Immobilienmarktprognose: Deutschland wird nicht schrumpfen

Erschienen am 23. Oktober 2015

Deutschland wird schrumpfen. Diese Annahme war Basis bislang aller langfristigen Immobilienmarktprognosen. Seit Jahrzehnten wird regelmäßig verkündet, in zehn Jahren werde die Bevölkerung in Deutschland unter 80 Mio. sinken. Gestimmt hat das bislang nie.

Die große Unbekannte bei demografischen Prognosen ist die Zahl der Zuwanderer. In allen gängigen Prognosen liegt diese bei 100.000 bis (maximal) 200.000 im Jahr. Ich wiederhole noch einmal: Auf solchen Annahmen beruhen ALLE langfristigen Immobilienmarktprognosen.

Dies ist jedoch das mit Abstand unwahrscheinlichste Szenario. Ich habe in den vergangenen Wochen zahlreiche Diskussionen zu diesem Thema geführt. Entgegengehalten wurde mir:

  1. Es ist aus heutiger Sicht jetzt völlig unklar, wie sich die Einwanderungszahlen entwickeln werden.
  2. Es ist eine Binsenweisheit, dass Prognosen keine Punktlandungen sind.

Zu 1: Natürlich weiß kein Mensch, wie viele Einwanderer kommen. Aber kann man daraus folgern, dass man die alten Prognosen, die von 100.000 bis 200.000 pro Jahr ausgehen, weiter verwenden soll? Warum denn? Nur weil sie alt sind? Nur weil wir sicher heute keine andere Prognose wagen können? Eine ganz offensichtlich realitätsferne Annahme weiter zu verwenden, nur weil es sehr schwierig ist, andere plausible Annahmen zu treffen, ist abwegig. Damit die Annahmen, die bislang getroffen werden, stimmen, dürfte in den nächsten zehn Jahren überhaupt keine Zuwanderung mehr stattfinden, zumal die Netto-Zuwanderungen auch in den vergangenen Jahren mit teilweise über 400.000 Personen p.a. deutlich höher war.

Zu 2: Es geht nicht um „Punktlandungen“ oder geringe Abweichungen. Es geht darum, ob die Richtung der Prognose zutrifft. Und das genau ist meine These: Die ganze Richtung stimmt nicht. Deutschland wird in den nächsten Jahrzehnten nicht schrumpfen.

Ich halte es zwar für unwahrscheinlich, dass die Zuwanderung auf dem jetzigen Niveau anhält. Dann würde die deutsche Gesellschaft implodieren. Man kann schon jetzt beobachten, wie geradezu panisch die Asylgesetzgebung geändert wird und versucht wird, den Schaden wiedergutzumachen, den Angela Merkel mit ihren euphorischen Willkommenssignalen angerichtet hat. Die Vorstellung, dass künftig jedes Jahr 1 bis 1,5 Mio. Menschen nach Deutschland kommen, ist ebenso wenig realistisch wie jene, dass die Zahl wieder auf 100.000 bis 200.000 zurückgehen wird.

Denn es ist weder in Sicht, dass die den Flüchtlingsströmen zugrunde liegenden Probleme gelöst werden, noch kann erwartet werden, dass die Schlepperindustrie ihr hochlukratives neues Geschäftsfeld einfach aufgeben wird. Auch ist es wirklichkeitsfremd, dass die Mehrheit der europäischen Länder sich der Politik der deutschen „Willkommenskultur“ anschließen und dass Länder wie Großbritannien, Ungarn oder Polen bereitwillig Millionen Zuwanderer aufnehmen werden. Auch scheint es derzeit nicht so zu sein, dass die EU willens und in der Lage wäre, Europa zu einer „Festung“ mit gut gesicherten Außengrenzen zu machen.

Möglicherweise wird künftig der Zuzug von Familienangehörigen beschränkt. Aber es werden natürlich viele Familienangehörige kommen. Und diejenigen, die nach Deutschland kommen, werden mehr Kinder bekommen als die Deutschen, die bekanntlich die niedrigste Fertilitätsquote der Welt haben.

Alle, die sich mit Immobilienmarktprognosen beschäftigen, sind aufgerufen, neue Szenarien zu entwickeln. Und, ich wiederhole es noch einmal: Die Beibehaltung der bisherigen Szenarien allein aus dem Grund, weil es sehr schwer ist, neue zu entwickeln, ist fragwürdig.

Dann sollte man schon ehrlich sein und sämtliche Immobilienmarktprognosen für eine Zeit lang aussetzen. Aber wäre das wirklich eine Lösung? Wissen wir in einem halben Jahr mehr? Wissen wir in einem Jahr mehr? Jede langfristige Investitionsentscheidung beruht auf Prognosen – explizit oder implizit. Also brauchen wir, gerade in der Immobilienwirtschaft, in der Investments oft mit sehr langfristigem Horizont vorgenommen werden, dringend Prognosen.

Die besten Experten aus verschiedenen Instituten werden das Thema bei der BERLINER IMMOBILIENRUNDE am 10. Dezember diskutieren. Ich war selten so neugierig auf eine Veranstaltung wie auf diese.


BERLINER IMMOBILIENRUNDE
Neue Zuwanderung, Demografie und Immobilienmarktprognose.
Bitte fordern Sie noch heute das Programm an: info@immobilienrunde.de.

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.