Um es vorweg zu sagen: Die indirekte Immobilienanlage ist in Deutschland von einer Vielfalt verschiedener Vehikel geprägt – und dies wird auch so bleiben. Anders als in anderen Ländern, wo eindeutig gelistete Unternehmen (so etwa REITs) den Markt der indirekten Immobilienanlagen dominieren, existieren in Deutschland nebeneinander geschlossene und offene Immobilienfonds, Immobilien-Spezialfonds für Institutionelle und börsennotierte Immobilien-AGs.
In den vergangenen Jahren haben sich erhebliche Veränderungen ergeben. Vor einigen Jahren gab es nur zwei Immobilienunternehmen im MDAX (IVG und Euroshop), heute gibt es sechs Immobilienunternehmen im MDAX mit einer Marktkapitalisierung von über zehn Milliarden Euro. Das Erstaunliche: Außer der Euroshop sind alle diese Unternehmen Wohnimmobilien-AGs.
Zählt man zusammen, wie viele Wohnungen die Deutsche Annington, die Gagfah, Vivawest, die Deutsche Wohnen, die Patrizia, die GSW, die GBW und conwert besitzen, dann kommt man auf über 660.000 Einheiten. Und die Marktkapitalisierung dieser Gesellschaften beträgt deutlich über zwölf Milliarden Euro. Daneben gibt es zahlreiche mittlere und kleinere Wohnungs-AGs, die aber zum Teil kräftig zukaufen, so etwa die Estavis, Westgrund und andere. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass sich börsennotierte Wohnimmobilien-AGs inzwischen als Assetklasse gut etabliert haben. Und dieser Prozess wird weitergehen. Sollte die Fusion von GSW und Deutsche Wohnen Realität werden, dann gibt es bald erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein Immobilienunternehmen im DAX. Dies würde dem ganzen Segment erheblich mehr Aufmerksamkeit und Auftrieb geben.
Allerdings ist auffällig, dass die Investoren aller börsennotierten Immobilien-AGs überwiegend im Ausland sitzen. Deutsche institutionelle Investoren haben bis heute das Vehikel der bestandshaltenden Immobilien-AG nicht verstanden – ebenso wenig die privaten Anleger in Deutschland. Hier ist eine Menge Aufklärungsarbeit notwendig. Private und institutionelle Investoren in Deutschland verbinden – aus welchem Grund auch immer – die Immobilienanlage mit dem Begriff „Stabilität“. Da Aktien an der Börse naturgemäß volatiler sind als beispielsweise Fonds, welche einmal im Jahr bewertet werden, meiden private und institutionelle deutsche Investoren bislang weitgehend Immobilienaktien. Ist eine Form der indirekten Immobilienanlage aber „instabiler“ als eine andere, nur weil sie häufiger bewertet wird und man Änderungen daher eher wahrnimmt?
Zugelegt haben in den vergangenen Jahren auch die Immobilien-Spezialfonds, welche nach wie vor die von deutschen Investoren bevorzugten Vehikel sind. Seit dem Jahr 2000, als das Fondsvolumen der Spezialfonds erst bei etwa sechs Milliarden Euro lag, hat sich dieses fast versechsfacht! Diese Entwicklung wird weitergehen.
Während börsennotierte Immobilien-AGs das bevorzugte Vehikel für ausländische Institutionelle sind, präferieren deutsche Institutionelle den Immobilien-Spezialfonds. Auch der Anteil dieser beiden Vehikel am Transaktionsmarkt ist erheblich gestiegen. Ende der 90er Jahre wurden weniger als fünf Prozent der Käufe am deutschen Immobilienmarkt von Spezialfonds getätigt, heute sind es fast 14 Prozent. Und börsennotierte Immobilien-AGs stellen heute neben ausländischen Investoren die wichtigste Käufergruppe für Wohnungsportfolien dar.
Verändert hat sich das relative Gewicht von indirekten Immobilienanlagen mit institutionellen und mit privaten Investoren. Hierzu eine Zahl von bulwiengesa: 1996 wurden 90 Prozent der Käufe am deutschen Immobilienmarkt von folgenden drei Gruppen getätigt: Geschlossene Fonds, offene Immobilien-Publikumsfonds, Immobilien-Leasingfonds. Die Investoren bei diesen drei Gruppen waren ganz überwiegend bzw. ausschließlich private Anleger. Im vergangenen Jahr waren diese drei Gruppen nur noch für etwa 18 Prozent des Kaufvolumens verantwortlich. Dagegen wurden 2012 mehr als zwei Drittel des Kaufvolumens am deutschen Immobilienmarkt von in- und ausländischen Institutionellen (Spezialfonds, Versicherungen, Pensionskassen, ausländische Investoren, Immo-AGs) getätigt. Die Gewichtsverlagerung von privaten Anlegern zu institutionellen Investoren ist also eine der wichtigsten Entwicklungen der vergangenen Jahre.
