Blasen überall

Erschienen am 24. Februar 2014

Eines der deutlichsten Anzeichen für eine Blasenbildung ist, dass angesehene Experten deren Existenz lautstark in Zweifel ziehen. Kurz vor dem Crash von 1929 waren die Stimmen am lautesten, die eine Blasenbildung bezweifelten. Und noch 1989 waren sich fast alle „Experten“ einig, dass es in Japan keine Aktien- und Immobilienblase gebe. Bewertungen mit einem KGV von 100 oder mehr seien kein Problem, weil…. Ähnliches konnte man Ende der 90er Jahre auf dem Höhepunkt der Internet-Blase täglich hören.

Und so war es auch in allen anderen Phasen der Übertreibung. Neulich bin ich hellhörig geworden, als Alan Greenspan (der Mann, der gleich für zwei große Blasen verantwortlich ist, die New Economy-Blase sowie die US-Hauspreisblase) erklärte, derzeit gebe es keinerlei Anzeichen für eine Blasenbildung, der Anstieg an den Aktienmärkten sei fundamental begründet.

Gibt es eine Blase am deutschen Wohnungsmarkt? In einzelnen Segmenten ist das sicherlich bereits der Fall. Aber es geht in Wahrheit nicht um den deutschen Wohnungsmarkt. Vielmehr geht es darum, dass die Preismechanismen an den Kapitalmärkten durch die gefährliche Politik der Notenbanken außer Kraft gesetzt worden sind. Deshalb ist weltweit eine Inflationierung der Preise in allen Assetklassen zu beobachten: Staatsanleihen sind ebenso betroffen wie Unternehmensanleihen, Aktien ebenso wie Rohstoffe, Immobilien, Forstgrundstücke oder Kunst.

Die Kapitalmärkte sind süchtig nach dem billigen Geld – so wie ein Drogenabhängiger nach seinen Drogen. Selbst wenn die Dosis nur ein klein wenig reduziert wird, treten sofort massive Entzugserscheinungen ein. Die Fed traut sich allenfalls in allerkleinsten Dosierungen, ihre Programme der Anleihekäufe zurückzufahren. Jede wirkliche Korrektur würde sofort zu einem Crash führen. Und in Europa muss die EZB die Zinsen niedrig halten, weil sonst Spanien, Italien und Portugal an die Wand fahren.

„Für den Fall, dass wir aber eine langanhaltende Niedrigzinsphase haben bei so hoher Liquidität, kann man das (eine Blase am deutschen Wohnungsmarkt) in Zukunft nicht komplett ausschließen“, so die Bundesbank. Die Wahrheit ist: Eine Fortsetzung dieser Politik wird mit Sicherheit in allen Bereichen die Blase weiter nähren. Mit deutschen Wohnungen hat das wenig zu tun.

Nicht einmal in den USA hat man aus der letzten Blase am Wohnungsmarkt Lehren gezogen: Banken wie Premiere Mortgage Lending und Wells Fargo vergeben wieder Hauskredite an Eigentümer, die über eine schwache Bonität verfügten. Dieses Verhalten erinnert stark an die Zeiten vor der Subprime-Krise 2007. Wie damals werden die Risiken verbrieft und an Anleger weiterverkauft. Moody’s, seinerzeit nicht ganz unbeteiligt an der Subrime-Krise, rechtfertigt dies mit dem Argument, vor allem die Kreditvergabe an Erstkäufer werde so erleichtert. Nur auf diese Art könne der Immobilienmarkt wieder auf die Beine kommen.

Der deutsche Philosoph Hegel hat einmal gesagt, man könne nichts aus der Geschichte lernen außer der Tatsache, dass die Menschen nicht aus ihr lernten. Das gilt ganz besonders für Blasenbildungen an den Kapitalmärkten. Zwei Sprüche, mit denen sich im Verlauf der Blasenbildung alle beruhigen: „Diesmal ist alles anders“ und „Der Preisanstieg ist fundamental gerechtfertigt“. Je öfter Sie diese Sprüche hören, desto gefährlicher ist die Lage. Das ist mein persönlicher Blasenindikator.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.