Ingvar Kamprad und die Lehren

Erschienen am 1. November 2015

In diesen Tagen geht es durch alle Medien: Ikea-Gründer Ingvar Kamprad hat erstmals seit 1973 in seinem Heimatland Schweden Einkommensteuer bezahlt. Der 89-jährige gab seine Einkünfte im vergangenen Jahr mit 17,7 Mio. schwedischen Kronen an. Dafür musste er Steuern in Höhe von sechs Mio. Kronen entrichten. Kamprad ist einer der reichsten Europäer und das Familienvermögen wird auf bis zu 40 Mrd. Euro geschätzt.

Wie kam es eigentlich dazu, dass dem schwedischen Staat 42 Jahre lang Steuereinnahmen des Ikea-Gründers entgingen? Hier eine kurze Geschichte des Ikea-Gründers, wie ich sie in meinem Buch „Setze dir größere Ziele!“ ausführlicher beschrieben habe:

Ingvar Feodor Kamprad wurde 1926 in Schweden als Sohn einer deutschstämmigen Bauernfamilie geboren. Bereits 1943 gründete er im Alter von 17 Jahren das Unternehmen IKEA. Geld zu verdienen spielte in seinem Leben schon früh eine Rolle. Ging er als Kind angeln, dann nicht um des Vergnügens willen, sondern weil er den Fang zu Geld machen konnte. „Verkaufen wurde zu einer Art fixen Idee“, erinnerte er sich später. Mit elf Jahren ließ er sich von einer Samenhandlung beliefern und verkaufte die Tütchen an die Kleinbauern der Umgebung. „Das war mein erstes richtiges Geschäft, damit verdiente ich tatsächlich Geld.“ Von dem Gewinn kaufte sich der Junge ein Fahrrad und eine Schreibmaschine. „Beide Anschaffungen“, schreibt Rüdiger Jungbluth in seinem Buch Die 11 Geheimnisse des IKEA-Erfolges, „waren im Grunde Investitionen, Hilfsmittel für weitere Geschäfte des Heranwachsenden.“

Kamprad hatte eine ausgeprägte Lese- und Schreibschwäche (Dyslexie), die für andere Menschen sicherlich ein guter Vorwand gewesen wäre, ihre Erfolglosigkeit zu erklären. Kamprad verlegte sich jedoch auf das, was er gut konnte, nämlich auf den Handel. Als Schüler handelte er mit allem und jedem. Unter seinem Bett im Internat hatte er einen großen Karton, in dem sich Gürtel, Brieftaschen, Uhren und Stifte befanden. Die Geschäfte liefen so gut, dass er am Ende seiner Realschulzeit den Entschluss fasste, ein Unternehmen zu gründen. Das Unternehmen nannte er IKEA – die Abkürzung steht für die Initialen seines Namens I.K., den Anfangsbuchstaben des Namens des elterlichen Bauernhofes Elmtaryd und den Anfangsbuchstaben seines Heimatdorfes Agunnaryd in der Gemeinde Ljungby, wo er aufwuchs.

Der Rest ist Geschichte: Jeder kennt die einzigartige Erfolgsgeschichte des schwedischen Möbelherstellers, und viele werden – so wie ich – ihre erste Wohnung mit IKEA-Regalen eingerichtet haben.

Als der Aufstieg des Unternehmens begann, herrschte in Schweden eine besondere Spielart des Sozialismus, welche die freien Kräfte des Marktes und Unternehmer wie ihn fast erdrückte. Der Spitzensteuersatz lag bei 85 Prozent. Zudem musste Kamprad eine hohe Vermögensteuer aus seinem Privatvermögen bestreiten. Manchmal erdrückte ihn fast die hohe Steuerlast. Kamprad wollte eines der kleineren Unternehmen, die sich in seinem Privatbesitz befanden, mit Gewinn an IKEA verkaufen, um damit die Schulden, die er als Privatperson bei IKEA hatte, zu tilgen. So handelten damals viele schwedische Unternehmer, um die erdrückende Vermögensteuerbelastung zu reduzieren.

Aber als Kamprad daranging, diese Transaktion vorzubereiten, änderte Schweden die Steuergesetzgebung – und zwar rückwirkend. Er blieb auf seinen hohen Kosten sitzen und ärgerte sich darüber, dass in seinem Land Unternehmer so schlecht und unfair behandelt wurden. Wie dumm es vom schwedischen Staat war, erfolgreiche Unternehmer so zu drangsalieren, sieht man an Kamprads Beispiel, der 1974 den Entschluss fasste, nach Dänemark auszuwandern und später dann in die Schweiz, wo er dann viele Jahrzehnte lebte.

Die weltbekannte schwedische Schriftstellerin Astrid Lindgren protestierte damals gegen die exorbitanten Steuern, indem sie ein „Steuermärchen“ in einer schwedischen Tageszeitung veröffentlichte. Sie rechnete darin vor, dass ihre Steuerlast bei über 100 Prozent (!) lag. Der schwedische Finanzminister beschwerte sich öffentlich und meinte, die bekannte Schriftstellerin hätte ihre Steuer falsch berechnet. Er musste allerdings kurz darauf feststellen, dass er es war, der den Überblick verloren hatte, da die Steuer im Ergebnis noch höher war als die 102 Prozent, die die weltbekannte Kinderbuchautorin beklagt hatte. Ihr „Steuermärchen“ trug entscheidend dazu bei, dass die Schweden die schlimmsten Auswüchse dieser Spielart des Sozialismus in den folgenden Jahren beseitigten.

Doch da war es bereits zu spät. Denn was macht ein Reicher, wenn er mit 102 Prozent oder mehr besteuert wird? Ihm bleiben letztlich nur drei Alternativen: Der Gutmütige zahlt die Differenz aus seinem Vermögen, der Unehrliche hinterzieht die Steuern und der Entnervte wandert aus, so wie Kamprad. Eine Lehre für alle Sozialdemokraten, Linken und Grünen, die immer wieder eine stärkere Besteuerung „der Reichen“ fordern.


24 Besprechungen, Interviews und Artikel zu Rainer Zitelmanns aktuellem Buch "Reich werden und bleiben": http://www.reichwerdenundbleiben.net/

Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.