Private Anleger haben das Interesse an Immobilienanlagen in den vergangenen Jahren nicht verloren, entschieden sich aber zunehmend für direkte Investments, also für Zinshäuser oder Wohnungen. Doch wäre es aus meiner Sicht falsch, die offenen und geschlossenen Immobilienfonds abzuschreiben. Allein bis zum Juli 2013 flossen in diesem Jahr fast 3,7 Milliarden Euro in offene Immobilienfonds. Seit 2004 war es nur in einem gesamten (!) Jahr, nämlich 2007, mehr. 2013 wird vermutlich eines der besten Jahre seit Langem für den Mittelzufluss zu offenen Immobilienfonds, und dies obwohl zahlreiche Fonds geschlossen sind und abgewickelt werden.
Schon in der Vergangenheit wurde immer mal wieder postuliert, der offene Immobilienfonds sei am Ende – aber dies hat sich jedes Mal als falsch herausgestellt. Allerdings werden die teilweise sehr ernüchternden Ergebnisse bei der Abwicklung einiger offener Immobilienfonds diese Branche vor erhebliche kommunikative Herausforderungen stellen.
Und wie ist es mit den geschlossenen Fonds? Die Platzierungszahlen gehen Jahr für Jahr zurück. Der Tiefstand von nur noch zwei Mrd. platziertem Eigenkapital im Jahre 2012 wird in diesem Jahr mit Sicherheit noch einmal deutlich unterschritten. Zahlreiche früher führende Initiatoren haben ihr Neugeschäft faktisch eingestellt. Durch die AIFM wird es einen verschärften Ausleseprozess geben.
Obskure Anbieter werden es künftig schwerer haben und es wird sich eine – sicher nur sehr kleine – Zahl renommierter Anbieter herausbilden, die das deutlich kleiner gewordene Volumen des Marktes unter sich aufteilen. Die Gemeinsamkeit dieser Anbieter: Sie fokussieren sich auf Immobilien oder vielleicht noch auf eine andere Assetklasse. Die Zeiten, wo nebeneinander sechs oder sieben verschiedene Assetklassen (Schiffe, New Energy, Private Equity, Flieger usw.) von einem Initiator angeboten wurden, sind vorbei. Spezialisierung zahlt sich aus, wie das Beispiel eines Unternehmens wie Jamestown zeigt.
Der Begriff „geschlossener Fonds“ wird langsam in den Hintergrund treten. Der Verband hat sich ja bereits umbenannt, und auf den Webseiten einiger Initiatoren taucht dieser Begriff gar nicht mehr auf. Zudem wachsen die Welten der offenen und geschlossenen Fonds zusammen.
Gewinnen werden jene Anbieter, die nicht vor allem eine Strukturierungs- und Vertriebskompetenz haben, sondern eine Kompetenz als Assetmanager. Diese verbliebenen Initiatoren (KVGs) werden künftig teilweise nur noch Produkte für institutionelle Investoren anbieten oder sowohl Produkte für private wie auch für Institutionelle oder aber sie werden bevorzugt Produkte für Familiy Offices, Stiftungen und sehr vermögende Privatanleger anbieten. Die Jahre 2013/2014 werden jedenfalls in diesem Segment zu einer Marktbereinigung und Professionalisierung führen, und in dem kleiner werdenden Gesamtmarkt bieten sich hervorragende Chancen für die verbliebenen Player.
Der Markt für indirekte Immobilienanlagen in Deutschland wird also nach wie vor von einer Vielfalt geprägt bleiben. Börsennotierte AGs und Spezialfonds werden weiter an Bedeutung gewinnen, wobei Erstere vor allem von ausländischen und Letztere von inländischen Institutionellen bevorzugt werden. Eine entscheidende kommunikative Aufgabe besteht aus meiner Sicht künftig darin, auch inländische institutionelle und private Investoren von der „Story“ der bestandshaltenden Immobilien-AG zu überzeugen.
Das Interesse an offenen Immobilienpublikumsfonds hat wieder deutlich zugelegt, aber durch die Abwicklung von Altfonds steht diese Branche vor erheblichen kommunikativen Herausforderungen.
Im Markt der geschlossenen Fonds wird sich die Marktbereinigung fortsetzen. Von einstmals mehreren hundert Initiatoren werden vielleicht zehn bis zwanzig übrigbleiben, die durch ihre Assetmanagement-Kompetenz in der Vergangenheit überzeugen konnten und sich eine klare Positionierung erarbeiten.