Corona-Krise: Unsere Vollkasko-Mentalität

Erschienen am 23. März 2020

Es ist unverantwortlich wie derzeit Billionen Euro und Dollar weltweit verpulvert werden. Ja, der Staat muss in dieser Situation manchen helfen, zumal die Corona-Krise auch ein Staatsversagen ist: Der Staat hat – fast überall – in einer seiner zentralen Aufgaben, nämlich der Gesundheitsprävention und Früherkennung von Epidemien/Pandemien versagt – von Angela Merkel und Jens Spahn bis Donald Trump (von anderen Staatsführern erst gar nicht zu reden). Es hat sich wieder einmal gezeigt: Der Staat ist da schwach, wo er stark sein sollte, und er ist da stark, wo er schwach sein sollte.

Heute konnte man in Phoenix sehen, wie im Stundentakt die verschiedenen Minister (Wirtschaft, Finanzen, Familien) Hunderte Milliarden versprachen. Die Staaten lassen mal wieder die Gelddruckmaschinen auf Hochtouren laufen. Inzwischen haben sich Unternehmen und Angestellte, Reiche und Arme daran gewöhnt, dass der Staat für alles verantwortlich ist:

  • Aktionäre erwarten, dass die Zentralbanken durch Nullzinspolitik und Anleihekäufe die Börsenkurse stützen.
  • Banken erwarten sowieso ihre „Rettung“.
  • Solo-Selbstständige, die keine Rücklagen für einige Monate gebildet haben, erwarten, dass der Staat ihre Einnahmeausfälle ersetzt.

Und der Bundeswirtschaftsminister Altmaier verspricht, dass kein Job verloren geht und kein gesundes Unternehmen Pleite geht. Aber als erstes Unternehmen meldete das seit langem heruntergewirtschaftete Vapiano Insolvenz an und erwartet offenbar „Corona-Hilfe“ von den Steuerzahlern. In einer Krise müssen manche Unternehmen untergehen – das ist kurzfristig für alle Betroffenen schlimm, aber langfristig ist es für eine Wirtschaft wichtig.

Meine Meinung: Ja, der Staat muss in dieser Situation etwas tun.

Aber:

  • Nicht jedes angeschlagene Unternehmen, das schon zuvor Probleme hatte, muss gestützt werden.
  • Es ist auch nicht Aufgabe der Zentralbanken, die Börsenkurse zu stützen und die Verluste der Aktionäre zu begrenzen.
  • Und ein Selbstständiger, der seit einigen Jahren im Geschäft ist, aber nicht einmal für drei Monate Rücklagen gebildet hat, kann nicht vom Staat verlangen, dass er das ausgleicht, was er zuvor über Jahre versäumt hat, nämlich Rücklagen für schlechte Zeiten zu bilden.
  • Niemand kann erwarten, dass der Staat garantiert, dass er keine wirtschaftlichen Einbußen in einer solchen Krise zu erleiden hat.

Was oft vergessen geht: Das Geld, das jetzt verteilt wird, ist nicht das Geld der Politiker, es ist nicht einmal Geld des Steuerzahlers, es ist das Geld, das die nächste und übernächste Generation erst erwirtschaften muss. Politiker sind großzügig, das Geld, das andere erwirtschaftet haben, zu verteilen. Die Grünen fordern, dass die KfW jetzt italienische Unternehmen stützen soll. Ursula von der Leyen plant „Corona-Bonds“, damit die Südländer von der Bonität Deutschlands profitieren können.

Es gab schon immer in der Geschichte Zeiten von Naturkatastrophen, aber früher wussten die Menschen, dass sie selbst vorsorgen oder in der Familie solidarisch sein müssen und nicht alles auf die Gemeinschaft oder auf die nächste Generation abwälzen können.

Fast jeder Angestellte ist in der Lage, zehn oder wenigstens fünf Prozent seines Nettoeinkommens zu sparen. Viele tun das nicht, weil sie erwarten, dass der Staat ihnen in jeder Situation helfen wird. Und ein Selbstständiger, der keine Rücklagen bildet, Einnahmen mit Gewinn verwechselt und „von der Hand in den Mund“ lebt, der geht ein extremes Risiko ein. Warum sollen andere dafür aufkommen?

Es gibt Fälle, gerade in einer solchen Krise, da geraten Menschen und Unternehmen gänzlich unverschuldet in Not. Da ist Hilfsbereitschaft gefragt – von allen. Aber wenn

Peter Altmaier verkündet, keiner werde seinen Job verlieren und kein gesundes Unternehmen werde pleite gehen (was meint er damit?), schürt er erst Ansprüche und Hoffnungen, die vernünftige Menschen gar nicht an den Staat stellen würden.

Leider traut sich keine Partei in Deutschland, so etwas zu sagen, weil es sehr unpopulär ist. Es ist einfacher, allen alles zu versprechen und jedem zu erklären, er habe alles richtig gemacht und der Staat werde es schon richten und dafür sorgen, dass er ohne wirtschaftliche Einbußen aus der Krise kommt. Dafür bekommt man Beifall – für einen solchen Artikel dagegen vor allem Widerspruch (lesen Sie die Kommentare).

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Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.