Die künftigen Koalitionäre haben beschlossen:
- Die „Mietpreisbremse“ bei Zweitvermietungen kommt, und die Mieten dürfen in Regionen mit angespannten Wohnungsmärkten dann nur noch maximal um 10% über die ortsübliche Vergleichsmiete angehoben werden.
- Die Kappungsgrenze im Bestand wird weiter reduziert, obwohl erst vor einem halben Jahr eine Reduktion beschlossen wurde (siehe unten).
- Die Umlagefähigkeit von Modernisierungskosten wird reduziert, und vor allem soll der Zuschlag künftig nur zeitlich begrenzt gefordert werden dürfen.
- Künftig soll die tatsächliche Wohnfläche für die Miete und Mieterhöhungen entscheidend sein, nicht die im Mietvertrag angegebene qm-Fläche.
- In Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf soll es eine Sonder-AfA geben.
- Im Maklerrecht wird das sogenannte „Bestellerprinzip“ realisiert.
Der Deutsche Mieterbund jubelt. In seiner Pressemitteilung heißt es: „CDU/CSU und SPD übernehmen Mieterbund-Forderungen. Großer Schritt in die richtige Richtung bei Koalitionsverhandlungen.“
Auch Peter Pronold, SPD-Linksaußen aus Bayern, jubelt auf seiner Website: „Pakt für bezahlbares Bauen und Wohnen!…Das sind ziemlich viele Punkte aus dem SPD-Programm“
Und Peter Ramsauer hatte vergangenen Dienstag die gleiche markige Stimme und den gleichen entschlossenen Gesichtsausdruck, als er vehement die soeben mit den Sozialdemokraten beschlossene Mietpreisbremse und andere unsinnige Regulierungen vor den Fernsehkameras verkündete wie beim ZIA-Immobilientag, als er vor tausend artig Beifall spendenden Immobilienprofis Eigentum und Markt in höchsten Tönen lobte.
Auch Andreas Mattner vom ZIA signalisiert Zustimmung: „Bauen ist besser als regulieren, dies haben die Verhandlungspartner glücklicherweise noch rechtzeitig erkannt…“, heißt es in der Pressemitteilung. Der ZIA so heißt es, „begrüßt in Teilen die heute vorgestellten Ergebnisse… Es bleibt für eine Gesamtbewertung noch abzuwarten, ob die vorgestellten Maßnahmen tatsächlich finanziert werden können und welche Maßnahmen aus den anderen Arbeitsgruppen kommen.“
Ich juble nicht. Aber ich bin auch keineswegs überrascht, weil ich nichts anderes erwartet hatte. Vor etwa einem halben Jahr, am 21. Mai 2013, hatte ich in den IMMOBILIEN NEWS geschrieben:
„Worauf sollten sich Immobilieneigentümer, Bauträger, Projektentwickler usw. für die Zeit nach der Wahl einstellen? Diese Frage gerät zunehmend in den Vordergrund. Zunächst hängt natürlich alles davon ab, wie die Wahl ausgeht.
Es gibt fünf Szenarien, die ich alle für möglich halte, die jedoch aus meiner Sicht eine sehr unterschiedliche Eintrittswahrscheinlichkeit haben….
Szenario 1: Große Koalition, höchste Wahrscheinlichkeit
In diesem Fall gäbe es wohl eine Deckelung der Mieten für die Zweitvermietung sowie eine weitere Reduzierung der Kappungsgrenze (15% in vier statt in drei Jahren)…. Gleichzeitig gäbe es eine erhöhte Abschreibung (4%) beim Neubau.“
Genau das haben vergangene Woche die künftigen Koalitionäre beschlossen. Warum ich das ein halbes Jahr vorher wusste? Nun, weil ich es gewohnt bin, dem – mir übrigens menschlich sehr sympathischen – Präsidenten des Deutschen Mieterbundes, Franz-Georg Rips, genau zuzuhören. Er hatte einige Wochen vorher, bei der BERLINER IMMOBILIENRUNDE am 23. April, genau erklärt, was sich der Mieterbund vorstellt. Und die sozialdemokratischen Parteien – SPD, Grüne, Linke, CDU und CSU – folgen in ihren politischen Vorstellungen fast uneingeschränkt den Vorstellungen des Mieterbundes. „Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe Verkehr, Bau und Infrastruktur sind ein großer Schritt in die richtige Richtung. CDU/CSU und SPD übernehmen Forderungen des Deutschen Mieterbundes für ein sozial gerechteres Mietrecht und setzen wichtige Signale für eine bessere Wohnungspolitik“, so erklärte denn nun auch Franz-Georg Rips gestern in der Pressemitteilung des Deutschen Mieterbundes.
