel verleiht? In den USA gibt es Selbsthilfegruppen für alles und jedes. So etwa für Menschen, die meinen, sie seien durch Außerirdische entführt und sexuell missbraucht worden.

Was hat das derzeitige Aufregerthema Nr. 2, also "Toilettenbenutzung und Transgender-Rechte in North-Carolina" mit dem Aufregerthema Nr. 1, nämlich mit Donald Trump zu tun?

Trumps Erfolg liegt auch darin begründet, dass er den Unmut vieler Amerikaner über die "politische Korrektheit" und über solche Diskussionen wie sie jetzt in North Carolina geführt werden, artikuliert und instrumentalisiert. Er wird von vielen seiner Anhänger als Stimme der Mehrheit wahrgenommen, die sich zu wenig beachtet fühlen, weil sich in ihrer Wahrnehmung alles nur noch um die Rechte von Minderheiten dreht. "Haben die in Washington denn keine anderen Probleme?" – so fragen hier viele Amerikaner, die sich wirtschaftlich und gesellschaftlich abgehängt fühlen.

Den Demokraten ist es in den vergangenen Jahren tatsächlich gelungen, ihre Stimmen zu maximieren, indem sie sich als Sprachrohr aller Minderheiten positioniert haben. Und der Erfolg eines Mannes wie Donald Trump ist nur vor diesem Hintergrund verstehbar, denn auf das eine Extrem folgt nun das andere Extrem. Insofern gibt es einen engen Zusammenhang zwischen dem Aufregerthema Toilettenbenutzung und dem Aufregerthema Trump.

Noch ein Nachsatz zum Toilettenthema: Die Deutsche Bank, die es sonst mit Gesetzen nicht immer so genau genommen hat, zeigte sich in der Frage der Toilettenbenutzung in North Carolina politisch 150% korrekt: Sie legte wegen dem Gesetz ihre Pläne zur Schaffung von 250 neuen Arbeitsplätzen in North Carolina auf Eis.


24 Besprechungen, Interviews und Artikel zu Rainer Zitelmanns aktuellem Buch "Reich werden und bleiben": http://www.reichwerdenundbleiben.net/

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.