Der große Irrtum der Grünen: Warum wir nicht auf Konsum verzichten müssen

Erschienen am 6. Februar 2021

Was antikapitalistische „Wachstumskritiker“ sagen, klingt auf den ersten Blick plausibel: Unser Planet hat begrenzte Ressourcen, daher können wir nicht immer weiter wachsen.

Wir müssen unseren Konsum einschränken – oder die Erde geht vor die Hunde: Die Begründung für diese These lautet, mehr und mehr Wachstum führe dazu, dass die begrenzten Rohstoffressourcen der Erde verbraucht würden und zudem der Klimawandel unumkehrbar werde. Diese Warnungen sind nicht neu. Große Beachtung fand die 1970 veröffentlichte Studie des „Club of Rome“ „Grenzen des Wachstums“. Bis heute sind von diesem Buch über 30 Millionen Exemplare in 30 Sprachen verkauft worden. Das Buch, die Bibel aller Grünen, warnte zur Umkehr und hatte eine klare Botschaft: Die Rohstoffressourcen würden schon bald verbraucht sein, besonders das Öl. In 20 Jahren werde der letzte Tropfen Öl verbraucht sein, prophezeiten die Wissenschaftler damals. Nicht nur beim Erdöl, bei fast allen relevanten Rohstoffen taxierte der Bericht des „Club of Rome“ den Zeitpunkt ihrer Erschöpfung völlig falsch ein. Erdgas, Kupfer, Blei, Aluminium, Wolfram: Nichts davon würde man – weiteres Wirtschaftswachstum vorausgesetzt – nach den damaligen Vorhersagen heute noch in der Erde finden. Alles aufgebraucht, teilweise seit Jahrzehnten. Silber sollte 1985 verbraucht sein. Tatsächlich schätzte die United States Geological Survey (USGS) im Januar 2020 die Silberreserven weltweit auf 560.000 Tonnen.

Mehr aus weniger

Anhand zahlreicher Datenreihen belegt der amerikanische Wissenschaftler Andrew McAfee in seinem 2020 erschienenen Buch „Mehr aus weniger“ dass sich das Wachstum der Wirtschaft vom Rohstoffverbrauch entkoppelt hat. Daten für die USA zeigen, dass von 72 Rohstoffen nur sechs ihr Verbrauchsmaximum noch nicht erreicht haben. Obwohl die amerikanische Wirtschaft in den vergangenen Jahren stark gewachsen ist, ist der Verbrauch an vielen Rohstoffen negativ.

Schon 2015 hatte der amerikanische Umweltwissenschaftler Jesse H. Ausubel in seinem Aufsatz „The Return of Nature: How Technology Liberates the Environment“ gezeigt, dass die US-Amerikaner pro Kopf immer weniger Rohstoffe konsumieren. Der Gesamtverbrauch an Stahl, Kupfer, Dünger, Holz und Papier, der früher parallel mit dem Wirtschaftswachstum gestiegen war, hatte irgendwann ein Maximum erreicht und war seitdem rückläufig.

Der Grund dafür sind die Gesetze des vielgescholtenen Kapitalismus: Firmen suchen ständig nach neuen Möglichkeiten, effizienter zu produzieren, d.h. mit weniger Rohstoffen auszukommen. Sie tun das natürlich nicht primär, um die Umwelt zu schonen, sondern um Kosten zu sparen.

Hinzu kommt: Innovationen haben einen Trend befördert, den wir Miniutarisierung oder Dematerialisierung nennen. Ein Beispiel ist das Smartphone. Halten Sie sich vor Augen, wie viele Geräte in Ihrem Smartphone enthalten sind und wie viele Rohstoffe diese früher verbraucht haben:

  • Taschenrechner
  • Telefon
  • Videokamera
  • Wecker
  • Diktiergerät
  • Navigationssystem
  • Fotoapparat
  • CD-Player
  • Kompass

Viele Menschen haben heute kein Fax mehr und benutzen keine Straßenkarte aus Papier, weil alles in ihrem Smartphone enthalten ist, manche verzichten sogar auf ihre Armbanduhr. Früher brauchten Sie für das Telefon, für ihr Audio-Casettengerät, für ein Diktiergerät und für eine Videokamera vier Mikrofone, heute benötigt Ihr Smartphone nur ein Mikrofon für all diese Geräte.

Die meisten Umweltkennzahlen haben sich verbessert

Die Behauptung, das Wachstum automatisch zu einer immer schlimmeren Zerstörung der Umwelt führe, ist falsch. Der Environmental Performance Index der Yale Universität umfasst 16 Indikatoren aus den Bereichen Umweltgesundheit, Luftqualität, Wasser, Biodiversivität, natürliche Ressourcen und Energie. Sie sollen sowohl den aktuellen Zustand als auch die Dynamik des Ökosystems abbilden. Auffallend ist ein enger Zusammenhang zwischen dem Reichtum eines Staates und dem Abschneiden beim Umweltschutz. Die meisten entwickelten kapitalistischen Länder erreichen hohe Umweltstandards. Jene Länder mit der schlechtesten Bewertung im EPI sind durchgehend arm. Sie haben sowohl gering ausgeprägte Investitionskapazitäten für Infrastruktur, einschließlich Wasser- und Sanitärversorgung, als auch tendenziell schwache Umweltaufsichtsbehörden.