Die zeitlichen Abstände, in denen die Kappungsgrenze weiter gesenkt wird, werden immer kürzer.
Erinnern wir uns:
- Bis Ende 1982 gab es in Deutschland keinerlei Kappungsgrenze, sondern die Mieten konnten weitgehend am Markt frei vereinbart werden.
- Mit Wirkung zum 1. Januar 1983 führte die von CDU/CSU und FDP geführte Regierung eine Kappungsgrenze ein, wonach die Mieten im Bestand maximal um 30% alle drei Jahre erhöht werden durfte. Diese Regelung hatte immerhin 19 Jahre Bestand.
- Die Regierung aus SPD und Grünen reduzierte dann die Kappungsgrenze von 30% auf 20% in drei Jahren. Diese Regelung galt ab dem 1. September 2001; sie hatte nur noch etwas mehr als 12 Jahre Bestand.
- CDU/CSU und FDP beschlossen mit Wirkung zum 1. Mai 2013, dass die Länder für Gemeinden mit Wohnraummangel die Kappungsgrenze auf 15 Prozent in drei Jahren reduzieren können.
- Bereits ein halbes Jahr später beschlossen CDU, CSU und SPD, diese Regelung weiter zu verschärfen, und zwar auf 15 Prozent in vier Jahren. Zugleich kündigten sie an, erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik auch die Vertragsfreiheit bei der Neuvermietung abzuschaffen und Mieterhöhungen in Ballungsräumen mit Wohnraummangel künftig auf nur noch 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete zu begrenzen.
Während man so kräftig mit dem einen Fuß auf die (Mietpreis)bremse tritt, tippt man mit dem anderen Fuß auf das Gaspedal und will wieder Steuervorteile für den Neubau einführen.
Die Details der Neuregelungen sind noch unklar. Jeder Projektentwickler wird nun, bevor er neue Projekte anbindet, erst einmal abwarten, wie eine künftige gesetzliche Regelung genau aussehen wird. Denn es ist ohnehin nicht ohne Risiko, auf dem derzeitigen Preisniveau Grundstücke anzubinden. Wenn man aber nicht weiß, wie hoch die nachhaltig erzielbare Miete künftig ist und auch nicht weiß, wann überhaupt eine gesetzliche Neuregelung kommt und wie diese konkret ausgestaltet sein wird, dann werden viele lieber erst einmal abwarten.
Versicherungen, die es vor der Wahl gab, man werde den Neubau nicht abwürgen, sondern die Regelungen sollten nur für den Bestand gelten, waren schon damals nichts anderes als Beruhigungsplacebos, denn Immobilieninvestoren denken langfristig und aus jedem Neubau wird ja nun einmal früher oder später ein Bestand.
Aus der Mietpreisbremse wird somit, schon bevor sie eingeführt wird, eine Baubremse. Leicht erhöhte Abschreibungssätze (also z.B. eine AfA von 4 Prozent) werden daran nichts ändern. Da ich andererseits nicht daran glaube, dass die Mietpreisbremse doch nicht kommt oder wieder abgeschafft wird, erwarte ich früher oder später massive Steuervorteile, die wieder zu gigantischen Fehlallokationen von Kapital führen werden.
Beim Stichwort „Sonder-AfA“ fällt mir die Geschichte des Fördergebietsgesetzes in den 90er Jahren ein, als mit erhöhten Abschreibungen der Wohnungsbau dort angekurbelt wurde. Das Programm funktionierte so toll, dass in der Folge der Leerstand in Ostdeutschland auf 14 Prozent anstieg. Und in den Jahren 2002 bis 2012 wurden dann laut dem Bund-Länder-Bericht zum Programm „Stadtumbau Ost“ wieder 300.000 Wohnungen in den neuen Ländern „rückgebaut“. Der Abriss kostete die Steuerzahler laut offiziellen Angaben 2,7 Milliarden Euro, nachdem schon zuvor die Sonder-AfA viele Milliarden gekostet hatte.
Hinter all diesen Regulierungen, Restriktionen, Subventionen, Steuervorteilen steht der Irrglaube der Sozialisten in allen Parteien, dass nämlich der Staat besser als der Markt dazu in der Lage sei, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. „Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf“, wusste schon Erich Honecker.