Nicht nur der Staat Griechenland ist hoffnungslos überschuldet, sondern auch die griechischen Bürger und Unternehmen stehen bei der öffentlichen Hand mit 91,6 Milliarden Euro in der Kreide.
„Es ist besser, ohne Abendbrot zu Bett zu gehen als mit Schulden aufzuwachen“ – so sah das noch der amerikanische Staatsmann Benjamin Franklin. In Griechenland sieht man das ganz anders. Eine soeben veröffentlichte Zahl macht schlaglichtartig das Verhältnis vieler Griechen zum Thema „Schulden“ deutlich.
4.030.910 Bürger und Firmen in Griechenland haben Schulden beim Staat, und zwar insgesamt 91,6 Milliarden Euro. Das entspricht 55 Prozent des griechischen Bruttoinlandsproduktes (!). Die Schulden setzen sich u.a. zusammen aus:
- 36 Prozent nicht bezahlter Geldstrafen.
- 20,4 Prozent nicht bezahlter Mehrwertsteuern.
In Wahrheit dürfte die Verschuldung noch sehr viel höher sein, da Griechenland bekanntlich über keine funktionierende Finanzverwaltung verfügt und Steuerhinterziehung als völlig normal gilt.
Offenbar hat man in Griechenland aber ganz generell ein anderes Verhältnis zum Thema Schulden als beispielsweise in Deutschland. Hierzulande fühlen sich viele Menschen mit Schulden schlecht oder sogar schuldig. Das gilt jedenfalls für denjenigen, der Konsumschulden hat. Etwas anderes ist es natürlich, wenn Firmen oder Unternehmen für Investitionen Kredite aufnehmen, was legitim, notwendig und sinnvoll ist.
In Griechenland dagegen scheint es ganz normal zu sein, dass man Geldstrafen und Steuern nicht bezahlt. Das gilt nicht nur für jene, die zu wenig Geld haben, um ihre Schuld zu begleichen, sondern mindestens ebenso für jene, die mehr als genug hätten.
Schulden sind hier offenbar nicht mit Schuldbewusstsein verbunden. So wird verständlich, dass die Griechen auch ausländische Staaten, Banken und Privatleute, bei denen sie Schulden haben, beschimpfen und wie selbstverständlich ständig und lautstark einen Erlass ihrer Schulden fordern. Es ist ja absurd, wenn jene Staaten und Privatleute, die Griechenland Milliardenbeträge geliehen haben – und schon mehrfach auf einen Teil ihrer Schulden verzichteten – dafür beschimpft werden, wenn sie von den Schuldnern fordern, ihre Ausgaben in den Griff zu bekommen.
Kann man überhaupt noch von einem „Staat“ sprechen, der nicht willens oder nicht in der Lage ist, die Bürger dazu zu bringen, ihre Steuern oder auch Geldstrafen zu begleichen? Wird ein solcher Staat nicht vor allem auch unglaubwürdig und lächerlich für jene Bürger, die korrekt ihre Steuern oder Geldstrafen bezahlen? Denn die gibt es natürlich auch in Griechenland. Wie fühlen sie sich eigentlich?
Deutschland hat Griechenland mehrfach angeboten, beim Aufbau einer funktionierenden Finanzverwaltung zu helfen. Die Griechen haben dankend abgelehnt und das als Bevormundung empfunden – obwohl der griechische Staat längst bankrott wäre, wenn nicht ständig Milliardentransferzahlungen aus anderen europäischen Ländern an ihn fließen würden.
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