Der Deutsche Mieterbund jubelt: „Die große Koalition hält Wort … Wir begrüßen die geplanten Neuregelungen, sie gehen auf Forderungen des Deutschen Mieterbundes zurück“, so heißt es in einer Presseerklärung zu dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf.
Das Gesetz wird jedoch, das ist schon jetzt völlig klar, zu massiven Rechtsstreitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern führen. In dem offiziellen Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz wird auf Seite 4 freimütig eingeräumt:
„Auseinandersetzungen zwischen den Vertragsparteien über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn in den von der Neuregelung betroffenen Gebieten werden voraussichtlich zu einer zusätzlichen der Höhe nach nicht prognostizierbaren Kostenbelastung für Vermieter, Mieter und Justiz führen.“
Die Politik ist sich also der Folgen des neuen Gesetzes durchaus bewusst. Es liegt auf der Hand, dass Rechtsstreitigkeiten programmiert sind, denn in dem Referentenentwurf wimmelt es vor unklaren Rechtsbegriffen.
In dem geplanten neuen § 556f BGB heißt es beispielsweise, die Mietpreisbremse sei bei der „Wiedervermietung umfassend modernisierter Wohnungen“ nicht anzuwenden. Das klingt auf den ersten Blick vernünftig. Aber was ist eine „umfassend“ modernisierte Wohnung und wann ist die Wohnung zwar modernisiert, aber eben nicht „umfassend“ modernisiert? In der Gesetzesbegründung wird auf Regelungen verwiesen, wonach man davon ausgehen könne, eine umfassende Modernisierung sei gegeben, wenn ein Drittel der Kosten anfielen, die für einen Neubau notwendig wären. Doch eine Gesetzesbegründung hat keinerlei Rechtskraft und ist den Gerichten auch gleichgültig. Im Gesetz selbst steht nichts darüber, wann eine Modernisierung umfassend ist. Die Gerichte werden entscheiden müssen, wenn der Vermieter meint, er brauche sich nicht an die Regelungen der Mietpreisbremse zu halten, weil er die Wohnung umfassend modernisiert habe, während der Mieter anderer Meinung ist.
Wie schwierig diese Abgrenzung ist wissen wir aus dem Steuerrecht, wo es über Jahrzehnte Tausende von Rechtsstreitigkeiten darüber gab, ob eine Wohnung durch eine Modernisierung „wesentlich“ verbessert wurde oder nicht. Hier ging es um die steuerliche Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwendungen einerseits und Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten andererseits. Erst ein Urteil des IX. Senats des BFH vom September 2001 versuchte, die komplizierte Abgrenzung vorzunehmen.
Das ist jedoch nur eines von vielen Beispielen: Von zentraler Bedeutung in dem neuen Gesetz ist der Begriff der „ortsüblichen Vergleichsmiete“. Definiert ist der Begriff nicht. Es ist vom Mietspiegel die Rede, aber den gibt es gar nicht in jeder Stadt. Und dort wo es ihn gibt, ist er oftmals methodisch durchaus anfechtbar. Auch das wird Anlass für viele Prozesse sein.
Die Mietpreisbremse soll dort gelten, wo Wohnungsmärkte „angespannt“ sind. Doch was ist ein „angespannter“ Wohnungsmarkt? Ist der Wohnungsmarkt beispielsweise, wie die Politik das glaubt, in Berlin insgesamt „angespannt“? Oder gilt das in Wahrheit nur für bestimmte Bezirke? Auch darüber wird es Streit geben. Aus Sicht der Politiker wird der Wohnungsmarkt überall dort angespannt sein, wo man mit der Einführung der Mietpreisbremse auf Stimmenfang gehen kann.
Das sind nur drei Beispiele für Begriffe, die sich in dem Gesetzentwurf finden, die so streitanfällig sind, dass das Justizministerium zu Recht prognostiziert: „Auseinandersetzungen zwischen den Vertragsparteien über die zulässige Miethöhe bei Mitbeginn in den von der Neuregelung betroffenen Gebieten werden voraussichtlich zu einer zusätzlichen der Höhe nach nicht prognostizierbaren Kostenbelastung für Vermieter, Mieter und Justiz führen.“
Den Beamten, die den Gesetzentwurf formuliert haben, ist das nicht anzulasten. Sie haben handwerklich eine saubere Arbeit abgeliefert, soweit das bei den unsinnigen, rein ideologisch motivierten Begründungen überhaupt möglich war.
Die Absurdität des Gesetzes wird in vielen Einzelheiten deutlich. So heißt es zwar, dass eine zulässig vereinbarte Miete auch bei Wiedervermietung weiter verlangt werden dürfe. Der Vermieter sei also nicht gezwungen, eine frei gewordene Wohnung unterhalb der bisherigen Miete anzubieten. Wie soll ein neuer Mieter jedoch überprüfen können, wie viel der bisherige Mieter gezahlt hat und ob diese Mietvereinbarung „zulässig“ war? Um das zu regeln, heißt es in § 556g: „Der Vermieter ist auf Verlangen des Mieters verpflichtet, Auskunft über diejenigen Tatsachen zu erteilen, die für die Zulässigkeit der vereinbarten Miete … maßgeblich sind.“ Der Mieter hat also gegenüber dem Vermieter einen gesetzlichen Auskunftsanspruch zu allen preisbildenden Tatsachen. Dazu gehört auch ein Nachweis darüber, welche Miete der Vormieter gezahlt hat. Wie ist das mit dem Datenschutz vereinbar? Und woher soll der neue Mieter wissen, ob die zuvor vereinbare Miete „zulässig“ war?
Es ergibt sich ein Rattenschwanz von Folgewirkungen, denn es wird natürlich Umgehungsversuche geben. Auch dessen ist sich der Gesetzgeber bewusst. So heißt es ausdrücklich in dem Papier des Bundesjustizministeriums: „Absatz 1 Satz 2 enthält eine Sondervorschrift, die eine Umgehung der Mietpreisbegrenzung unterbinden soll. Ohne diese Vorschrift wäre es etwa dem Vermieter und dem Vormieter möglich, bei absehbarem Ende des Mietverhältnisses eine Mieterhöhung zu vereinbaren, die vor allem den Nachmieter belasten würde. Dies ist vor allem dann denkbar, wenn der Vermieter dem Vormieter dafür andere Vorteile verspricht, wie etwa den Verzicht auf vom Mieter geschuldete Schönheitsreparaturen. Eine solche Vereinbarung zum wirtschaftlichen Nachteil des nachfolgenden Mieters soll unterbunden werden. Der pauschalierte Ausschluss von Mieterhöhungen innerhalb des letzten Jahres vor Beendigung des Vormietverhältnisses erfasst einen Zeitraum, in dem typischerweise solche Sachverhalte erwartet werden können.“
Usw. usf. Es spricht für sich, dass der Gesetzentwurf und die Begründung schon jetzt 40 engbedruckte Seiten umfassen. Ich habe hier nur einige Punkte angeführt, die mir beim ersten Blättern aufgefallen sind. Leider gibt es noch sehr viel mehr Unklarheiten und Probleme. Wir werden diese gemeinsam mit führenden Mietrechtsexperten und der Politik bei der BERLINER IMMOBILIENRUNDE am 7. April diskutieren. Fordern Sie das Programm bitte unter info@immobilienrunde an.