Die Justizministerin drückt sich vor einer klaren Absage an die Enteignungsforderungen der Linken. Und der Präsident des Immobilienverbandes erklärt, die Linke sei verantwortlich für die größte Wohnungsnot der Nachkriegsgeschichte.
„Menschenrecht Wohnen – in Deutschland leider unbezahlbar?“, so lautete das Thema gestern bei „hart aber fair“ im Ersten. Die Gäste: Katarina Barley (SPD, Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz), Jürgen Michael Schick (Präsident Immobilienverband IVD); Nicola Beer (FDP, Generalsekretärin), Lucy Redler (Die Linke), Michael Schumacher (Architekt).
Redler ist nicht nur im Parteivorstand der LINKEN. Sie ist Trotzkistin, also Anhängerin des russischen Revolutionärs Leo Trotzki. Und so spricht sie auch: „Wir erleben, dass Wohnen immer mehr zur Klassenfrage wird“, sagt Redler. Sie engagiert sich für die Berliner Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. In Berlin hätten mehr als die Hälfte Bewohner Angst, sich in Zukunft ihre Wohnung nicht mehr leisten zu können. Daher sei Enteignung der richtige Weg. Der Sprecher der Initiative forderte übrigens neulich bei Anne Will, die „Entschädigung“ solle nicht mehr als 1 Euro betragen. Auf der Website der von Redler unterstützten Initiative werden bereits kleine Privatvemieter gewarnt, dass es nach den großen Gesellschaft auch ihnen an den Kragen gehen könnte: „Die kleinen Miethaie schauen auf den großen Miethai und nehmen ihn als Vorbild. So wird auch eine Niederlage des großen Miethais für die Kleineren eine Lehre sein.“
Barley – Drückebergerin des Abends
Justizministerin Barley war nicht zu einer klaren Stellungnahme für oder gegen Enteignungen privater Wohnungsgesellschaften bereit. Sie verwies vor allem darauf, dass dies rechtlich möglich sei, meinte nur, man müsse halt ausreichend entschädigen. Der Disput zwischen der sozialdemokratischen Justizministerin und der Trotzkistin ging also weniger darum, ob eine Enteignung legitim sei, sondern um die Frage, ob man überhaupt angemessen entschädigen müsse oder nicht. Das empörte Jürgen Michael Schick vom Immobilienverband: „Mit welcher Leichtfertigkeit über Enteignungen diskutiert wird, und wie wenig klar das zurückgewiesen wird, das erstaunt mich schon.“ „Bild“ bezeichnet heute in der Besprechung der Talkshow Ministerin Barley als „Drückebergerin des Abends“: „Keine Meinung ist auch ein Form von Meinungsfreiheit.“
Linke für größte Wohnungsnot der Nachkriegsgeschichte verantwortlich
Redlers Partei, konterte Schick, sei für die größte Wohnungsnot der deutschen Nachkriegsgeschichte verantwortlich. Schließlich sei die LINKE die umbenannte SED. Und unter deren Regie in der DDR verkam bekanntlich der Wohnungsbestand und man musste Jahre auf einen Platz in einem Plattenbau warten. Nach der Wiedervereinigung mussten die Westdeutschen mit 84 Milliarden Euro beim Neubau und der Sanierung von Wohnungen in Ostdeutschland helfen. Wer den Bezug zur DDR-Vergangenheit nicht möge, so Schick, könne auch heute nach Berlin schauen: Dort sei Katrin Lompscher von der LINKEN (er nannte sie „Bauverhinderungssenatorin“) verantwortlich für den Wohnungsmangel. Die Zahl der Bebauungspläne habe sich seit dem Amtsantritt von Lompscher halbiert und die Zahl der Baugenehmigungen sei rückläufig, so Schick.
