Der Pro-Trump-Reflex: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“

Erschienen am 29. November 2016

Ich habe das schon vor einiger Zeit an dieser Stelle vorhergesagt: Die primitive Anti-Trump-Propaganda in deutschen Medien führt bei manchen Bürgern genau zum Gegenteil, nämlich zu einer unkritischen Parteinahme für Trump.

Derzeit kommen im Netz Pro-Trump-Statements besonders gut an. Das ist kein Wunder. Wer Pro-Trump schreibt, ist sich hoher Klickraten sicher. Es handelt sich hier um eine – wenn auch nicht besonders intelligente, so doch verständliche – Reaktion auf die Anti-Trump-Propaganda, die in den meisten Medien betrieben wird. Ob im „Spiegel“ oder in ARD/ZDF, überall hört man nur, wie gefährlich, sexistisch, frauenfeindlich, rassistisch, protektionistisch, islamfeindlich usw. usf. Donald Trump ist.

Da viele Menschen ohnehin den Medien nicht mehr trauen (laut Allensbach-Umfrage hält ein erheblicher Teil der Bürger die Medien für einseitig und wenig glaubwürdig), war genau mit dieser Gegenreaktion zu rechnen: „Wenn die Medien so schlecht über Trump schreiben, dann ist das gerade ein Grund, ihn gut zu finden.“ So denken offenbar jene, die schon lange von der Political Correctness entnervt sind und die inzwischen „aus Prinzip“ eine Gegenposition zu allem einnehmen, was Konsens in der politischen Klasse und den Medien ist.

Ich stehe als Rechtsliberaler bestimmt nicht im Verdacht, politisch korrekt, grün oder links zu sein. Und dennoch halte ich von Trump nicht viel. Warum?

Was mich an Trump stört

  1. Weil ich Menschen nicht mag, die so viel lügen wie er. Ich verstehe Trump-Bewunderer nicht, die sich ständig über die Verlogenheit von deutschen Politikern beklagen und dann dem größten Lügner alles verzeihen.
  2. Weil er keine Prinzipien hat. Ich verstehe Trump-Bewunderer nicht, die Politikern vorwerfen, ihnen gehe es nur um die Macht und dann einem Politiker zujubeln, der noch nie irgendwelche Prinzipien gehabt hat und dem es vor allem um die Macht geht.
  3. Weil er oft über Dinge redet, von denen er nichts versteht. Das hat er allerdings mit vielen seiner Bewunderer gemeinsam.
  4. Weil mich seine Sympathiebekundungen für Autokraten und Diktatoren erheblich stören.
  5. Weil ich ihn für einen Egomanen und Narzissten halte (deshalb mochte ich schon Obama nicht).

Das alles hat mit links, rechts, liberal oder politisch korrekt/unkorrekt gar nichts zu tun.

Trumps Verdienst

Obwohl ich also alles andere als ein Trump-Fan bin, so gebe ich doch zu, dass er auch etwas Positives bewirkt hat: Er hat die „Political Correctness“ ad absurdum geführt und wirkungslos gemacht. Dabei ist er selbst ein Produkt dieser Political Correctness. Ohne die von linken Tabuwächtern verhängten Sprach- und Denkverbote wäre Trump niemals auf eine so große Resonanz gestoßen. Wir erleben derzeit, wie die seit Jahrzehnten von linken Intellektuellen und Medien errichteten Sprech- und Denkverbote wirkungslos werden, weil immer mehr Menschen sie einfach missachten. Das hat etwas Befreiendes. Und als Liberaler, für den wirtschaftliche und geistige Freiheit gleichermaßen wichtig sind, begrüße ich das natürlich.

Ich habe nichts dagegen, wenn zum Kontrast gegen die Anti-Trump-Einheitsberichterstattung auch positive und differenzierte Kommentare zu Trump geschrieben werden. Im Widerstreit unterschiedlicher, dezidiert vorgetragener Meinungen kann sich jeder sein eigenes Urteil bilden, und da ist es gut, wenn es auch Pro-Trump-Artikel gibt. Aber ist es nicht ein geistloser Reflex, Trump allein deshalb unkritisch zu verteidigen, weil die politische Klasse, die Medien und die Tugendwächter der Political Correctness ihn so sehr hassen?

Fillon ist mir lieber

Ich jedenfalls mag François Fillon, den frisch gekürten Kandidaten der Republikaner in Frankreich, wesentlich lieber, denn er hat ein klares, marktwirtschaftliches Koordinatensystem (was ich bei Trump nicht erkennen kann). Fillon ist auch kritisch gegenüber einer unbegrenzten Einwanderung und er spricht dabei eine sehr deutliche Sprache, die mir jedoch lieber ist als die von Trump. Mag sein, dass ich für Trump einfach zu intellektuell bin. Mich erinnert Fillon ein wenig an Ted Cruz, Trumps härtesten Widersacher bei den Vorwahlen in den USA. Cruz hatte den Mut, sogar auf dem Parteitag der Republikaner eindringlich vor Trump zu warnen – obwohl er wusste, dass er dafür ausgebuht wird. Und Cruz ist ganz bestimmt kein Linker und kein politisch Korrekter.


24 Besprechungen, Interviews und Artikel zu Rainer Zitelmanns aktuellem Buch "Reich werden und bleiben": http://www.reichwerdenundbleiben.net/

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.