Subsidarititätsprinzip: Von der Leyen hat gegen ein Grundprinzip der EU verstoßen

Erschienen am 7. Februar 2021

Ursula von der Leyen hat eingeräumt, dass die Impfstoffbeschaffung durch einzelne Länder schneller gegangen wäre als durch die EU – und gibt damit zu, dass sie bei der Impfstoffbeschaffung gegen einen zentralen Grundsatz der europäischen Verträge gehandelt hat.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in einem Beitrag für die FAZ geschrieben: „Auch ich stelle mir diese Fragen jeden Tag: Hätten wir schneller sein können? Und wäre ein einzelner Mitgliedstaat schneller gewesen?… Ja, es dauert vielleicht länger, Entscheidungen zu 27 zu treffen als allein. Aber stellen Sie sich vor, was passiert wäre, wenn am Anfang nur ein oder zwei Mitgliedstaaten Impfstoffe erhalten hätten. Das wäre für einige große Staaten wie Deutschland denkbar gewesen. Aber was hätte das für unsere Einheit in Europa bedeutet? Diese Abkehr von unseren europäischen Werten hätte nicht wenige gestärkt, sondern alle geschwächt. Das wäre an die Grundfesten Europas gegangen.“ In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung am 5. Februar sagte sie, mit Blick auf Kritik, die EU habe den Impfstoff zu zögerlich bestellt: „Natürlich: Ein Land kann ein Schnellboot sein. Und die EU ist mehr ein Tanker.“

Mit diesen Äußerungen hat von der Leyen zugegeben, dass die Impfstoffbeschaffung durch einzelne Länder schneller gegangen wäre als durch die EU. Tatsächlich hatten Frankreich, Italien, die Niederlande und Deutschland schon im Sommer begonnen, mit den Impfstoffherstellern, zu verhandeln.

Merkel verhinderte die schnellere Lösung

Nach Informationen der „Bild“-Zeitung hatten die Minister Hugo de Jonge (Niederlande), Jens Spahn (Deutschland), Olivier Véran (Frankreich) und Roberto Speranza (Niederlande) schon im Juni 2020 massive Zweifel daran, dass die EU in der Lage ist, rechtzeitig genug Impfstoff zu beschaffen. Sie wurden aber von ihren jeweiligen Regierungschefs – in Deutschland von Bundeskanzlerin Angela Merkel – gedrängt, das Verfahren an Ursula von der Leyen zu übertragen.

Die Bild-Zeitung veröffentlichte als Faksimile einen Brief vom Juni 2020, der belegt, wie die vier Minister aus Deutschland, Frankreich, Italien und den Niederlanden die Beschaffung des Impfstoffs an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen abtreten und sich in demütigem Ton für ihre Bemühungen bei der Impfstoff-Beschaffung entschuldigen mussten. Nach Informationen der Zeitung war es sowohl Kanzlerin Angela Merkel als auch von der Leyen wichtig, dass die Minister den Brief in möglichst unterwürfigem Ton verfassen. Hintergrund: Die Minister hatten sich zu viert um genug Impfstoff für alle Europäer bemüht, Angela Merkel aber wollte die Impfstoff-Beschaffung als große Geste in die Hände der EU und ihrer Freundin Ursula von der Leyen legen.

In dem gemeinsamen Brief der vier Minister vom Juni heißt es unterwürfig: „Leider haben die zeitgleichen Verhandlungen unserer Allianz Sorgen verursacht. Deswegen glauben wir daran, dass es von herausragender Wichtigkeit ist, einen gemeinsamen Ansatz gegenüber den verschiedenen Pharmakonzernen zu verfolgen. (…) Wir sind uns einig, dass Geschwindigkeit von entscheidender Bedeutung ist. Deswegen halten wir es für sinnvoll, wenn die Kommission die Führung in diesem Prozess übernimmt. Natürlich bieten wir weiter unsere Unterstützung und Expertise an.“

Verstoß gegen Subsidaritätsprinzip

Mit diesem Vorgehen hat von der Leyen gegen eines der wichtigsten Prinzipien der EU verstoßen, gegen das Subsidaritätsprinzip. Artikel 5 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und das Protokoll (Nr. 2) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit besagt: Im Rahmen der EU dient das Subsidiaritätsprinzip als Maßgabe zur Regelung der Ausübung der nicht ausschließlichen Zuständigkeiten der Union. Es schließt ein Tätigwerden der EU aus, wenn eine Angelegenheit auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene wirksam durch die Mitgliedstaaten selbst geregelt werden kann. Es ermächtigt die EU, ihre Befugnisse nur dann auszuüben, wenn die Ziele einer in Betracht gezogenen Maßnahme von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und die Maßnahme auf der Ebene der Union zu einem Mehrwert führen kann.

Hoher Preis für Angst vorNationalismus

Ursula von der Leyen hat selbst zugegeben, dass genau das Gegenteil der Fall war: Durch die Übertragung der Impfstoffverhandlungen an die EU wurde alles langsamer und komplizierter. Das Ergebnis davon ist, dass viele Tausend Menschen in EU-Ländern sterben mussten, weil sie nicht rechtzeitig einen Impfschutz bekamen. Das Ergebnis ist, dass durch Lockdown-Maßnahmen zusätzliche Milliarden-Beträge ausgegeben werden mussten und die Existenz von Tausenden Selbstständigen in Europa vernichtet wurde. Und warum dies alles? Weil Angela Merkel und Ursula von der Leyen von einer irrationalen Angst vor „Nationalismus“ geleitet werden. Man sieht das an von der Leyens Formulierung, eine nationale Impfstoffbestellung „wäre an die Grundfesten Europas gegangen“. Das ist natürlich völlig abwegig. Dahinter steht die sozialistische Neid-Idee, dass es besser ist, wenn es den Europäern in allen Ländern gleich schlecht geht, als wenn einige Menschen eher einen Impfstoff bekommen.

Soeben in einer Neuauflage erschienen: Zitelmanns „Klassiker“ von 1994: „Wohin treibt unsere Republik? Wie Deutschland links und grün würde“.

 

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