Acht Jahre für Aufstellung eines Bebauungsplanes
Was sind die Gründe für die Wohnungsnot? Da waren sich Schick und Nicola Beer, die Generalsekretärin der FDP, einig: Zu lange Genehmigungszeiten, zu viele Öko-Vorschriften, die das Bauen unnötig verteuern. Beer forderte einen „Mieten-TÜV“: Jedes Gesetz müsse daraufhin geprüft werden, ob es das Bauen verzögere oder verteure. Schick meinte, in Berlin dauere die Aufstellung eines Bebauungsplanes im Durchschnitt acht Jahre. Vom Kauf eines Grundstückes bis zur Fertigstellung einer Wohnung dauere es nicht selten zehn Jahre: Davon würden zwei Jahre gebaut und acht Jahre im Kleinkrieg mit Politik und Behörden vertrödelt. „Wenn die Planungs- und Genehmigungsverfahren Ewigkeiten dauern, dann ist das ein Schicksal für alle, die bauen. Wenn wir das entrümpeln, weg von unsinnigen Öko-Vorschriften, dann schaffen wir es auch, auf günstigen Grundstücken günstig zu bauen – und das wäre doch die Entlastung, die wir brauchen.“
Menschenrecht, in Düsseldorf ein Haus zu besitzen?
Als Gast wurde eine Polizistin eingeladen, die sich ein Haus gekauft hat, aber nicht in Düsseldorf, wo sie arbeitet, sondern 70 Kilometer entfernt. Sie beschwert sich, dass sie sich kein Haus in Düsseldorf leisten könne und jetzt so lange Fahrwege habe und daher ganz früh aufstehen muss. „Menschenrecht auf Wohnung“ heißt offenbar nach Meinung mancher, dass es ein Menschenrecht ist, sich in einer der teuersten Metropolen Deutschlands ein Einfamilienhaus leisten zu können. Nur: Mehr als 75 Prozent der Düsseldorfer wohnen zur Miete. Hat man sie alle ihres Menschenrechtes beraubt?
Ein hässliches Haus als Prototyp für günstiges Bauen?
Der Architekt Michael Schumacher zeigte, dass günstiges Bauen trotz aller Vorschriften möglich sei. Er hat einen Prototyp für eine städtische Wohnungsgesellschaft entworfen. Der sieht allerdings ziemlich hässlich aus und die Treppen verlaufen nicht im Haus, sondern draußen im Freien. Sicher nicht die Schuld des Architekten: Er wollte sich eben an alle Bauvorschriften (in Deutschland gibt es 20.000) halten und auch die Öko-Regeln befolgen. Wenn man trotzdem günstig bauen will, sieht das Haus dann eben so aus. Auch das ist eine Botschaft.
Kritisiert wurden von Plasberg die Maklerprovisionen. Barley will jetzt auch hier das sogenannte „Bestellerprinzip“ einführen. Da die meisten Menschen Makler nicht mögen, hatte Schick es hier nicht leicht. Er konterte: Wenn die Politik etwas gegen hohe Erwerbsnebenkosten tun wolle, dann könne sie das ja bei der Grunderwerbsteuer. Das Volumen der Grunderwerbsteuer in Deutschland betrage jährlich 14 Mrd. Euro in Deutschland, das der Maklercourtage nur zwei Milliarden. Und die Grunderwerbsteuer habe sich – beispielsweise in Berlin – in den vergangenen 20 Jahren von zwei auf sechs Prozent verdreifacht, während die Maklercourtage gleich hoch geblieben sei. Beer forderte deshalb einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer für Ersterwerber von selbstgenutzten Wohnungen.
Ärgerlich ist heute die Besprechung der Sendung in der „Welt“. Dort heißt es: „Die FDP-Politikerin überlässt das Argumentieren an diesem Abend eher Schick, der zusehends von einer ruhigen und sich ihrer Argumente sehr sicheren Barley an die Wand diskutiert wird, sichtlich um Oberwasser ringend.“ Wie so oft bei der WELT eine Talkshow-Besprechung, die man eher in der taz oder der Frankfurter Rundschau erwartet hätte. Legt man die Besprechungen der beiden Springer-Zeitungen „Bild“ und „Welt“ nebeneinander, dann reibt man sich die Augen und fragt sich, ob beide wirklich die gleiche Sendung gesehen haben.
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