Entgegen der allgemein vorherrschenden Wahrnehmung haben die industrielle Entwicklung und der technische Fortschritt erheblich zur Entlastung der Umwelt beigetragen. Wie Indur Goklany in seinem Buch „The Improving State of the World“ und Steven Pinker in dem Kapitel „Umwelt“ seines Buches „Aufklärung jetzt“ belegen, leben wir heute nicht nur länger, gesünder und in bislang unerreichtem Wohlstand, sondern auch auf einem vergleichsweise sauberen Planeten.

Die Heritage Foundation erstellt jedes Jahr einen „Index der wirtschaftlichen Freiheit“. Die Wissenschaftler haben dabei auch den Zusammenhang von Umweltqualität und wirtschaftlicher Freiheit gemessen. Das Ergebnis ist eindeutig: Die wirtschaftlich freiesten Länder der Welt haben im Schnitt mit einem Score von 76,1 die höchste Umweltqualität, gefolgt von den Ländern, die überwiegend frei sind, mit einem Score von 69,5. Die wirtschaftlich unfreien bzw. überwiegend unfreien Länder haben dagegen die schlechtesten Scoring-Werte für die Umweltqualität von unter 50.

Kapitalismuskritiker setzen auf den Staat als den besten Umweltschützer.

Staatliche Regeln zum Umweltschutz sind wichtig. Aber staatliche Regulierung, von Kapitalismuskritikern als Allheilmittel für die Umweltprobleme genannt, führt oft zum Gegenteil des Erwünschten. Kaum ein Land der Welt gibt sich so umweltbewusst wie Deutschland, die Kosten der sogenannten „Energiewende“ in Deutschland sollen sich bis 2025 konservativ geschätzt auf fast 500 Milliarden Euro summieren.

Doch das Ergebnis der Anstrengungen ist ernüchternd, wie eine Analyse von McKinsey zeigt: „Deutschland verfehlt den Großteil seiner selbstgesteckten Ziele für die Energiewende bis 2020. Gleichzeitig ist mittelfristig nach dem beschlossenen Atom- und Kohleausstieg die Versorgungssicherheit gefährdet, wenn die abgeschalteten Kapazitäten nicht rechtzeitig flexibel ersetzt werden und der Ausbau der Transportnetze schneller vorankommt.“

Mit Kernenergie gegen Klimawandel

Im Mittelpunkt der Forderungen der grünen Umweltschützer stand lange Zeit das Abschalten der Kernkraftwerke. Der Ausstieg aus der Kernenergie hat jedoch dazu geführt, dass Deutschland im Hinblick auf die CO2-Emission im internationalen Vergleich schlecht dasteht.

China, der weltweit größte CO2-Verursacher, geht einen anderen Weg. Um bis 2060 klimaneutral zu werden, setzt Peking auf Kernkraftwerke. Neulich ging das erste eigene Kernkraftwerk in China in Betrieb. Schon bald will das Land Kraftwerke exportieren. Eine neue Generation von Kernkraftwerken ist sehr viel sicherer als der alte Typus – und können entscheidend zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen. In den USA lässt Joe Biden die Chancen von „kleinen“ Kernkraftwerken mit SMR-Technik ausloten. Gemeint sind damit Atomreaktoren mit einer Leistung von maximal 300 Megawatt. In Großbritannien arbeitet ein Konsortium um den Industriekonzern Rolls Royce an der SMR-Technik. Bis zu 16 solcher Anlagen sollen in Großbritannien gebaut werden.

Kapitalismuskritiker machen den Kapitalismus für steigenden Rohstoffverbrauch und Klimawandel verantwortlich. Aber schädlich für den Klimawandel sind oft politische Entscheidungen – wie etwa die deutsche Entscheidung, aus der Kernenergie auszusteigen. Nicht der Kapitalismus ist in Deutschland das Klimarisiko Nr.1, sondern die grüne Ideologie.

Konsumverzicht zu predigen klingt wie ein Hohn für Hunderte Millionen Menschen auf der Welt, die nach wie vor in extremer Armut leben. Ihnen hilft nur Kapitalismus und Wirtschaftswachstum – so wie in China, wo die Zahl der Menschen, die in extremer Armut leben von 88% (1981) auf heute unter 1% gesunken ist. Andrew McAfee hat in seinem Buch eine optimistische Botschaft: Wir müssen nicht umkehren und auf Konsum verzichten: Der Kapitalismus und moderne Technologie versetzen uns in die Lage, schonender mit der Erde umzugehen, anstatt sie auszuplündern.

Teile des Beitrages stammen aus dem Vorwort zu der soeben erschienenen 4. Auflage des Buches „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“.

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