Kaufen zu Höchstpreisen – höchst riskant

Erschienen am 19. Oktober 2015

Erinnern Sie sich noch? Einst war die IVG die mit Abstand größte und renommierteste deutsche Immobilien-Aktiengesellschaft. Dann wollte der damalige Vorstand Wolfhard Leichnitz Größe um jeden Preis. Auf dem Höchstpunkt des Immobilienbooms kaufte er im Jahr 2007 Immobilien (z.B. von der Allianz für 1,3 Mrd. Euro) zu historischen Höchstpreisen, weil er den größten deutschen REIT schaffen wollte. Der Ausgang ist bekannt – die IVG musste wenige Jahre später ins Insolvenzplanverfahren.

Zur gleichen Zeit kaufte damals James Lapushner von Morgan Stanley deutsche Büroimmobilien für Milliardenbeträge – ebenfalls zu Höchstpreisen. Wenige Jahre später verloren die Anleger dieses Fonds mehrere Milliarden Euro – es war der größte Verlust, den Anleger je mit einem institutionellen Immobilienfonds machten.

Ich kannte beide, Leichnitz und Lapushner. Beiden wurde ihr grenzenloser Optimismus zum Verhängnis. Vielleicht wurde der Optimismus auch durch falsche Anreizsysteme befeuert: Beide verdienten hervorragend an den Transaktionen, sei es direkt durch Boni auf Basis von Transaktionsvolumina oder indirekt durch den Kursanstieg der Aktie.

Diese Geschichten fielen mir ein, als ich von dem Übernahmeangebot der Vonovia hörte. Die Kaufpreise von Wohnungsportfolien in Deutschland sind auf einem historischen Höchststand. Der Kurs der Deutschen Wohnen hat sich beispielsweise in den vergangenen 5 Jahren von 8,85 auf 24,42 Euro fast verdreifacht. Tatsache ist: Für den Kursanstieg gibt es gute Gründe. Tatsache ist aber auch: Wir befinden uns auf dem absoluten Höchstpunkt für die Bewertung von Wohnimmobilien und von börsennotierten Wohnimmobilien AGs. Die Vonovia will nun, so rechnet das Bankhaus Lampe vor, rund 26 Euro für die Aktie bieten. Ich könnte mir gut vorstellen, dass man sogar bereit ist, noch etwas draufzulegen.

Für Investmentbanker sind solche Deals immer eine prima Sache. Sie verdienen kräftig, egal wie die Sache hinterher ausgeht. Für die Anleger kann die Sache auch ganz anders ausgehen, wie die Beispiele von IVG und Morgan Stanley zeigen.


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Über den Autor

Rainer Zitelmann ist einer der führenden Immobilienexperten und -netzwerker in Deutschland.