In den USA haben 40 sehr vermögende Personen, darunter 30 Milliardäre, angekündigt, die Hälfte ihres Vermögens zu spenden. Statt sich einfach darüber zu freuen, dass auf diese Weise viele Milliarden mobilisiert werden, um Gutes zu tun, nehmen Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei diese großartige Spendenaktion zum Anlass, ihre Ressentiments gegen „Besserverdiener“ und „Reiche“ in Deutschland erneut in unangenehmer Weise zur Schau zu tragen. Die WELT AM SONNTAG fasst die Reaktionen der drei Parteien treffend so zusammen: „’Wer spenden kann, soll das tun’, befiehlt die Grüne Claudia Roth, SPD-Fraktionsvize Joachim Poß wird deutlicher. Auch wenn die Reichen spenden, enteignet werden sollen sie sowieso: ‚Ein solche Geste kann eine vernünftige Vermögensbesteuerung nicht ersetzen’. Und der Linke Bodo Ramelow bringt seine Steuerphantasien auf den einfachen Nenner: die ‚Stärkung des Staatssystems’.“
In den USA ist traditionell die Spendenkultur sehr viel ausgeprägter als in Deutschland. Der in Deutschland allmächtige Wohlfahrts-, Umverteilungs- und Steuerstaat ist offenbar nicht dazu angetan, die Spendenbereitschaft zu erhöhen. Ein ausufernder Umverteilungsstaat erstickt die Spendenkultur, weil alle das Gefühl haben, der Staat werde es ohnehin schon richten.
Es kommt eine psychologische Komponente hinzu: In Amerika wird Reichtum anders wahrgenommen als in Deutschland. Den Deutschen sind Reiche suspekt. Die Amerikaner bewundern sie. Eine gesellschaftliche Gruppe, die von der Gesellschaft geachtet und respektiert wird, entwickelt andere Verhaltensweisen und Einstellungen als eine Gruppe, die das Gefühl hat, vor allem beschimpft und geschröpft zu werden. Wer in Deutschland viel spendet, setzt sich damit zunächst mal des Verdachtes aus, er tue dies ohnehin entweder nur deshalb, um damit „Steuern zu sparen“ oder er wolle damit sein „schlechtes Gewissen beruhigen“ (das sollte er ja wegen seines Reichtums haben) oder er wolle damit nur einen „PR-Coup“ landen.
Ärgerlich ist auch die penetrante Mahnung von deutschen Politikern, die „Besserverdienenden“ sollten „nun endlich auch mal einen Beitrag“ leisten und anständig Steuern bezahlen. Dabei kann jeder wissen, dass eine ganz kleine Minderheit von Steuerpflichtigen in Deutschland für mehr als die Hälfte des Steueraufkommens verantwortlich ist. Die bösartige Formulierung, diese Gruppe solle nun „endlich auch mal“ einen Beitrag leisten, impliziert ja, dass dies bislang nicht der Fall sei.
Zur Spendenkultur gehört, dass Spenden etwas ganz und gar Freiwilliges ist – und nichts, dass von Politikern mit schrillen Tönen fordernd angemahnt wird. Und das Beispiel Amerikas zeigt, dass Vermögende eher zu großzügigen Spenden bereit sind, wenn man sie auch sonst im gesellschaftlichen Leben als wichtige Gruppe respektiert und – warum nicht auch das? – bewundert.
In Deutschland gehört es seit Ende letzten Jahres zum guten Ton, wenn man Steuersenkungen für einen ausgemachten Blödsinn hält, der absolut nicht zu der aktuellen Haushaltslage passt. Die FDP wurde so lange dafür gescholten, an der angeblich weltfremden und absurden Idee von Steuersenkungen festzuhalten, dass sie schließlich angesichts eines fast einstimmigen Medien- und Politikerkonsensus klein beigeben und von der Idee einer radikalen Steuerreform abschwören musste. Umso überraschender und positiver ist eine Nachricht, mit der die WELT AM SONNTAG gestern auf Seite 1 aufgemacht hat: „Deutschland tritt in den Steuerstreik“. 90 Prozent der Deutschen, so eine GfK-Umfrage, hielten höhere Steuern für unangemessen. Nur sechs Prozent empfänden eine Mehrbelastung für „angemessen“. Man sieht: Die öffentliche und die veröffentlichte Meinung sind nicht immer identisch.
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